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Grundlagen der Kommunikation
1.3. Wahrnehmung und Gestaltung der kommunikativen Situation
Der amerikanische Psychologe Gordon Allport hat bereits im Jahre 1935 postuliert, dass mensch-
liches Verhalten nicht so sehr von
objektiven
Stimulusbedingungen beeinflusst wird, sondern
von der Art undWeise, wie die Person eine Situation
subjektiv
wahrnimmt und sie interpretiert.
Diese Interpretation einer Situation – wie jene einer zwischenmenschlichen Kommunikation
zwischen Arzt und Patient – beruht auf den Stimulusgegebenheiten und den Vorerfahrungen,
den Zielen und Absichten, die wir in die Situation hineintragen. Die Wahrnehmung einer Situa-
tion ist das Ergebnis eines Konstruktionsprozesses: Als Beobachter einer Situation schließen wir
aus scheinbar getrennten und begrenzten externen Informationen auf Zusammenhänge, die auf-
grund unserer vorhandenen Informationen nicht notwendigerweise begründbar sind.
Konstruktion von Wirklichkeit
Menschen bilden Hypothesen über die Bedingungen von vergangenen und aktuellen Situationen
und treffen Vorhersagen über zukünftige Ereignisse. Menschen konstruieren sich also vor dem
Hintergrund bereits gemachter Erfahrungen ihre eigene, für ihr Handeln praktikable emotionale
und kognitiv ausgestaltete Wirklichkeit. Diese individuellen Wirklichkeitskonstruktionen – be-
stehend aus Motiven, Handlungsgründen, Einstellungen, Vorstellungen über gesellschaftliche
Werte und Normen – bilden den individuellen Hintergrund für die Kommunikation. Beim un-
mittelbaren Zusammentreffen mit anderen Menschen probiert der Einzelne seine Wirklichkeits-
konstruktionen aus, prüft, ob sie passen, und konstruiert sie möglicherweise neu. Zudem treffen
Menschen aus jeweils verschiedenen kulturellen Kontexten mit unterschiedlichen Auffassungen
(Bedeutungen) über den Ablauf von Handlungen aufeinander.
Einstellungen als Entscheidungselemente
Einstellungen haben eine zentrale Funktion bei der Organisation kognitiver Prozesse. Sie bezie-
hen sich auf Personen, auf Objekte, Situationen sowie auf Sachverhalte. Sie enthalten positive
oder negative Bewertungen und sie sind relativ überdauernd und verhaltenswirksam. Menschen
treffen ständig auf andere Menschen, Objekte und Situationen, die sie wahrnehmen und in den
bereits vorhandenen Wissensbestand einordnen.
Unlustvermeidung
In diesem Zusammenhang ist der Begriff der kognitiven Dissonanz wichtig. Damit wird ein
innerer Spannungszustand beziehungsweise ein Unlustgefühl bezeichnet, das entsteht, wenn
die Gesprächsteilnehmer mit widersprüchlichen Informationen im Kommunikationsprozess
konfrontiert werden. Gemäß Festingers Theorie besteht im Individuum eine starke Tendenz,
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