LORENZ:
Diese ganzen Verletzungen, die
es heute gibt, kannten wir früher gar nicht.
Manche kann man ja nicht mal aussprechen
(lacht)
. Und zur Motivation reichte uns ein
Blick ins volle Stadion. Da sind wir rausge-
gangen auf den Platz und haben uns jedes
Mal riesig gefreut.
PETERSEN:
Das Kribbeln geht schon bei der
Busfahrt vom Hotel zum Stadion los…
LORENZ:
Ja, das ist doch herrlich. Diese
Freude und Begeisterung muss man auch auf
dem Platz sehen.
Max, bis auf eine kurze Zeit bei Eintracht Braun-
schweig von 1969 bis 1972 warst du Werder
stets treu…
LORENZ:
Werder
ist immer mein Ver-
ein geblieben. Ich
fiebere auch heute
noch mit. Viele den-
ken, dass ich auch
Ehrenspielf ührer
bin. Aber das war
nicht möglich, weil
ich meine Karriere
in Braunschweig
beendet habe. Übrigens eine tolle Zeit in ei-
ner starken Mannschaft. Leider wurde ich
dann vom DFB für einige Zeit sozusagen ‚frei-
gestellt‘
(Lorenz wurde im Rahmen des Bun-
desliga-Skandals Anfang der 70er Jahre mit
einer 15 Monate langen Sperre belegt, Anm.
d. Red.)
. Zwar wurde ich begnadigt und habe
vier Wochen lang wieder trainiert, bin aber
durch mein fortgeschrittenes Alter nach der
längeren Pause nicht mehr richtig reingekom-
men. Meine Zeit war vorbei.
Nils, welche Bedeutung hat für dich Verein-
streue?
PETERSEN:
Als ich jung war, habe ich mir
vorgenommen, immer lange treu zu bleiben.
Jetzt habe ich doch schon öfter den Verein
gewechselt, von Jena nach Cottbus, dann
nach München und nun Bremen. Ich habe
in der zweiten Liga oben mitgespielt, war
dann bei einem ganz großen Club, habe aber
kaum gespielt. Jetzt bin ich bei einem star-
ken Verein, bei dem ich eine gute Rolle spie-
len und ein noch besserer Fußballer werden
kann. Deshalb habe ich bei Werder langfris-
tig unterschrieben. Schließlich träumt man
als Spieler davon, lange Zeit bei einem Verein
zu bleiben und erfolgreich zu sein.
LORENZ:
Das finde ich klasse, Nils. Das ist
die richtige Einstellung, die richtige Iden-
tifikation mit dem Verein. Du willst, dass
Werder in der Liga bleibt und wieder nach
oben kommt. Dabei musst du deine Jungs
mitziehen. Es muss immer einen Stamm an
Spielern geben, die sagen: Hier sind wir zu
Hause, für diesen Verein wollen wir alles ge-
ben. Mit Spielern wie Nils können wir opti-
mistisch in die Zukunft blicken.
PETERSEN:
Niemand von uns möchte einen
Abstieg in seiner Vita stehen haben. Wir ha-
ben eine intelligente Mannschaft, und jeder
ist sich der derzeitigen Situation bewusst.
LORENZ:
Ich bin überzeugt, dass ihr es
schafft!
Eine wichtige Rolle in
schwierigen Zeiten spie-
len auch die Fans – gera-
de beim Nordderby…
PETERSEN:
Wir wis-
sen, welche Bedeutung
dieses Spiel für die
Anhänger der beiden
Mannscha f ten hat.
Wir brauchen diese
Begeisterung, sie trägt
einen großen Teil zum Erfolg des Fußballs
bei. Aber bei aller Rivalität bin ich sicher,
dass sich Werder- und HSV-Anhänger freuen
würden, wenn beide Clubs in der ersten Liga
bleiben und es dieses Nordderby weiterhin
gibt. Und wichtig ist, dass es auch dieses Mal
friedlich bleibt. Bei meinen ersten drei Nord-
derbys habe ich keine schlimmen Szenen er-
lebt. Ich hoffe, dass es so weitergeht.
Wie war die Fan-Unterstützung früher?
LORENZ:
Auch damals haben uns zum Bei-
spiel Fans nach Hamburg begleitet. Aller-
dings war alles sehr viel bescheidener, aber
nach meiner Erinnerung friedlich und har-
monisch. An dieser Stelle muss ich sagen,
dass wir tolle Fans haben, die insgesamt
fair zu unserer Mannschaft sind. Sie wissen,
dass sie die Spieler unterstützen müssen.
Und dass der eine oder andere mal lautstark
schimpft – das hat es immer schon gegeben.
Aber insgesamt ist die Begeisterung viel grö-
ßer als früher. Die ganzen Fahnen, Plakate,
Trikots, Schals – das gab es zu unserer Zeit
nicht. Heute kann man Werder-Fans in ih-
rem Grün und Weiß aus 1.000 Meter Entfer-
nung erkennen. Diese Identifikation ist toll.
PETERSEN:
Ich hoffe, dass wir mit der
Unterstützung unserer Fans den HSV im
Weser-Stadion besiegen können. Mir geht
es sehr nahe, Max, wie du mit uns fieberst.
Und ich verstehe jeden Fan, der seinen Un-
mut äußert. Andererseits ist es beeindru-
ckend, welche Atmosphäre hier herrscht
und dass wir weiter in Ruhe arbeiten kön-
nen. Wir versuchen uns optimal vorzuberei-
ten, um am Wochenende erfolgreich zu sein.
Und wir sind in der Schuld, positive Ergeb-
nisse zu liefern.
Ist der Zusammenhalt auch in schwierigen
Zeiten eine besondere Stärke des Bundesliga-
Standorts Bremen?
s
Auf den Spuren großer Erfolge
Im WUSEUM trafen sich Max
Lorenz und Nils Petersen nicht
nur fürs Interview. Sie nahmen
sich auch Zeit, um die beeindru-
ckenden Exponate zu begutach-
ten und in die Historie des SV
Werder einzutauchen.
30 WERDER MAGAZIN 318
INTERVIEW
„Mit Spielern
wie Nils können
wir optimistisch
in die Zukunft
blicken“