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VORSORGE
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Spezial 3 / 2013
KURS
der Schweiz schon amMarkt), bei denen der Kunde dieselbe
garantierte Leistung am Laufzeitende erhält wie bisher. Die
Art der Garantie ist hierbei aber verstärkt endfällig, was zu
einer signifikanten Reduktion des Risikos aus Versicherer-
sicht führt: Die bei Vertragsabschluss garantierteAblaufleis-
tung ist unverändert zu heutigen klassischen Produkten. Im
Gegensatz zu heute üblichen klassischen Produkten entfällt
jedoch die Anforderung, dass dem Vertrag jedes Jahr unter
allen Umständen ein Garantiezins gutgeschrieben werden
muss. Sofern der Kunde hierfür in guten Jahren mit einer
etwas höheren Überschussbeteiligung vergütet wird, ist das
Produkt für alle Beteiligten vorteilhaft.
Dynamische Hybridprodukte
Natürlich sind neben neuartigen klassischen Produkten
auch weiterhin fondsgebundene Garantiekonzepte inte-
ressant. Eine Produktkategorie, die in Deutschland in
den letzten Jahren sehr erfolgreich war, sind so genannte
dynamische Hybridprodukte. Sie werden inzwischen von
mehr als 20 Versicherern angeboten. Auch hier gibt es
Möglichkeiten, durch geeignetes Produktdesign die im der-
zeitigen Kapitalmarktniveau durchaus relevanten Risiken
für denAnbieter zu reduzieren bzw. zu eliminieren ohne die
Attraktivität des Produkts für den Kunden zu reduzieren.
Wir erwarten daher, dass dynamische Hybridprodukte wei-
terhin eine wichtige Rolle im Produktportfolio deutscher
Versicherer spielen werden.
Als weitere innovative Produktkategorie haben sich in
jüngster Vergangenheit so genannte Select-Produkte eta-
bliert. Bei diesen Produkten hat der Kunde jedes Jahr
das Wahlrecht zwischen einer Beteiligung an einem Ak-
tienindex und der Beteiligung an der klassischen Über-
schussbeteiligung des Versicherers. Grundbaustein dieser
Produkte sind klassische Produkte, im Idealfall nach der
oben vorgestellten neuen Bauart. Select-Produkte können
somit als interessante Variante einer modernen klassischen
Versicherung angesehen werden.
In einer alternden Gesellschaft wird es immer mehr Rentner
geben. Die Produktinnovationen der letzten Jahre konzen-
trierten sich jedoch größtenteils auf die Ansparphase. Da
Kunden unterschiedlich sind, ist aber auch für die Renten-
bezugsphase eine größere Produktvielfalt wünschenswert.
Wir erwarten daher Innovationen in der Rentenbezugs-
phase in drei Bereichen:
Erstens gehen wir davon aus, dass es künftig eine größere
Vielfalt an fondsgebundenen Garantieprodukten in der
Rentenbezugsphase geben wird. Renten, die mit schwan-
kendem Fondskurs beliebig schwanken, sind sicher nur
für sehr wenige Kunden interessant. Garantiekonzepte,
die sich zwischen „hohe garantierte Rente mit geringer
Chance auf Rentensteigerung“ und „niedrige garantierte
Rente mit hoher Chance auf Rentensteigerung“ ansiedeln,
wären aber sicher für viele Kunden sinnvoll.
Zweitens erwarten wir, dass verstärkt Renten mit der Mög-
lichkeit einer Gesundheitsprüfung bei Rentenbeginn ange-
boten werden. Wenn der Kunde bei Rentenbeginn nicht
mehr ganz gesund ist, wird die Rente entsprechend erhöht.
Dies wäre eine Lösung für das Dilemma, dass Kunden, die
bei Rentenbeginn nicht mehr gesund sind, derzeit nur die
Wahl haben, entweder eine Rente mit für sie schlechtem
Preis-Leistungs-Verhältnis zu erhalten, oder das Kapital aus-
zahlen zu lassen und die Absicherung eines Langlebigkeits-
risikos (und die Steuervorteile der Verrentung) zu verlieren.
Flexibilität nach dem Rentenbeginn
Drittens erwarten wir Produkte mit einer höheren Flexibi-
lität nach Rentenbeginn. Viele Menschen sind bisher nicht
bereit, am Ende des Arbeitslebens einen signifikanten Teil
ihres Vermögens in eine lebenslange Rente umzuwandeln
und so das Risiko abzusichern, länger zu leben als das Geld
reicht. Ein Grund für diese mangelnde Bereitschaft ist, dass
die Menschen nicht die Kontrolle über und die jederzeitige
Zugriffsmöglichkeit auf das Kapital aufgeben wollen. Es ist
jedoch möglich, flexible Renten zu entwickeln, die dieses
Problem lösen. Bei solchen Produkten ist das Guthaben des
Kunden auch nach Rentenbeginn individuell dem einzelnen
Kunden zugeordnet.Aus seinemeigenenGuthaben bekommt
der Kunde jeden Monat eine Rente bezahlt. Er kann auch
nach Rentenbeginn jederzeit über sein Geld verfügen (Kün-
digung/Teilkündigung). Wenn der Kunde jedoch länger lebt
als sein Geld reicht, zahlt der Versicherer die Rente weiter bis
zumTod. Für dieseGarantie gibt es eine transparenteGebühr.
Im Rahmen von Variable Annuities amerikanischer Prägung
sind solche Produkte bereits am Markt. Es ist aber möglich,
diese Eigenschaften auch in hierzulande übliche klassische
oder fondsgebundene Renten zu integrieren. Die jederzeitige
Verfügbarkeit des Geldes auch nach Rentenbeginn könnte
vielen Menschen den Schritt einfacher machen, sich gegen
das Risiko abzusichern, länger zu leben als das Geld reicht.
Es ist also auch imaktuellen Umfeldmöglich, interessanteAl-
tersvorsorgekonzepte anzubieten. Insbesondere im Segment
der Rentenbezugsphasen erwarten wir weitere Innovationen.
Professor Dr. Jochen Ruß,
Geschäftsführer des Instituts für Finanz- und
Aktuarwissenschaften
(IFA), Ulm.
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