

Tabelle 1: Hinweise auf Organisationsfehler
Zeitraum 2008–2012
Zeitraum 2003–2007
n
Anteil in % v. n n
Anteil in % v. n
Gesamtzahl der abgeschlossenen Verfahren
7.109
100,0
6.961
100,0
Verfahren mit vorwerfbaren Behandlungsfehlern
2.205
100,0
2.234
100,00
mit Hinweis auf Organisationsfehler
297
13,47
239
10,70
davon*
Voll beherrschbares Risiko
116
5,26
88
3,94
Missachten maßgeblicher Befunde
47
2,13
32
1,43
Überwachungsmangel
41
1,86
24
1,07
Keine Inaugenscheinnahme des Patienten
37
1,68
38
1,70
Unterlassung indizierter Maßnahmen
34
1,54
15
0,67
Arbeitsteilung und Kommunikation
18
0,82
35
1,57
Übernahmeverschulden
4
0,18
6
0,27
Unzulässige Delegation ärztlicher Leistungen
/
/
1
0,04
Fehlende Sicherungsaufklärung
172
7,80
103
4,61
*
Benennung eines Fehlers pro Verfahren
Fehlerhafte Organisation ärztlicher Tätigkeit
Die unkritische Übernahme einer falschen Diagnose kann zu einem
Behandlungsfehlervorwurf führen
204
Gutachtliche Entscheidungen
Bereits im August 2008 hatte die Gutachterkommission
Nordrhein anlässlich einer Fortbildungsveranstaltung aus-
führlich über Organisationsfehler in Klinik und Praxis be-
richtet
(Rheinisches Ärzteblatt, August 2008)
. Am 19. Februar
2014 soll in Düsseldorf eine Folgeveranstaltung zu demsel-
ben Thema stattfinden; die zugrundeliegenden Begutach-
tungen sind in
der
T
abelle 1 unten und der
T
abelle 2 auf
Seite 205
den damaligen Ergebnissen gegenübergestellt.
Demnach haben organisationsbedingte Fehler leicht von
10,8 Prozent der festgestellten Behandlungsfehler (n=239)
auf 13,5 Prozent (n=297) in den Abschlussjahren 2008 bis
2012 zugenommen. Am häufigsten fanden sich Fehler, die
dem sogenannten voll beherrschbaren Risikobereich des
Arztes zuzuordnen sind (5,3 Prozent, n=116). Hierunter fal-
len beispielsweise Lagerungsfehler (n=27), Fehlverordnun-
gen (n=20), beispielsweise bei bekannter Unverträglichkeit,
Verbrennungsläsionen (n=19), materialbedingte Schäden
(n=15), zurückgelassene Fremdkörper (n=15), beispielsweise
Kompressen, Hygienefehler (n=9), versäumte Sturzprophy-
laxe (n=5), Verwechslungen (n=4) und andere (n=2). In die-
sen Fällen obliegt es demArzt,die gegen ihn sprechendeVer-
schuldensvermutung zu widerlegen, was häufig nicht ge-
lingt.
Weitere häufigere Organisationsfehler waren das Missach-
ten maßgeblicher Befunde (2,1 Prozent), Überwachungs-
mängel (1,9 Prozent) und fehlende Inaugenscheinnahme
des Patienten (n=1,7 Prozent).
An einer Sicherungsaufklärung fehlte es etwas häufiger als
zuvor berichtet (7,8 Prozent, n=172). Darunter waren drei
Verfahren, in denen ein maßgeblicher pathologischer Be-
fund zu den Akten gelegt wurde, ohne den Patienten hier-
über zu informieren.
Deutlicher als bei den Krankenhausärzten (plus 1,5 Prozent-
punkte auf 14,9 Prozent) haben Organisationsfehler bei den
Praxisärzten (plus 2,9 Prozentpunkte auf 10,3 Prozent) zu-
genommen
(
T
abelle 2, Seite 205)
.
Im nachfolgend geschilderten Fall waren gleich mehrere
Fehler bei der Organisation und Arbeitsteilung eines zur
Operation ins Krankenhaus eingewiesenen Patienten fest-
zustellen.
Sachverhalt
Bei seit November bestehenden zunehmenden Beschwer-
den im Bereich des linken Kniegelenks, vor allem in stehen-
der Körperhaltung, veranlasste der Hausarzt eine MRT-
Untersuchung des linken Kniegelenks, die am 3. Februar des
Folgejahres in der Praxis des belasteten Radiologen durch-
geführt und von ihm folgendermaßen befundet wurde:
„Dorsale solide, jedoch größtenteils nicht durchblutete glatt
begrenzte Raumforderung in der Kniekehle, bei der es sich
wahrscheinlich um ein dorsales mehrfach eingeblute-
tes Ganglion handelt. Zusätzlich ist eine schmale Baker-
Cyste nachweisbar.“ Klinisch stellte er einen leichten Knie-
gelenkserguss fest.
Mit diesem Befundbericht und den MRT-Bildern stellte sich
der Patient am 2. März in der weiter belasteten orthopädi-
schen Klinik vor. Laut Ambulanzbericht war „in der Knie-
kehle eine ca. 10 x 5 cm große Raumforderung tastbar; die
periphere Durchblutung und Sensomotorik sind intakt“.
Unter Bezugnahme auf den MRT-Befund stellte ein As-
sistenzarzt die Indikation zur operativen Entfernung des
dorsalen Ganglions und der Bakerzyste und klärte den
Patienten entsprechend auf. Weitere Aufklärungen (Ortho-
pädie/Anästhesie) erfolgten ambulant am 2. Mai ebenfalls