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gegeben worden. Sie vermutete, dass die letzte Injektionen

nicht unter korrekten hygienischen Bedingungen stattge-

funden habe, jedenfalls nicht so,wie die bei einem vergleich-

baren Eingriff in einer anderen Klinik. Die Patientin bestritt

eine – vom belasteten Arzt in seiner Stellungnahme angege-

bene – mehrmalige Hautdesinfektion. Alle Leberwerte seien

bis heute im Normbereich und sie habe in den vergangenen

Jahren unterschiedliche Schmerzmittel ohne Nebenwirkun-

gen eingenommen. Angesichts der Alternative mit wirk-

sameren Präparaten sei die wiederholte Behandlung mit

wenig schmerzlinderndem Präparat ihrer Auffassung nach

nicht indiziert gewesen.

Beurteilung

Bei Traumeel

®

handelt es sich um ein homöopathisches Prä-

parat in Form verschiedener Pflanzenextrakte in höheren

Verdünnungsstufen. Für dieses Präparat sind keine spezifi-

schen pharmakologischen Wirkungen nachgewiesen. Es

wird vorwiegend bei Weichteilschwellungen eingesetzt und

– nach der Roten Liste – „bei akuten Beschwerden täglich,

sonst ein- bis dreimal wöchentlich 1 bis 2 Ampullen intra-

muskulär, subkutan (eventuell als Quaddelung), intravenös

bzw. p.-art.“

Hiervon ausgehend stellte die Gutachterkommission Be-

handlungsfehler in Hinblick auf die Indikation und die Hy-

gienemaßnahmen fest, ferner einVersäumnis bei der Risiko-

aufklärung:

1. Eine Langzeittherapie mit einem homöopathischen Prä-

parat ohne spezifische pharmakologischeWirkungen bei ei-

nem chronischen Schmerzsyndrom erfordere eine differen-

zierte Begründung, die vorliegend nicht ersichtlich sei.

2. Eine vorangegangene Leberteilresektion bei laborche-

misch nachgewiesener normaler Leberfunktion stelle keine

nachvollziehbare Begründung für die Anwendung des ho-

möopathischen Präparates anstelle von nachgewiesenerma-

ßen schmerzlindernden Medikamenten dar. Eine Rechtfer-

tigung für die Wahl des Präparates Traumeel

®

ergebe sich

auch nicht aus der vomArzt immerwieder hervorgehobenen

Nebenwirkungsarmut. Der Behauptung, die Patientin habe

ausdrücklich eine homöopathische Behandlung gewünscht,

sei entgegenzuhalten, dass sie zwischenzeitlich andernorts

mit Analgetika behandelt worden sei.

3. Die paravertebralen Injektionen seien unter hygienischen

Minimalkautelen erfolgt, wie sie für subkutane und intra-

muskuläre Injektionen ausreichend seien.Dies treffe jedoch

nicht für die letzte Injektion an einen tiefliegenden

Schmerzpunkt zu. Damit sei eine Punktion in der Nähe des

Liquorraumes beabsichtigt gewesen, auch wenn unterstellt

werden dürfe, dass die Punktion des Liquorraumes selbst

unbeabsichtigt gewesen sei.

4. Für eine Punktion in Nähe des Liquorraumes seien die

einfachen Hygienemaßnahmen, wie sie hier zur Anwen-

dung kamen, nicht ausreichend. Sie erfordere ein vollstän-

dig steriles Arbeiten. Unglücklicherweise habe sich das mit

der unzureichenden Sterilität verbundene Risiko im vorlie-

genden Falle realisiert, denn es sei zum Eintritt von Hautkei-

men in den Liquorraum und damit zur Entstehung einer

Meningitis gekommen.

5. Für einen solchen Eingriff mit erhöhtem Risiko lagen we-

der eine Risikoaufklärung noch eine Einwilligung vor. Es

frage sich auch, ob angesichts des Missverhältnisses zwi-

schen dem zu erwartendem therapeutischen Effekt und dem

methodenimmanenten Risiko ein solcher Eingriff selbst bei

sachgerechter Risikoaufklärung zu rechtfertigen gewesen

wäre.Aus den Unterlagen gehe nicht hervor, dass die Patien-

tin ausdrücklich über den in Relation zu den Risiken gerin-

gen Nutzen der Traumeel

®

-Injektionen als einer außerhalb

der wissenschaftlichen Medizin angesiedelten Therapie auf-

geklärt worden sei. Im Übrigen sei die Rüge der unzurei-

chenden Risikoaufklärung auch deshalb berechtigt,weil die

Patientin vor der Injektion an einen tiefliegenden Schmerz-

punkt in der Nähe des Liquorraumes nicht auf das damit

verbundene erhöhte Risiko hingewiesen worden sei.

Als auf der nichtindizierten und mangels Einwilligung

rechtswidrigen Behandlung beruhender Gesundheitsscha-

den wurde festgestellt, dass durch die Punktion des Liquor-

raumes Hautkeime eingeschleppt wurden mit der weiteren

Folge der Entstehung einer Meningitis.

Johannes Köbberling, Ulrich Smentkowski und Beate Weber

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Gutachtliche Entscheidungen

Indikation, Risikoabwägung und Hygiene bei der Injektion homöopathischer Substanzen