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Fehlerhafte Organisation ärztlicher Tätigkeit

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Gutachtliche Entscheidungen

Behandlungsfehlerhaft wurde der Patient weder in der

orthopädischen Ambulanz noch präoperativ vom Operateur

ausreichend klinisch untersucht, insbesondere erfolgte kei-

ne Kontrolle der Durchblutungssituation des Beins mit Er-

hebung des Pulsstatus. Auf welche Untersuchungsbefunde

sich die Aussage „die periphere Durchblutung und Senso-

motorik sind intakt“ bezieht, ist nicht aktenkundig ver-

merkt. Gutachtlich war davon auszugehen, dass das

Aneurysma bereits klinisch hätte erkannt werden können.

Die kernspintomographische Fehldiagnose wurde trotzVor-

lage derMRT-Bilder nicht bemerkt,unkritisch übernommen

und der Indikationsstellung für das operative Vorgehen zu-

grunde gelegt. Eine doppler-/duplexsonographische Unter-

suchung wurde nicht veranlasst, obwohl sie geboten gewe-

sen wäre. Auch erfolgte keine Vorstellung des Patienten mit

Befunddemonstration beim Chefarzt oder einem Oberarzt

zur Absicherung der OP-Indikation. Das präoperative Vor-

gehen entsprach damit nicht den Regeln einer verantwor-

tungsvollen Operationsvorbereitung und war als fehlerhaft

zu bewerten.

Weil bei der Organisation des Operationsablaufes vom Vor-

liegen eines Ganglions ausgegangen wurde, wurde der Ope-

rateur während der Operation von dem Popliteaaneurysma

überrascht, ohne adäquat hierauf vorbereitet gewesen zu

sein. Ihm war vorzuwerfen, sich trotz präoperativer In-

augenscheinnahme der Bilder auf den schriftlichen MRT-

Befund verlassen zu haben, obwohl es zum Facharztwissen

der chirurgischen Disziplinen gehört, ein großes Poplitea-

aneurysma auf einem MRT zu erkennen. Über eine prä-

operative Untersuchung gibt es keinen Beleg. Wäre sie er-

folgt, hätte der Operateur die vermeintliche Diagnose eines

„Ganglions“ in Frage stellen und den Eingriff absagen müs-

sen.

Auch intraoperativ gelang es ihm nicht, den klassischen Be-

fund eines Popliteaaneurysma (glatte, leicht zu präparieren-

de Wand, Entleerung von altem Blut und Thromben) zu er-

kennen, was zur Eröffnung desselben führte.

Da zu diesem Zeitpunkt kein anderer Operateur des Hauses

in der Lage war, die Situation zu beherrschen, verstrich

wertvolle Zeit durch die zwar gut organisierte, bei sorgfäl-

tiger Operationsplanung mit regelrechter Operationsindika-

tion zur Beseitigung des Popliteaaneurysma aber vermeid-

bare Verlegung des Patienten.

Das Außerachtlassen der Differenzialdiagnose einer vasku-

lären Krankheitsgenese sowie das Unterlassen der erforder-

lichen angiologischen Diagnostik wurde als schwerwiegender

Behandlungsfehler bewertet. Durch die Zeitverzögerung

mit langer Blutleere bis zur Gefäßrekonstruktion trat ein

Kompartmentsyndrom des Unterschenkels auf, das eine bi-

laterale Fasziotomie erforderlich machte und eine ischämi-

sche Peronaeusparese nach sich zog.

Bernd Luther, Klaus Balzer, Ulrich Mödder,

Ulrich Smentkowski und Beate Weber