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In den vergangenen fünf Kalenderjahrenwurde derVorwurf

einer verkannten Extrauteringravidität in neun von 701 die

Frauenheilkunde und Geburtshilfe betreffenden Verfahren

vorgebracht. In sechs Fällen war der der Gutachterkommis-

sion für ärztliche Behandlungsfehler der Ärztekammer

Nordrhein vorgetragene Vorwurf begründet. In vier dieser

Verfahren wurde die Möglichkeit einer Schwangerschaft als

Ursache der Beschwerden nicht in Erwägung gezogen und

zum Ausschluss kein Schwangerschaftstest und/oder eine

ß-HCG-Bestimmung durchgeführt (Befunderhebungsfeh-

ler). Bei einer Antragstellerin wurde der auffällige sonogra-

phische Befund einer vergrößerten Adnexe nicht weiter ab-

geklärt. In einem anderen Fall wurde das Sonographiebild

trotz mehrerer gleichartiger, schwangerschaftsuntypischer

Strukturen als intrauterine Schwangerschaft fehlinterpre-

tiert. In einem besonders gelagerten Fall blieb nach einer

Abortabrasio in der vermeintlich 6. Schwangerschaftswoche

bei Z. n. Embryonentransfer bei sekundärer Sterilität mit

fehlenden chorialen Anteilen die Möglichkeit einer ektopen

Gravidität außer Betracht. Das ß-HCG wurde nicht kontrol-

liert, auch nicht, als sich die Patientin vierWochen postope-

rativ mit einem akuten Abdomen wiedervorstellte. Ein wei-

terer Fall soll nachfolgend geschildert werden.

Sachverhalt

Die 45-jährige Antragstellerin bat wegen vaginaler Blutun-

gen und Unterbauchschmerzen am 28. Februar telefonisch

um einen Untersuchungstermin, der – nach ihren Angaben

auf Grund des Hinweises der Praxis auf die bevorstehenden

Karnevalstage – erst am 10.März beim belasteten Frauenarzt

möglichwar.Trotz Schilderung ihrer Beschwerden sei sie an

diesemTag nicht untersucht worden.Vielmehr habe derArzt

die Diagnose „Beginnende Wechseljahre“ gestellt und eine

hormonelle Behandlung mit Cyclo-Progynova

®

eingeleitet.

Sie habe, da keine Besserung eingetreten sei, am 17.März er-

neut telefonisch mit der Praxis Kontakt aufgenommen und,

da kein persönlicher Gesprächskontakt mit dem Arzt mög-

lich gewesen sei, von der Sprechstundenhilfe den Hinweis

erhalten, dass sie die tägliche Hormondosis verdoppeln sol-

le. Bei unveränderten Schmerzen und Blutungen sei ihr an-

lässlich eines weiteren Telefonates am 23. März mitgeteilt

worden, dass das Medikament zu Ende genommen werden

solle. Zwei Tage später (Freitag) sei sie um 09:00 Uhr trotz

Betonung ihres schlechten Allgemeinzustandes wegen der

anhaltenden Blutungen und Schmerzen telefonisch auf ei-

nen Rückruf des Arztes bis 13:00 Uhr vertröstet worden. Als

dieser Rückruf nicht erfolgte, habe sie die Praxis erneut um

15:30 Uhr angerufen. Die Sprechstundenhilfe habe erklärt,

der Arzt sei verhindert, als nächstmöglicher Untersuchungs-

termin komme nur der 29.März um 19:00 Uhr im Kranken-

haus bei der Notsprechstunde in Betracht. Am 28. März

sei sie morgens kollabiert und mit dem Notarztwagen ins

Krankenhaus eingeliefert und dort umgehend operiert wor-

den.

Der belastete Frauenarzt bestätigte in seiner Stellungnahme

im Wesentlichen die Darstellung der Patientin, die am

10. März in seiner Sprechstunde über Blutungen seit Peri-

odenbeginn am 21. Oktober und über ziehende Unterbauch-

schmerzen und Brustspannen geklagt habe. Eine vaginale

Untersuchung sei wegen einer notwendigen zytologischen

Kontrolle auf das blutungsfreie Intervall verschoben wor-

den.Auf eine vaginale Sonographie habe er verzichtet, da die

letzte, erst sechs Monate zurückgelegene Ultraschallunter-

suchung ein intramurales Myom als mögliche Erklärung für

die ziehenden Unterbauchschmerzen ergeben habe. Zudem

hätten sich in einem Gespräch private Umstände, wie zum

Beispiel Umzugsstress, als Ursache von Niedergeschlagen-

heit und Erschöpfung gezeigt, sodass er die Diagnose einer

„Belastungsreaktion im Rahmen einer klimakterischen Blu-

tungsstörung“ gestellt und zur Stillung der Dauerblutung

Cyclo-Progynova

®

verordnet habe.

Die von der Patientin angeführten telefonischen Praxiskon-

takte im März wurden nicht dokumentiert. Der belastete

Frauenarzt bestätigte diese jedoch im Wesentlichen durch

ein nachträglich gefertigtes Gedächtnisprotokoll. Am

17. März habe er wegen der anhaltenden Blutungen die wei-

tere Einnahme des Medikaments und am 23. März die Do-

sisverdopplung empfohlen. Am 25. März sei die Zusage des

Rückrufs wegen Verhinderung nicht eingehalten worden.

Weiterhin gibt er an, dass die von ihm seit 2002 betreute

Patientin sich wiederholt mit Unterbauchschmerzen, Zwi-

schenblutungen, Zyklusstörungen und Ängsten wegen

Brustspannens vorgestellt habe. Er habe deshalb wiederholt

Ultraschalluntersuchungen durchgeführt und 2009 eine

Mammographie veranlasst. Am 25. März seien zwar eine

Blutungspersistenz, aber „ausdrücklich“ keine Schmerzen

geäußert worden.

Nach den Eintragungen in der Praxiskarteikarte hatte die

Patientin bei der letzten, sechs Monate zurückliegenden Un-

tersuchung keine Unterbauchschmerzen angegeben.Nur im

Jahr 2002 wurde demnach über eine Dysmenorrhoe und

Mittelschmerz und 2008 über einen Mittelschmerz sowie

Druckschmerz an Portio und linkem Adnex geklagt. Blu-

tungsstörungen waren 2003 zweimal und 2006 einmal be-

klagt worden. Bei den Untersuchungen im Jahr 2003 und

den jeweils einmaligen Untersuchungen in den Jahren

2006, 2007 und 2008 waren Blutungen der Portiooberflä-

che bei Ektopie festgestellt worden.

Für den 10. März wurde dokumentiert: „Dauerblutung seit

21.02. (Umbaustress), wechselnd bräunlich-rot, UBS,

Schmerz li. UB, Brustspannen R Cyclo-Progynova wegen

Leber-OP nur kurzfristig. 28.03. EUG als Notfall, Arztwech-

sel n. OP.“

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Gutachtliche Entscheidungen

Verkennen einer Extrauteringravidität

Seltener Vorwurf wird in wiederkehrender Zahl in den Verfahren der

Gutachterkommission erhoben