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In den Jahren 2007 bis 2013 bestätigte die Gutachterkom-

mission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekam-

mer Nordrhein in 3.125 Fällen den Vorwurf eines Behand-

lungsfehlers. Bei der Hälfte dieser Behandlungsfehler waren

erforderliche Befunde behandlungsfehlerhaft nicht erhoben

worden

(siehe auch den Artikel „Verkennen eines Hämato-

thorax“ im Rheinischen Ärzteblatt 7/2013, Seiten 23–24)

.

Bezogen auf alle 10.166 Begutachtungen dieses Zeitraums

(

T

abelle 1)

fehlte es am häufigsten an der diagnostischen

Bildgebung (7,3 Prozent) sowie an klinischen (6,6 Prozent)

und Labor-Untersuchungen (2,6 Prozent). Dabei wurde in

14,3 Prozent aller Verfahren eine allgemeine, in 1,3 Prozent

eine präoperative, in 1,9 Prozent eine intraoperative, in

3,4 Prozent eine postoperative und in 0,05 Prozent eine

postinterventionelle Diagnostik unterlassen.

Befunderhebungsfehler im Sinne einer Unterlassung ele-

mentarer Untersuchungen wurden in 2,8 Prozent (n=280)

festgestellt. Dabei traten Befunderhebungsfehler in den ver-

gangenen Jahren zunehmend häufiger zu Tage

(

T

abelle 2)

;

seit 2010 stieg der Anteil der festgestellten Befunderhe-

bungsfehler sprunghaft auf zuletzt 5,2 Prozent der geführ-

ten Verfahren an. Mit Ausnahme des Jahres 2012 mit einer

überproportional hohen Anzahl grober Behandlungsfehler

wurden weniger als einem von 100 nordrheinischen Patien-

ten Beweiserleichterungen aufgrund eines Befunderhe-

bungsfehlers zugestanden.

Bei 53 der 84 Patienten wurde schon die unterlassene Be-

funderhebung selbst als schwerer Behandlungsfehler ge-

wertet. In den übrigen 31 Verfahren wurde eine Beweis-

lastumkehr zuerkannt, weil sich bei sachgerechter Befund-

erhebung ein reaktionspflichtiges Ergebnis gezeigt hätte,

bei dem die Verkennung des Befundes und/oder die Nicht-

reaktion auf diesen Befund ein schwerwiegender Fehler ge-

wesen wäre.

Aufgrund des Befunderhebungsfehlers mussten die in An-

spruch genommenen Ärzte für 16 leichte bis mittlere und

vier schwere temporäre Schäden haften, weiterhin für 40

leichte bis mittlere und sechs schwere Dauerschäden. In

zwölf Fällen war der Befunderhebungsfehler kausal für den

Tod des Patienten. In sechs Verfahren konnte trotz der Be-

weislastumkehr kein kausaler Gesundheitsschaden festge-

stellt werden.

I. Rechtliche Grundlagen

Diagnosefehler

Weil gesundheitliche Beschwerden vielfältige Ursachen ha-

ben können, die sich gerade zu Beginn einer Erkrankung in-

dividuell ausgeprägt zeigen oder untypisch hervortreten

können, wird dem Arzt nach der Rechtsprechung bei der

Diagnostik zugestanden, dass er unter bestimmten Voraus-

setzungen irren darf, ohne dass ihm der Diagnosefehler als

Behandlungsfehler vorzuwerfen ist

(vgl. Köbberling, Diagno-

seirrtum, Diagnosefehler, Befunderhebungsfehler, 2013, S. 44 ff.,

S. 48)

. In der Regel fehlt es am Verschulden des Arztes.

Gutachtliche Entscheidungen

213

Versäumte Befunderhebung: Folgen für die Beweislast

Neben der Anamneseerhebung obliegt Ärzten eine klinische Untersuchung des Patienten

Tabelle 2: Anteil der Befunderhebungsfehler mit Folgen

fu

̈

r die Beweislast an den abgeschlossenen Begutachtungen

der Jahre 2007 bis 2013

1.1.2007-31.12.2013 n

Befunderhebungsfehler

n

mit BE* (in% v. n)

(in % v. n)

davon bei

BF = „grob“

Begutachtungen

10.166 280 (2,8%) 84 (0,8%) 53 (0,5%)

2007

1.370 17 (1,2%)

8 (0,6%) 8 (0,6%)

2008

1.312

14 (1,1%)

5 (0,4%)

5 (0,4%)

2009

1.442 28 (1,9%)

11 (0,8%) 9 (0,6%)

2010

1.478 28 (1,9%)

11 (0,7%) 5 (0,3%)

2011

1.436 38 (2,6%)

12 (0,8%) 5 (0,3%)

2012

1.441

67 (4,6%) 21 (1,5%) 14 (1,0%)

2013

1.687 88 (5,2%) 16 (0,9%) 7 (0,4%)

*

BE= Beweiserleichterungen

Tabelle 1: Fehlende Befunderhebung in den unter Feststellung

eines Behandlungsfehlers abgeschlossenen Begutachtungen der

Gutachterkommission der Jahre 2007 bis 2013

Zeitraum 1.1.2007–31.12.2013 n Anteil in %

v. 10.166

Gesamtzahl der Begutachtungen

10.166

100,0

Unter Feststellung eines Behandlungsfehlers

abgeschlossene Verfahren

3.125

30,7

1. davon mit unterlassener Befunderhebung 1.585

15,6

2. Sogenannte „Befunderhebungsfehler“

280

2,8

mit Beweiserleichterungen (BE)

84

0,8

Fehlende Befunderhebung in allen Verfahren

im Einzelnen

in %

(Mehrfachnennung, max. 4 Fehler/Verfahren) 2.116

v. 10.166

Bildgebung

740

7,3

Untersuchung

666

6,6

Labor

261

2,6

Konsil

146

1,4

Biopsie

86

0,8

Anamnese

69

0,7

Spiegelung (Broncho-, Gastro-, Kolo-

und Zystoskopie)

47

0,5

Abstrich

37

0,4

Andere

64

0,6