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Bei der Aufnahme in der orthopädischen Abteilung um

21.40 Uhr fanden sich „Schmerzen im distalen Lenden-

wirbelsäulenbereich mit geringer Ausstrahlung in beide

Glutealregionen, kein Hartspann, starker Klopfschmerz

über der LWS, kein Klopfschmerz der Nierenlager“. Patho-

logische neurologische Befunde der unteren Extremität

lagen nicht vor.

Mittels Röntgen der Lendenwirbelsäule (LWS) in zwei Ebe-

nen wurden frische knöcherne Verletzungen ausgeschlos-

sen; es fanden sich ältere, Osteoporose bedingte Sinterungs-

frakturen im Bereich der LWS. Die Diagnose eines LWS-

Syndroms wurde gestellt und die Patientin stationär aufge-

nommen. Die Laborwerte um 23 Uhr zeigten Normalwerte

der Gerinnung, eine leichte Blutzuckererhöhung auf

116 mg/dl und einen im Normbereich liegenden CRP-Wert

von 0,4 mg/l.

Es erfolgte nach einer initialen Novalgin

®

-Infusion (2,5 g in

500 ml Ringer) eine orale Schmerztherapie mit Ibuprofen

®

400, 3x/die, sowie Diclofenac

®

supp. 100 mg zur Nacht und

einmalig am Folgetag um 15 Uhr. Weiterhin erfolgte eine

Thrombose-Prophylaxe subkutan mittels 0,5 Mono Embo-

lex

®

. In der Stellungnahme der Tochter wird über schwall-

artiges Erbrechen am 15. Februar berichtet sowie weiter-

hin über „Appetitlosigkeit und permanente Übelkeit im

Verlauf “.

Am dritten Tag wurden noch deutliche Beschwerden bei der

Mobilisation angegeben, woraufhin eine Schmerzmittelin-

filtration erfolgte. Die Laboruntersuchung an diesem Tag

ergab ein deutlich erhöhtes CRP von 31,0 mg/l und eine Er-

höhung der Leukozyten auf 16.000/µl.Der Kaliumwert war

leicht erniedrigt. Bei nachgewiesenem massiven Harnwegs-

infekt durch E. coli wurde die Patientin oral mit Cotrim for-

te

®

behandelt. Am 18. Februar wurde vermerkt, dass die Pa-

tientin zum ersten Mal in der Nacht habe schlafen können

und ein langes Gespräch mit der Tochter geführt wurde. Am

19. Februar wurden erneute Rückenschmerzen mit einer

Wärmepackung behandelt. Am 20. Februar (Rosenmontag)

wurde bei der Visite eine Besserung und am 21. Februar ei-

ne Schmerzfreiheit angegeben, sodass für den 22. Februar

die Entlassung geplant wurde.

Die Laborwerte zeigten jedoch am 20. Februar eine er-

heb-liche Erhöhung des CRP-Wertes auf 170,4 mg/l bei

gleichzeitigem Rückgang der Leukozyten auf 13.900/µl.

Der Kaliumwert war weiter auf 3,43 mMol/l (normal

3,8-5,4 mMol/l) abgefallen. Am 22. Februar wurde aufgrund

der Laborwerte (CRP 153,2 mg/l, Leukozyten 10.000/µl,)

von einer Entlassung abgesehen. Die Laborkontrolle am

23. Februar ergab einen neuerlichen Leukozytenanstieg

auf 20.500/µl und einen CRP-Wert von 192,1 mg/l. Darauf-

hin wurde ein Röntgen-Thorax a.p. sowie ein Röntgen des

Abdomens a.p. in Linksseitenlage „zum Ausschluss einer

Pneumonie und aufgrund abdomineller Beschwerde-

symptomatik“ (lt. ärztlicher Stellungnahme) veranlasst und

dabei freie Luft im Abdomen nachgewiesen. Die zuvor

durchgeführte abdominelle Untersuchung ergab laut der

Stellungnahme „keinen richtungsweisenden Befund, wei-

che Bauchdecke, das Abdomen etwas gebläht, normaler

Stuhlgang“.

Im CT zeigten sich ein Pneumoperitoneum bei freier Perfo-

ration eines Divertikels des mittleren Sigmas und geringe

Mengen freier Flüssigkeit im kleinen Becken: Kein sicherer

Abszess. Hinweis auf einen Subileus. Es erfolgt noch am

Abend eine Verlegung in die benachbarte Allgemeinchirur-

gie, Antragsgegner zu 2).

Klinisch fand sich dort um 20.30 Uhr ein deutlicher Druck-

schmerz im linken Unterbauch mit lokaler Abwehrspan-

nung, sodass die Indikation zur sofortigen Laparotomie ge-

stellt wurde. Intraoperativ zeigte sich nach der Adhäsiolyse

bei Z. n.Voroperation ein entzündlicher Tumor am Eingang

zum kleinen Becken, wobei sich bei der manuellen Aus-

lösung einer gedeckt perforierenden Divertikulitis schwall-

artig Eiter entleerte. Es erfolgte die Entnahme eines Eiterab-

striches (E. coli-Nachweis). Daraufhin erfolgten weitere

Maßnahmen: Absetzen des Colons im Bereiche des links-

eitigen Colon transversum bei auch in diesem Bereich vor-

gefundener gedeckter Perforation und entzündlicher Ver-

änderungen. Anlage einer Transversostomie und span-

nungsfreies Ausleiten des mobilisierten Quercolons. Patho-

logisch-anatomisch fand sich ein 33 cm langes, linksseitiges

Hemicolektomiepräparat mit hochgradiger, rezidivierter be-

ziehungsweise eitrig nekrotisierter Divertikulitis mit aus-

gedehnten Mesenterialabszessen mit fokaler Serosaperfora-

tion und mit konsekutiver lokaler Peritonitis, ohne Anhalts-

punkte für Malignität.

Der postoperative Verlauf war gekennzeichnet durch eine

Herzinsuffizienz mit Ödemen, Pleuraergüssen und Dyspnoe-

phasen, die sachgerecht behandelt wurden. Es wurden täg-

lich 25.000 I.E. Liquemin

®

verabreicht. Nach Verlegung auf

die Pflegestation am 26. Februar wurde die Thrombose-

Prophylaxe subkutan mit Clexane

®

0,4 täglich durchge-

führt. Die Entzündungsparameter waren unter der Antibio-

tikagabe rückläufig. Im Verlauf kam es abermals zu einer

Dyspnoe und es zeigte sich eine Schwellung des rechten Ar-

mes. Die Untersuchungen eines konsiliarisch zum Aus-

schluss einer eventuellen Armvenenthrombose beigezoge-

nen Gefäßchirurgen zeigten einem Thrombus im Bereich

der linken Vena femoralis und computertomographisch

Lungenembolien, sodass nach Erhöhung der Clexane

®

-

Dosierung auf 0,6 täglich am 9. März überlappend eine An-

tikoagulation mit Marcumar

®

eingeleitet wurde. Eine An-

ämie wurde durch zwei Erythrozytenkonzentrate ausge-

glichen. Am 20. März konnte die Entlassung in die Geria-

trische Rehabilitation erfolgen und am 5. September die

Darmpassage durch Transversorektostomie wiederherge-

stellt werden.

Bewertung

Bei der Patientin lag zunächst ein akut aufgetretenes Lum-

balsyndrom bei erheblicher Osteoporose vor. Die eingeleite-

te Diagnostik ergab in den Krankenakten keine Symptome

einer abdominalen Erkrankung, sondern eindeutige Hin-

weise auf eine Lumbago zunächst ungeklärter Ursache, aber

von erheblicher Intensität. Zu diesem Zeitpunkt war im La-

bor kein Hinweis auf ein entzündliches Geschehen nach-

weisbar. Unter der eingeschlagenen analgetischen Therapie

wurde zunächst eine kontinuierliche Besserung erreicht.

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Gutachtliche Entscheidungen

Rückenschmerzen als Hinweis auf ein akutes Abdomen