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3.3. Arzneimittel-Anamnese

Die meisten Patienten glauben, dass ihre Ärzte ihre aktuelle Therapie gut kennen, was tat-

sächlich nur ausnahmsweise der Fall ist (Serper et al. 2013). Eine gute Arzneimittel-Anamnese

braucht Zeit und wird umfassender, wenn sie mehrzeitig durchgeführt wird (Rieger et al. 2004);

die Verwendung mehrerer Quellen (Patient, behandelnde Ärzte, Stammapotheke, Angehörige,

Pflegedienst, Medikationsplan, Arztberichte, Durchsicht aller zu Hause vorhandenen Arznei-

mittelpackungen [Brown Bag-Methode]) kann helfen, wichtige Informationslücken zu schließen

(ÄzQ 2013).

Die

vier Hauptziele

der Arzneimittel-Anamnese sind,

die aktuelle Exposition des Patienten mit verordneten und mit nicht verschreibungs-

pflichtigen Arzneistoffen umfassend zu kennen

(um sie mit dem aktuellen Krankheitszustand [Therapieerfolg, Nonresponse, unerwünschte

Arzneimittelwirkungen] in Beziehung zu setzen, ihre Qualität zu prüfen [Dosierungen,

Wechselwirkungen, Gegenanzeigen, potenziell inadäquate oder fehlende Medikamente]

und neu zu verordnende Arzneistoffe darauf abzustimmen),

wichtige frühere Erlebnisse und Ereignisse mit Arzneistoffen zu erfahren

(Beurteilung der Ergebnisqualität des Medikationsprozesses: gutes/schlechtes Ansprechen,

Allergie, Unverträglichkeit),

die aktuelle Prozess- und Strukturqualität der Arzneimittel-Verabreichung sowie

Möglichkeiten und Grenzen des Patienten zu (er)kennen

(Handhabung von Verpackung [Blistern], schwierigen Arzneiformen [Pflaster] und Hilfs-

mitteln [Inhalatoren, Spritzen, Augentropfen-Applikatoren], Zubereitung [Tabletten teilen,

mörsern, suspendieren], Schluckbarkeit [Kapseln, Tabletten], Abhängigkeit von der Hilfe

Dritter) und

die Grundeinstellung des Patienten und die Wirklichkeit der Einnahme für jedes

einzelne Arzneimittel zu kennen

(Präferenzen und Therapieziele des Patienten, Vorhandensein von Nonadhärenz,

divergierenden Konzepten oder technischen Schwierigkeiten).

Die Erhebung der aktuellen Exposition ist fast immer lückenhaft und selbst mehrfache Erhe-

bungen durch verschiedene Heilberufler führen nicht zu einer kompletten Übersicht (Carow

et al. 2013). Häufig übersehen werden nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel (Vitamine,

Schmerz- und Magenmittel, pflanzliche Produkte, Homöopathika und Antroposophika) und

Arzneimittel zur Behandlung von Augenkrankheiten, urologischen Leiden, psychischen Erkran-

kungen oder Schlafstörungen, weshalb gezielt danach gefragt werden soll.

Heranführen an spezifische Gesprächssituationen

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