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es sein, dass vielleicht doch noch etwas anderes zu Ihren Verletzungen geführt hat?»
, oder
«Wis-
sen Sie, wir haben hier häufiger Patienten, die mit körperlichen Verletzungen zu uns kommen,
weil sie von jemandem, der ihnen nahesteht, verletzt worden sind.»
Zu vermeiden sind konfron-
tierende Formulierungen wie:
«Das Muster Ihrer Verletzungen passt aber gar nicht zu der von
Ihnen angegebenen Unfallursache.»
Schuldverhältnisse eindeutig benennen:
Da viele Gewaltopfer sich selbst die Schuld geben
und sich schämen, können Formulierungen, die die Unrechtmäßigkeit des Widerfahrenen beto-
nen, hilfreich sein
(«Niemand hat ein Recht, Sie körperlich und psychisch zu verletzen»)
.
Eigene Handlungsperspektiven aufzeigen und stärken:
Viele Gewaltopfer erleben sich als
hilf- und wehrlos, ohnmächtig einer Situation ausgesetzt, die sie nicht beeinflussen können. Hier
kann imGespräch der Hinweis auf die eigenen Handlungsmöglichkeiten (Empowerment) und die
rechtlichen Rahmenbedingungen hilfreich sein.
Entscheidungsdruck vermeiden:
Häusliche Gewalt ereignet sich in Beziehungen mit meist
asymmetrischen Machtverhältnissen. Viele Gewaltopfer sind oder erleben sich vor allem als ab-
hängig. Die Ablösung aus einer abhängigen Beziehung ist aber oft ein langerWeg. Diese Ablösung
sofort zu erreichen oder gar durchzusetzen, stellt für alle Beteiligten eine Überforderung dar. Ein
Entscheidungsdruck auf das Gewaltopfer, sich sofort vom Täter zu trennen, sollte dringlich ver-
mieden werden. Einzige Ausnahme: Es besteht eine akute Gefährdung für das Gewaltopfer. Dann
haben Sofortmaßnahmen zum Schutz des Gewaltopfers Vorrang, allenfalls unter Einschaltung
von Polizei und Behörden.
Gerichtsfest dokumentieren:
Möglicherweise wird die Dokumentation der medizinischen Be-
funde (z.B. bei einer Erstuntersuchung nach Vergewaltigung) später in einem Gerichtsverfah-
ren verwendet, daher ist es wichtig, entsprechende rechtsmedizinische Standards einzuhalten
(Fotodokumentation, Asservate).
Folgekontakte anbieten:
Da häusliche Gewalt eine hohe Wiederholungshäufigkeit hat, ist es
hilfreich, aktiv Folgekontakte anzubieten – auch unter dem Aspekt des Aufbaus einer vertrau-
ensvollen Beziehung.
Interprofessionelle Zusammenarbeit:
Interventionen bei häuslicher Gewalt erfordern inter-
professionelle Zusammenarbeit. Die Kenntnis der lokalen Netzwerkakteure (Frauenhaus, An-
sprechpartner bei der Polizei, Jugendamt usw.) ist essenziell, auch um Patienten entsprechend
zu beraten.
Heranführen an spezifische Gesprächssituationen
Ärztekammer
Nordrhein