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Jahresbericht 2016

Ärztekammer

Nordrhein

Allgemeine Fragen der Gesundheits-, Sozial- und Berufspolitik

Es war ein kleines Jubiläum: Zum fünften Mal

hatte der AusschussÖffentlichesGesundheitswesen,

Suchtgefahren und Drogenabhängigkeit der Ärzte-

kammer Nordrhein Vertreter verschiedener Profes-

sionen ins Düsseldorfer Haus der Ärzteschaft ein-

geladen, um über das Thema Kindergesundheit

aus unterschiedlichen Perspektiven zu debattieren.

„Mit unseren Kolloquien möchten wir dazu bei-

tragen, Präventionsansätze unterschiedlicher Ak-

teure auf kommunaler, Landes- und Bundesebene

bekannt zu machen, in einen interprofessionellen

Dialog einzutreten, um darüber zu einem besseren

und vernetzten Arbeiten zu kommen“, sagte Ulrich

Langenberg, Geschäftsführender Arzt der Ärzte-

kammer Nordrhein, zur Begrüßung der Teilneh-

merinnen und Teilnehmer.

„In Deutschland sinkt die Kinderarmut trotz gu-

ter Konjunktur nicht. In NRW sind über 600.000

Kinder und Jugendliche von Armut betroffen und le-

ben mit ihren Familien unterhalb der Armutsgren-

ze“, erläuterte Univ. Professor Dr. Ertan Mayatepek,

Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder-

und Jugendmedizin (DGKJ), in seinem Grußwort

die Ausgangslage, von der Prävention für Kinder

aus gedacht werden müsse. Mit

der sozialen Lage seien viele Er-

krankungen und Entwicklungs-

störungen verbunden. Um gezielt

Prävention planen zu können,

brauche es Daten, die die Zusam-

menhänge und Ursachen für die

jeweiligen Gesundheitsstörungen

beschrieben.

Daten für Taten

Diese Daten lieferte für die

Bundesebene Professor Dr. Bärbel-

Maria Kurth, Leiterin der Abtei-

lung für Epidemiologie und Ge-

sundheitsberichterstattung

am

Berliner Robert Koch-Institut. Sie

stellte Daten aus der Basiserhebung

(2003–2006) und der „Welle 1“ (2009–2011) des

Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KIGGS) vor.

Daten aus beiden Studien zeigten unter anderem,

dass das Risiko für einen nur mittelmäßigen bis

sehr schlechten Gesundheitszustand bei Jungen und

Mädchen mit niedrigem sozioökonomischen Sta-

tus um das 3,4- beziehungsweise 3,7-fache im Ver-

gleich zu Kindern mit hohem sozioökonomischen

Status erhöht war. Kinder und Jugendliche aus

Familien mit niedrigem sozialen Status waren öfter

von ADHS betroffen, trieben seltener Sport, waren

häufiger übergewichtig und nahmen seltener an

Vorsorgeuntersuchungen teil. Erwähnenswert sei

in diesem Zusammenhang aber auch, dass unter-

schiedliche Schultypen gesundheitliche Risiken

ändern könnten. So zeigten die Daten, dass sich die

Gesundheitschancen von Jugendlichen aus Familien

mit niedrigem Sozialstatus verbesserten, wenn sie

ein Gymnasium besuchten. Hier müssten noch die

Wirkmechanismen untersucht werden, um sinn-

volle präventive Ableitungen zu ziehen.

Ergänzend zu den KIGGS-Daten steuerte Profes-

sor Dr. Matthias Richter, Direktor des Instituts für

medizinische Soziologie an der Martin-Luther-

Universität Halle-Wittenberg, Da-

ten aus der internationalen „Health

Behaviour in School-aged Children

(HBSC) Studie derWeltgesundheits-

organisation WHO“ von 2013/2014

bei. Eines der Ergebnisse dieser Stu-

die sei, dass der Anteil rauchender

Jugendlicher zwar in den vergange-

nen Jahren deutlich abgenommen

habe, dass aberMädchenund Jungen

mit niedrigem familiären Wohl-

stand etwa doppelt so häufig täglich

rauchten wie Jugendliche mit mitt-

lerem oder hohem familiären Wohl-

stand. Auch variierte der regelmäßi-

ge Tabakkonsum je nach Schultyp.

Weitere Fakten der HBSC-Studie

können in den Faktenblättern unter

www.gbe-bund.de

eingesehenwerden.

Daten zur Kindergesundheit sind Spiegel

sozialer Ungleichheit

Im Juni 2016 fand das fünfte Kammerkolloquium zur sozialen Situation und Gesundheit

von Kindern und Jugendlichen statt. Auf Basis epidemiologischer Daten zur Kinder- und Jugend-

gesundheit debattierten die Referenten und Teilnehmer über die Möglichkeiten der Prävention

zur Vermeidung von Ungleichheit.