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Jahresbericht 2016
Ärztekammer
Nordrhein
Medizinische Grundsatzfragen
speziellen Gruppe besonders schwer suchterkrank-
ter Patienten zu gewinnen. Diese gesellschaftlich
relevante und aus vielen Gründen besonders gefah-
rengeneigte Tätigkeit bedarf einerseits besonderer
Transparenz und der Einhaltung klarer Regelun-
gen aller Beteiligten, andererseits ist ein besonders
vertrauliches Arzt-Patient-Verständnis Vorausset-
zung für eine erfolgreiche Therapie dieser – nahe-
zu regelhaft chronischen – Erkrankung notwendig.
Die Kommission bittet regelmäßig Kollegen zum
Gespräch, bei denen Zweifel geäußert wurden, ob
die Substitution immer gemäß der strengen Richt-
linien der Bundesärztekammer durchgeführt wur-
de. Diese Gespräche werden von einem Teil der Kol-
legen als sehr hilfreich wahrgenommen, gelegent-
lich müssen jedoch Kollegen eingeladen werden,
deren Praktiken nicht mehr mit einer sorgfältigen
ärztlichen Tätigkeit vereinbar oder ethisch inak-
zeptabel sind. Einem substituierenden ärztlichen
Kollegen im Kammerbereich musste daher seitens
der Aufsichtsbehörde die Approbation aberkannt
werden.
Kritische Phasen bei der engmaschig erforder-
lichen therapeutischen Begleitung substituierter
Patienten sind vor der Aufnahme in und vor allem
nach der Entlassung aus dem Strafvollzug. Nach-
dem das Justizministerium in NRW die Vorausset-
zungen für die Substitution in Haft klar geregelt
hatte, ist ein weiteres Ziel der Beratungskommis-
sion, darauf hinzuwirken, dass die Rahmenbedin-
gungen für das Übergangsmanagement aus der
Haft verbessert werden.
Anforderungen zur Meldung von mitgliederbezo-
genen Daten an das Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte erfolgten auf unklarer recht-
licher Grundlage und bedurften daher einer Novel-
lierung des
BtMG/B
T
MVV
, der organisatorisch und
seitens der EDV Rechnung getragen wurde.
Substitutionstherapie Opiatabhängiger
(Hotline: 0211 4302-2213)
Versorgung psychisch kranker Menschen
Die Umgestaltung und insbesondere die De-
regulierung sozialer Sicherungssysteme und die
Ökonomisierung der Gesundheitsversorgung mit
dem durch die Einführung der DRGs begünstigten
Trend zur Spezialisierung wirken einem Konzept
der gemeindenahen Versorgung psychisch Kranker
entgegen. Berufspolitisch wirkt der Ausschuss Psy-
chiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik dar-
auf hin, dass Wissen und Fertigkeiten über das Zu-
sammenwirken von Körper und Psyche in allen
ärztlichen Fachrichtungen bei Diagnose und The-
rapie präsent sind. Ziel ist es, die Berücksichtigung
der Psyche des Patienten als Bestandteil jeder ärztli-
chen Intervention zu stärken und dem Trend einer
Trennung der Behandlung von Körper und Geist
entgegenzuwirken. Auch dem Ersatz umfassender
ärztlicher Kompetenzen durch hochspezielle Fer-
tigkeiten anderer Berufsgruppen – ohne Kenntnis
des Gesamtkontextes des Patienten – wird kritisch-
konstruktiv entgegengewirkt.
Weitere wesentliche Themen war die Novellie-
rung des
Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen
bei psychischen Krankheiten (PsychKG)
aufgrund der
höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Zwangs-
behandlung, sowie dass aus denselben Gründen
anzupassende
Maßregelvollzugsgesetz (MRVG),
ins-
besondere die zugeschriebene Rolle und das Selbst-
verständnis der Ärzte bei den nicht selbstbestimm-
ten Aufenthalten in psychiatrischen Fachkliniken
oder die Behandlung psychisch erkrankter Patien-
ten oder psychisch auffälliger Straftäter. Ein wei-
teres Thema war die Versorgung geflüchteter Men-
schen, insbesondere psychisch Kranker.
Mobbing
Mobbing stellt ein relevantes Problem in Ein-
richtungen des Gesundheitswesens dar. Die Ärzte-
kammer Nordrhein hat bereits 1998 Ansprechpart-
ner für Ärztinnen und Ärzte bei Fragen des Miss-
brauchs und der Repression in hierarchischen Ar-
beitsverhältnissen (Mobbing) benannt.
Die derzeitigen AnsprechpartnerInnen sind:
Dr. med. Brigitte Hefer
(hefer@aekno.de,0211 4302-2204)
als Ombudsperson und stellvertretend
Viktor Krön
(Arzt)
(kroen@aekno.de,0211 4302-2208)
Diese führen Beratungsgespräche mit von Mob-
bing betroffenen Kolleginnen und Kollegen. In den
Gesprächen zeigt sich, dass Mobbing oftmals nicht
das primäre Problem ist, sondern Organisations-
mängel und arbeits- oder berufsrechtliche Probleme
im Vordergrund stehen, die sich in Unzufriedenheit
und in Mobbing-Aktionen ausdrücken.
Im Zeitraum Januar 2015 bis Juli 2016 haben
sich 35 Kolleginnen und Kollegen telefonisch an
die Mobbing-Ansprechpartnerin oder die Ombuds-
person gewandt, davon haben zehn Kolleginnen
und Kollegen einen persönlichen Gesprächstermin
wahrgenommen.