Tätigkeitsbericht Ärztekammer Nordrhein 2014 - page 73

Ärztekammer
Nordrhein
Jahresbericht 2013
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Medizinische Grundsatzfragen
Bemerkenswert ist bei Fall-Nr. 37680 der weitere
Verlauf: Die Pharmazeutisch-Technische Angestell-
te (PTA) einer Apotheke wird auf die ungewöhnli-
che Dosierung aufmerksam. Leider nutzt sie nicht
die Chance, die offensichtliche Überdosierung so-
fort aufzuklären. Jede Auffälligkeit dieser Art sollte
Anlass sein, sich zunächst über die Richtigkeit einer
Anordnung zu vergewissern. Erst danach sollte das
Arzneimittel dem Patienten ausgehändigt werden.
Immerhin kontaktiert die PTA im Nachgang den
verordnenden Arzt und das Missverständnis kann
nach einmaliger Falscheinnahme durch den Patien-
ten und ohne Schaden für ihn aufgeklärt werden.
Gerade dieser Fall aus dem Bereich der ambu-
lanten Versorgung zeigt die Bedeutung verschiede-
ner Instanzen in einem Ablauf – bei verschiedenen
Akteuren und an unterschiedlichen Plätzen. Jeder
Beteiligte hat die Chance, einen Fehler zu entdecken
und rechtzeitig zu korrigieren.
CIRS-NRW: aus Fehlern lernen
Fehlerquellen erkennen, Risiken minimieren, aus Erfahrungen anderer lernen:
Seit einem Jahr können Ärzte, aber auch Pflegende und Mitglieder anderer Gesundheitsberufe
kritische Ereignisse und (Beinahe-)Fehler in der Patientenversorgung an CIRS-NRW senden,
dem Berichts- und Lernsystem der ärztlichen Körperschaften und Kliniken in NRW. Inzwischen
umfasst die Datenbank auf
mehr als 260 solcher Berichte.
Jeder kennt Schweizer Emmentaler und sein
Lochmuster. Der Psychologe James Reason ver-
deutlichte anhand des Emmentalers, wie ein Fehler
passieren kann, obwohl er eigentlich an verschie-
denen Stellen hätte bemerkt werden müssen. Der
Brite verglich diese Stellen mit hintereinander an-
geordneten Käsescheiben mit Löchern. Liegen nun
zufällig auch die Löcher hintereinander, so könnte
einPfeil ungehindert hindurchfliegen (Swiss Cheese-
Modell). Übertragen auf die Patientenversorgung
heißt das, dass ein Fehler trotz der Mitwirkung ei-
ner Reihe unterschiedlicher Akteure und des Vor-
handenseins von Kontrollmechanismen unerkannt
bleibt und es zu einem kritischen Ereignis kommt.
Ein solcher Fall ist in der NRW-Mitteilung Nr.
37680 mit dem Titel „Tippfehler auf Rezept“ ge-
schildert. Auf den ersten Blick erscheint alles un-
spektakulär. Bei der Analyse zeigt sich dann, dass
es nicht nur um einen Tippfehler geht. Tatsächlich
haben verschiedene Beteiligte den Tippfehler nicht
oder nicht rechtzeitig bemerkt. Statt „5 x 1 Tbl.“
eines Arzneimittels täglich werden fälschlich
„3 x 5 Tbl.“ auf dem Rezept vermerkt. Leider teilt
der Berichtende nicht mit, ob der Fehler vielleicht
schon zuvor in der Kommunikation mit einer zwei-
ten Person entstand, die etwas Anderes notierte
als vom Arzt oder der Ärztin mündlich mitgeteilt
worden war. Möglicherweise war davor schon der
Verordnende in Routine verfallen, hatte das übliche
„3 x täglich“ mit der hier üblichen 5-maligen Gabe
pro Tag vermischt und unbewusst daraus ein
„3 x 5“ gemacht. Manche Software verhindert durch
Plausibilitätsprüfungen derartige Fehler. Auch die
visualisierende Notierweise „1-1-1-1-1“ könnte auf
einen Fehler aufmerksam machen. Das Gespräch
mit dem Patienten ist eine weitere Gelegenheit zur
Überprüfung einer Verordnung. Leider ist aber der
Patient oft mit der Fülle an Informationen über-
fordert. Ein Medikationsplan für den Patienten
empfiehlt sich daher. Er stellt eine zusätzliche
optische Kontrolle dar, um Fehlangaben zu erken-
nen.
CIRS
N R W
Anonyme Berichts- und Lernplattform zu kritischen Ereignissen
CIRS
steht für
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Es ist ein Lern- und Berichtssystem für kritische Ereignisse in der Patientenversorgung.
CIRS-NRW ist eine gemeinsame Initiative der Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-
Lippe, der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe und der
Krankenhausgesellschaft NRW in Zusammenarbeit mit dem Ärztlichen Zentrum für
Qualität in der Medizin (ÄZQ).
CIRS-NRW ist vertraulich, die Übertragung von Berichten erfolgt immer verschlüsselt.
CIRS-NRW soll lokale Berichtssysteme in den Krankenhäusern und Arztpraxen ergänzen.
Meldungen aus den lokalen CIRS können anonymisiert und in das landesweite System
eingestellt werden. Derzeit umfasst die Datenbank 260 Berichte.
Die eingegangenen Meldungen werden von einem Fachbeirat analysiert und mit fachlich
qualifizierten Kommentaren und Hilfestellungen versehen. Die Meldungen sind nicht
rückverfolgbar, da die IP-Adresse des verwendeten Rechners nicht übermittelt wird.
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