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zialen Konsequenzen geführt hat (Pilling et al.; NICE guidelines BMJ 2008). Darüber, ab wann
die tägliche Alkoholmenge für die körperliche Gesundheit als riskant bewertet wird, gehen die
Expertenmeinungen auseinander. Einige definieren riskanten Konsum als Konsum von mehr als
vier Standardgetränken pro Tag bei Männern und mehr als zwei bei Frauen. Zum Teil werden
aber auch tägliche Trinkmengen vonmehr als zwei Standardgetränken bei Männern undmehr als
einem Standardgetränk bei Frauen bereits als riskant angesehen. Rauschtrinken wird definiert
als vier Standardgetränke oder mehr bei einer Gelegenheit bei Frauen, fünf Standardgetränke
oder mehr bei Männern. Ein Standardgetränk umfasst zumBeispiel 0,3 l Bier oder 0,1 l Wein und
enthält etwa 10 bis 12 Gramm Reinalkohol.
Beim
schädlichen
Alkoholkonsum (früher Alkoholmissbrauch genannt; 3,1 % der erwachsenen
BevölkerunginDeutschland;Pabstetal.,2013)isteinSchadenfürdiekörperlicheoderpsychische
Gesundheit bereits eingetreten. Die Kriterien des Abhängigkeitssyndroms sind allerdings nicht
erfüllt. Beim
abhängigen
Alkoholkonsum (s.o. 3,4 % der erwachsenen Bevölkerung) schließlich
bestanden nach ICD-10 (F.10.2) in den letzten zwölf Monaten vor Diagnose Symptome der psy-
chischen Abhängigkeit wie heftiges Verlangen nach Alkoholkonsum oder Verlust der Kontrolle
über den Zeitpunkt des Konsums oder über die konsumierte Menge beziehungsweise Symptome
der physischen Abhängigkeit wie das Auftreten von Entzugsbeschwerden bei Stopp des Konsum
oder die Toleranzentwicklung, das heißt die Notwendigkeit aus Sicht des Betroffenen, die Alko-
holdosis zu steigern, um den erwünschten psychotropen Effekt zu erzielen. Entzugsbeschwerden
und Toleranzentwicklung sind Folge der Adaptation des Gehirns an die chronische Aufnahme von
Alkohol. Fragebogen wie der sogenannte AUDIT helfen bei der Einteilung des Alkoholproblems
(Pilling et al.; BMJ 2008); sie berücksichtigen neben der Menge an konsumiertem Alkohol die
sozialen und psychischen Konsequenzen des Trinkens.
Epidemiologie, Folgen und Bedeutung des übermäßigen Alkoholkonsums
In Deutschland sind 1,8 Millionen Personen alkoholabhängig. Alkoholabhängigkeit ist eine chro-
nische psychiatrische Erkrankung, die mit einer hohen genetischen Vorbelastung einhergeht
und zu gesundheitlichen Schäden, zu Problemen in der Familie und am Arbeitsplatz führt. Zu-
dem gibt es schwerwiegende Folgen des übermäßigen Alkoholkonsums für die Gesellschaft als
Ganzes (Verkehrsunfälle, Straftaten, Arbeitsausfall). Der übermäßige Alkoholkonsum verursacht
hohe direkte und indirekte Kosten von geschätzt 26,7 Milliarden Euro für die Volkswirtschaft in
Deutschland. Über 90 Prozent der Alkoholabhängigen sind zum gegebenen Zeitpunkt nicht in
einer suchtspezifischen Behandlung. Die Verringerung alkoholbedingter Schäden und die Prä-
vention gehören heute zu den wichtigsten gesellschaftlichen Herausforderungen.
Heranführen an spezifische Gesprächssituationen
Ärztekammer
Nordrhein