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Je nach Situation, in der sich der Betroffene befindet, wird dem einen oder anderen Aspekt mehr

oder weniger Gewicht beigemessen. Bei gesunden Menschen wird die Klärung der persönlichen

Werte ganz imVordergrund stehen. Bei einemPatienten, der von einer schweren eigenen Erkran-

kung erfährt und bei dem eine Urteilsunfähigkeit (z.B. im Rahmen einer Demenzerkrankung) zu

erwarten ist, muss das Vorgehen in ganz konkreten Behandlungssituationen besprochenwerden.

In gleicher Weise verläuft ein Gespräch mit Patienten, die sich zur Frage einer Reanimation

äußern sollen. Nach einem einleitenden Gespräch zum Aufbau einer Beziehung wird die

Wertehaltung des Patienten erfasst und dann mit ganz konkreten Fragen die Situation einer

Reanimation diskutiert.

Die ärztliche Beratung ist allerdings keine Wirksamkeitsvoraussetzung der PV, sodass der Betrof-

fene eine wirksame PV auch dann erstellen kann, wenn er auf ein vorheriges Gespräch mit dem

behandelnden Arzt oder einem Allgemeinmediziner verzichtet hat.

Einwilligungsfähigkeit

Damit der Patient überhaupt eine PV erstellen kann, muss er einwilligungsfähig sein (§ 1901a

Abs. 1 S. 1 BGB). Einwilligungsfähigkeit ist dann gegeben, wenn der Patient aufgrund seiner Ein-

sichts- und Steuerungsfähigkeit Art, Bedeutung, Tragweite und Risiken der Maßnahme erfassen

und seinen Willen hiernach richten kann. Auf die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen im Sinne

des § 104 BGB kommt es nicht an. Allerdings kann nur ein Volljähriger eine wirksame PV errich-

ten. Zur Abschätzung der Einwilligungsfähigkeit kann dem Patienten ein einfaches Fallbeispiel

vorgelegt werden. Er sollte in der Lage sein, dieses zu verstehen und zusammenzufassen. Auch

sollte er fähig sein, seine Behandlungspräferenz für diese konkrete Situation zu äußern, alterna-

tive Vorgehensweisen zu bewerten und die sich aus seiner Wahl ergebenden kurz- und länger-

fristigen Konsequenzen abzuleiten. Konkret kann der Arzt folgendermaßen vorgehen:

„Ich erzähle Ihnen jetzt eine Fallgeschichte. Stellen Sie sich vor, Sie erleiden einen Hirnschlag.

Als Folge des Hirnschlags können Sie Ihren rechten Arm und Ihr rechtes Bein nicht mehr be-

wegen. Sie können auch nicht mehr sprechen und schlucken, die Sprache Ihrer Mitmenschen

nehmen Sie aber noch wahr. Wegen der Schluckunfähigkeit würde man Sie fragen, ob Sie der

Einlage einer Magensonde durch Ihre Bauchwand zustimmen würden, um eine ausreichende

Nahrungszufuhr zu gewährleisten.

Würden Sie mir diese Geschichte bitte nochmals kurz zusammenfassen?

Würden Sie einer derartigen Maßnahme zustimmen?

Welche alternativen Handlungsoptionen können Sie sich vorstellen?

Was, denken Sie, würde geschehen, wenn Sie der Maßnahme nicht zustimmen?»

Heranführen an spezifische Gesprächssituationen

Ärztekammer

Nordrhein