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– Sonderheft
NORMEN UND VORSCHRIFTEN
Dachaufbauten mit einer Höhe über Dach
von einigen Metern lassen sich handwerk-
lich einfach und architektonisch geschickt
mit getrennten Fangeinrichtungen und
z. B. isolierten Ableitungen in einen ein-
schlaggeschützten Bereich integrieren.
Exemplarisch zeigt Bild
diese Lösung
für eine Fernsehantenne.
Bemerkenswert ist, dass derartige Lösun-
gen sich auch in anderen Normen, z. B.
Antennenerdung DIN EN 60728-11
(VDE 0855-1) [6], wiederfinden.
Eine besondere Problemstellung ist
gegeben, wenn Tragwerke mit Höhen
von deutlich mehr als einigen Metern die
Dachfläche überragen und/oder die
Gebäudehülle durchdringen. Dies sind
z. B. Abluftkamine, Stahlkonsolen und
Antennentragwerke. Wenn diese Ein-
richtungen z. B. durch getrennte Fang-
einrichtungen und isolierte Ableitungen
technisch nicht mehr geschützt werden
können, müssen galvanisch oder magne-
tisch in die bauliche Anlage eingekoppelte
Blitzteilströme beachtet und Schäden
durch umfangreiche Überspannungs-
Schutzmaßnahmen verhindert werden.
Eingekoppelte Blitzteilströme können
beispielsweise durch die Aufteilung auf
mehrere Strompfade reduziert werden,
wie im Bild
dargestellt.
Literatur
[1] DIN EN 62305-3 (DIN VDE 0185-305-3):
2011-10 Blitzschutz – Teil 3: Schutz von
baulichen Anlagen und Personen (IEC
62305-3:2010, modifiziert).
[2] DIN EN 62305-3 Beiblatt 1 (VDE 0185-305-3
Beiblatt 1):2012-10 Blitzschutz – Teil 3: Schutz
von baulichen Anlagen und Personen –
Beiblatt 1: Zusätzliche Informationen zur
Anwendung der DIN EN 62305-3 (VDE
0185-305-3).
[3] DIN EN 62305-3 Beiblatt 1 (VDE 0185-305-3
Beiblatt 1):2009-10: Blitzschutz – Teil 3:
Schutz von baulichen Anlagen und Perso-
nen – Beiblatt 1: Zusätzliche Informationen
zur Anwendung der DIN EN 62305-3 (VDE
0185-305-3).
[4]
Wettingfeld, J.:
Aktualisierte Blitzschutznorm
DIN EN 62305-3. Elektropraktiker, Sonder-
heft 2013, S. 9–12.
[5] DIN EN 50164-1 (VDE 0185-201):2009-03
Blitzschutzbauteile – Teil 1: Anforderungen
an Verbindungsbauteile.
[6] DIN EN 60728-11 (VDE 0855-1):2011-06
Kabelnetze für Fernsehsignale, Tonsignale
und interaktive Dienste – Teil 11: Sicherheits-
anforderungen (IEC 60728-11:2010).
[7] Vorträge der 9. VDE/ABB-Fachtagung vom
27. bis 28. Oktober 2011 in Neu-Ulm.
Berlin · Offenbach: VDE Verlag GmbH.
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Nicht industriell gefertigte und geprüfte
Bauteile können verwendet werden,
wenn sie hinsichtlich Querschnitt, Korrosi-
onsschutz, elektrischer Verbindung und
mechanischer Festigkeit den genormten
Bauteilen mindestens gleichwertig sind.
Bei eigenverantwortlich vor Ort hand-
werklich erstellten Verbindungen und An-
schlüssen sind folgende Mindestanforde-
rungen zu beachten:
]
Schweißverbindungen müssen mindes-
tens 50 mm lang und etwa 3 mm dick
sein.
]
Verbindungen und Anschlüsse mit
Flachleitern sind mit
– zwei Schrauben (mind. M 8) oder
– einer Schraube (mind. M10),
zu befestigen.
]
Sind Metallbleche nur einseitig zu-
gänglich, so sind die Mindestanzahl
und der Durchmesser von Nieten und
Blechtreibschrauben zu beachten.
Bei der Verwendung von Blechtreib-
schrauben beträgt die Mindestdicke
der Bleche 2 mm.
]
Bei Weichlotverbindungen ist zu
beachten, dass die zusammenhängen-
de verlötete Fläche mindestens 10 cm²
bei einer Breite von mindestens 5 mm
beträgt.
5 Leitungen, Querschnitte
und Werkstoffe
In der Praxis hat sich für Ableitungen
und oberirdische Verbindungsleitungen,
zusätzlich zu den in [1], Tabelle 6, aufge-
führten Werkstoffen, die Anwendung
von Kabel NYY 16 mm² bei mechanisch
geschützter Verlegung bewährt. Auch
bei Erdern kann NYY 16 mm
2
für unter-
irdische Verbindungsleitungen genutzt
werden.
Zusätzlich zu den in [1], Tabellen 6 und 7,
aufgeführten Werkstoffen hat sich für
Erdeinführungen und Erder Edelstahl, z.B.
Werkstoff-Nr. 1.4571 oder gleichwertig,
mit den Abmessungen Runddraht 10 mm
Durchmesser und Flachband 30 mm ×
3,5 mm bewährt.
6 Berührungs- und
Schrittspannungen
Nicht an jeder Ableitung oder im Bereich
einer Ableitung müssen zusätzliche
Schutzmaßnahmen realisiert werden.
]
Keine zusätzlichen Schutzmaß-
nahmen
werden gefordert, wenn
sich unter bestimmungsgemäßen Be-
triebsbedingungen/normalen Umstän-
den keine Personen im Umkreis von
3 m zur Ableitung befinden.
]
Zusätzliche Schutzmaßnahmen
sind notwendig z. B. bei Positionierung
von Ableitungen im Eingangsbereich
von Schulen, Kindergärten, Kinos, Ver-
sammlungsstätten oder wenn in einem
Sportstadion die im Zuschauerbereich
befindlichen metallenen Hallenstützen
als natürliche Ableitungen verwendet
werden.
Als Schutzmaßnahme gegen unzulässige
Berührungsspannungen gilt eine Isolie-
rung mit einer Stoßspannungsfestigkeit
von 100 kV.
Verschiedene Vorschläge in der Norm zur
Beherrschung der Berührungs- und
Schrittspannungen können die Experten
des nationalen Normengremiums nicht
nachvollziehen und werden daher nicht
empfohlen. Dies ist z. B. die Aussage,
dass ab zehn natürlichen Ableitungen die
Gefahr der Berührungs- und Schrittspan-
nung nicht gegeben ist. Ebenso unklar ist
der Hinweis auf einen alternativ geforder-
ten Übergangswiderstand der oberfläch-
lichen Bodenschicht von 100 kΩ.
Die in den Bildern im Beiblatt angege-
benen Beispiele stellen exemplarisch
Möglichkeiten einer Potentialsteuerung
durch ein vermaschtes Erdungssystem
dar. Alternative physikalisch begründete
Lösungen sind in der Diskussion und
wurden z. B. auf der VDE ABB Blitzschutz-
tagung 2011 in Neu-Ulm [7] bereits
vorgestellt.
7 Getrennte
Fangeinrichtungen
Sowohl im industriellen als auch im priva-
ten Bereich ist immer mehr festzustellen,
dass die Dachfläche die letzte Installati-
onsebene für Lüftungs-, Klimaeinrichtun-
gen, Rohrsysteme und viele andere Ein-
richtungen ist. Elementare Aufgabe des
Blitzschutzes ist es, den Blitz zu fangen,
außerhalb des Gebäudes abzuleiten und
über die Erdungsanlage zu verteilen. Die
Verschleppung von Blitzteilströmen in das
Gebäudeinnere muss mit erster Priorität
verhindert werden, damit keine direkten
Einkopplungen in elektrische und elek-
tronische Systeme entstehen. Klassische