ha¨ngig. Damit haben die Betriebsparteien zum Ausdruck ge-
bracht, dass alleiniger Zweck der Erwerbs- und Berufsunfa¨hig-
keitsrente nach § 8 Abs. 1 RO die Honorierung der Betriebs-
treue durch Aufstockung der Leistungen des Rentenversiche-
rungstra¨gers unabha¨ngig von deren Ho¨he ist.
36
I
Diesem Zweck widerspra¨che es, wenn demjenigen, der infol-
ge des Inkrafttretens des Rentenreformgesetzes zum 1. 1. 2001
durch einen Bescheid der Rentenversicherung eine Berufsunfa¨-
higkeit nicht mehr nachweisen kann, aber Leistungen wegen
teilweiser Erwerbsminderung erha¨lt, keine Betriebsrente zustu¨n-
de. Zudem wu¨rde die u¨berholte Rechtslage festgeschrieben. Dies
stu¨nde nicht in Einklang mit der mit der zeitdynamischen Ver-
weisung auf die Bestimmungen des Sozialversicherungsrechts
verfolgten Absicht, die Zahlung der Betriebsrente an der Ent-
wicklung des Sozialversicherungsrechts auszurichten.
37
I
cc)
Dieser Auslegung der Ruhegeldordnung steht das Urteil des Se-
nats vom 15. 11. 2005
3
nicht entgegen. In dem dieser Entscheidung zu-
grunde liegenden Verfahren trat der Versorgungsfall nach der Versor-
gungsordnung zwar ebenso wie nach der vorliegenden Ruhegeldord-
nung – bei Erwerbs- und Berufsunfa¨higkeit i. S. der gesetzlichen Ren-
tenversicherung ein, allerdings hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer
– anders als vorliegend – eine Gesamtversorgung versprochen und damit
zum Ausdruck gebracht, dass er mit der Betriebsrente nicht ausschließ-
lich die Betriebstreue unabha¨ngig von der Ho¨he der Leistungen aus der
gesetzlichen Rentenversicherung honorieren, sondern einen bestimmten
Versorgungsbedarf abdecken wollte. Mu¨sste ein Arbeitgeber, der eine
Gesamtversorgung zugesagt hat, die Rente wegen teilweiser Erwerbs-
minderung ebenso behandeln wie die fru¨here Rente wegen Berufsunfa¨-
higkeit, so ha¨tte er nach seinem Gesamtversorgungssystem die sozial-
versicherungsrechtlichen Einbußen der Arbeitnehmer, die aus der He-
rabsetzung des Rentenartfaktors von 0,6667 nach § 67 SGB VI a. F.
auf 0,5 nach § 67 SGB VI n. F. resultieren, auszugleichen.
Hinweise des Senats:
Zu OS 1: Fortf. von BAG vom 19. 1. 2011 – 3
AZR 83/09, BAGE 136 S. 374 = DB 2011 S. 2499; vom 20. 2. 2001 –
3 AZR 21/00, EzA BetrAVG § 1 Wartezeit Nr. 2; 14. 12. 1999 – 3
AZR 742/98, DB 2001 S. 823.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext unter DB0578542.
3 3 AZR 520/04, DB 2006 S. 2076.
Arbeitsvertragsrecht/Rechtsanwaltsrecht/Rentenver-
sicherung
Abfu¨hrung der Beitra¨ge an den Tra¨ger der gesetzli-
chen Rentenversicherungstra¨ger kann nicht ein-
zelvertraglich abbedungen werden
Schadensersatz – Vereinbarung u¨ber die Abfu¨hrung von Renten-
versicherungsbeitra¨gen an ein Versorgungswerk
BGB §§ 134, 280; SGB VI §§ 5, 6, 168; SGB IV §§ 28d, 28e, 28g
1.
Ist ein Arbeitnehmer von der Pflicht zur Versicherung in der
gesetzlichen Rentenversicherung weder frei (§ 5 SGB VI) noch
befreit (§ 6 SGB VI), so muss der Arbeitgeber den Beitrag zur
Rentenversicherung an den gesetzlichen Rentenversicherungs-
tra¨ger als Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrages zahlen,
§§ 28d, 28e SGB IV.
2.
Die gesetzliche Versicherungspflicht steht nicht zur Dispositi-
on der Parteien eines Arbeitsvertrags. Eine dies missachtende
Vereinbarung ist wegen Verstoßes gegen den Versicherungs-
zwang nichtig (§ 134 BGB).
3.
Mo¨glich ist – nach Erfu¨llung der Beitragspflicht zur gesetzli-
chen Rentenversicherung – die U¨ bernahme weiterer Beitra¨ge zu
einer anderen als der gesetzlichen Rentenversicherung durch den
Arbeitgeber.
(Orientierungssa¨tze der Richterinnen und Richter des BAG)
BAG-Urteil vom 15. 11. 2012 – 8 AZR 146/10
u
DB0581619
Hinweis des Senats:
Wegen der besonderen Informationslage im vor-
liegenden Einzelfall konnte es der Senat dahinstehen lassen, ob den Ar-
beitgeber bei Abschluss eines Arbeitsvertrags u¨berhaupt eine Aufkla¨-
rungspflicht u¨ber den Zwang zur gesetzlichen Sozialversicherung trifft.
Redaktionelle Hinweise:
Die Parteien streiten um die Zahlung von
Rentenversicherungsbeitra¨gen an den Kla¨ger, die das beklagte Land an
die Bundesversicherungsanstalt fu¨r Angestellte und nicht an das Versor-
gungswerk der Rechtsanwa¨lte fu¨r das Land NRW abgefu¨hrt hat. Der
Kla¨ger war vor seiner Einstellung bei der Bezirksregierung als Rechts-
anwalt ta¨tig und als solcher Pflichtmitglied im Versorgungswerk der
Rechtsanwa¨lte im Land NRW. Die Befreiung von der Versicherungs-
pflicht war auf die Zeit des befristeten Arbeitsverha¨ltnisses beschra¨nkt.
Die nach der unbefristeten Einstellung des Kla¨gers aufgrund der einzel-
vertraglichen Vereinbarung an das Versorgungswerk der Rechtsanwa¨lte
gezahlten Beitra¨ge wurden auf Veranlassung des Besoldungsamts zu-
ru¨ckgebucht.
Die Klage auf Zahlung dieser Beitra¨ge an den Kla¨ger wurde in allen In-
stanzen (Vorinstanz LAG Du¨sseldorf – 7 Sa 1281/08) abgewiesen.
Volltext unter DB0581526.
Verfahrensrecht
Feststellungsklage in Form einer Verbandsklage
Erforderlichkeit der Beteiligung einer oder beider Parteien an
dem Gegenstand der Klage – Außerdem muss ein rechtliches In-
teresse an der baldigen Kla¨rung bestehen – Hinsichtlich der
Auslegung eines Tarifvertrags ist die beanstandete Tarifnorm
und der umstrittene Tarifbegriff zu benennen
TVG § 9; ZPO § 256 Abs. 1
1.
Die Feststellung eines Rechtsverha¨ltnisses, an dem eine oder
beide Parteien des Rechtsstreits nicht beteiligt sind, kann nur
unter besonderen Voraussetzungen Gegenstand einer Feststel-
lungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO sein. Insbesondere muss die
klagende Partei selbst von dem festzustellenden Rechtsverha¨ltnis
in ihrem eigenen Rechtskreis betroffen sein und ein eigenes
rechtliches Interesse an der alsbaldigen Kla¨rung haben.
2.
Die Beanstandung einer bestimmten betrieblichen Praxis
eines tarifgebundenen Arbeitgebers durch die tarifschließende
Gewerkschaft als „nicht zula¨ssig“ ist nicht auf die Feststellung ei-
nes Rechtsverha¨ltnisses i. S. von § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet.
3.
Geht es bei einer sog. Verbandsklage nach § 9 TVG um die
Auslegung eines Tarifvertrags, sind im Antrag der einschla¨gige
Tarifvertrag, die betreffende Tarifnorm sowie der umstrittene
Tarifbegriff zu benennen. Weiterhin ist die zu entscheidende
Rechtsfrage in abstrakter fallu¨bergreifender Weise zu formulie-
ren. Aus der erweiterten Bindungswirkung eines Urteils nach
§ 9 TVG ergibt sich, dass sich der Tenor der Entscheidung
nicht auf ein konkretes Rechtsverha¨ltnis bezieht.
BAG-Urteil vom 18. 4. 2012 – 4 AZR 371/10
u
DB0570490
Hinweis des Senats
:
Zu OS 1: Fortf. der Rspr., BAG vom 21. 4. 2010
– 4 AZR 755/08, DB 2010 S. 2232; vom 9. 12. 2009 – 4 AZR 190/08,
DB 2010 S. 1467.
Redaktioneller Hinweis
:
Volltext unter DB0557023.
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Arbeitsrecht
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013