kation ist dagegen
per definitionem
auf einen viel kleineren Kreis
beschra¨nkt. Auf Vertraulichkeit kann sich der Arbeitnehmer nur
berufen, wenn die Zahl der Empfa¨nger (wie bei Gespra¨chen, s.
o.) im Regelfall nicht mehr als fu¨nf bis sechs Personen umfasst
45
,
diese zum Erkla¨renden in einer besonderen perso¨nlichen oder
beruflichen Na¨hebeziehung stehen und der Anlass der Kom-
munikation privater Natur ist.
c) Fremde Chronik/Pinnwand, „Gefa¨llt-mir-Button“
Bei einem Kommentar in der Chronik bzw. auf der Pinnwand ei-
nes anderen Mitglieds oder bei Beta¨tigung des „Gefa¨llt-mir-But-
ton“ fu¨r den Beitrag eines anderen Mitglieds, gilt nichts anderes.
ImGrundsatz pra¨sentiert sich der Kommentierende vor den ande-
ren. Gleichwohl kann sich aufgrund der „Einstellungen“ bzgl. der
Lesbarkeit des Profils – diesmal des anderenMitglieds – ein ande-
res Bild ergeben. Darf der Arbeitnehmer berechtigterweise (ein
Vertrauen „ins Blaue hinein“ genu¨gt nicht
46
) davon ausgehen, dass
das andere Mitglied und dessen kleiner Kreis an Leseberechtigten
seinen Kommentar nicht nach außen weitertragen, kann es sich
ebenfalls um vertrauliche Kommunikation handeln. Dafu¨r muss
der Arbeitnehmer aber die „Einstellungen“ und den Kreis der Le-
seberechtigten perso¨nlich kennen, um eine berechtigte Erwartung
diesbezu¨glich zu haben
47
. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob
der Arbeitnehmer noch die „Kontrolle“ u¨ber „seinen“ Kommentar
hat, da dieser sich auf einer fremden Seite befindet
48
. Zum einen
kann er seinen Kommentar jederzeit lo¨schen; zum anderen ko¨nnte
auch bei der mu¨ndlichen Kommunikation im kleinen Kreis im
Grundsatz jeder Anwesende die Vertraulichkeit spa¨ter aufheben
– insoweit hat der Mitteilende selbst bei einem Gespra¨ch nicht
mehr die Kontrolle daru¨ber, ob die A¨ ußerung weitergetragen wird.
Bei der Kommunikation in sozialen Netzwerken kann nichts an-
deres gelten.
3. Affekthandlung
Bei verbalen A¨ ußerungen ist anerkannt, dass es einen Unter-
schied macht, ob eine Beleidigung u¨berlegt oder im Rahmen ei-
ner emotional gepra¨gten Auseinandersetzung spontan (im Af-
fekt) erfolgte
15
. Bei eigenen Eintra¨gen im Internet fehlt es oft an
einer heißen Auseinandersetzung, in der im Eifer des Gefechts
eine andere Person beleidigt wird
49
. Vielmehr sitzt der Arbeit-
nehmer meist erst Stunden oder sogar Tage spa¨ter an seinem
Rechner und macht den beleidigenden Eintrag. Zwingend ist
dies allerdings nicht. Ein entsprechender Eintrag kann auch un-
mittelbar nach einer betrieblichen Auseinandersetzung im sozia-
len Netzwerk, z. B. u¨ber das private Smartphone oder den be-
trieblichen Rechner
50
, vorgenommen werden. Zudem kann ein
Konflikt auch la¨nger (bis nach Dienstschluss) nachwirken oder
sogar erst im privaten Bereich zur Kenntnis des Arbeitnehmers
gelangen. Letzteres kann z. B. der Fall sein, wenn der Arbeit-
nehmer erst zu Hause in der Post eine aus seiner Sicht unberech-
tigte Abmahnung seines Arbeitgebers findet und er daraufhin
spontan einen Eintrag u¨ber sein soziales Netzwerk macht. Glei-
ches gilt, wenn ein Arbeitnehmer erst beim privaten Surfen in
seiner Freizeit eine unberechtigte Anschuldigung von anderen
Arbeitskollegen (z. B. des Krankfeierns) u¨ber sein soziales Netz-
werk liest. In diesem Fall ist zu beru¨cksichtigen, dass dann eine
beleidigende Antwort nicht ohne Anlass, sondern im Affekt ge-
macht wurde. Der Arbeitnehmer hat dann aus seiner Sicht einen
begru¨ndeten Anlass, auf die Arbeitskollegen wegen der unbe-
rechtigten Anschuldigung a¨rgerlich zu sein
51
.
Auch bei einer spontanen Kommentierung im Internet oder
bei der Beta¨tigung des sog. „Gefa¨llt-mir-Button“ bei Facebook
handelt es sich ha¨ufig um eine spontane Reaktion beim Surfen,
die daher in ihrem Bedeutungsgehalt geringer eingescha¨tzt wer-
den kann
52
. Dies gilt insbesondere fu¨r den „Gefa¨llt-mir-Button“
– dieser ist schnell gedru¨ckt.
Daher ist in diesen Fa¨llen stets zu pru¨fen, ob anstelle einer
Ku¨ndigung eine Abmahnung nicht ausreichend ist, um dem Ar-
beitnehmer sein Fehlverhalten vor Augen zu fu¨hren und ihn zu-
ku¨nftig zu einem beanstandungsfreien Verhalten zu bewegen.
IV. Zusammenfassung
Unmutsa¨ußerungen und Beleidigungen in sozialen Netzwerken
sind zwar ein neues Pha¨nomen fu¨r die Arbeitsgerichte, dieses
la¨sst sich jedoch gut mit den bekannten „Bordmitteln“, d. h. der
BAG-Rechtsprechung zur Ku¨ndigung wegen Beleidigungen im
Lichte der Meinungsfreiheit und der Vertraulichkeit des im klei-
nen Kreis gesprochenen Wortes, lo¨sen.
Das Internet und auch die Kommunikation u¨ber soziale
Netzwerke ist kein rechtsfreier Raum. Bei groben Beleidigungen
handelt es sich um schwerwiegende Pflichtverletzungen, die im
Internet aufgrund der kontinuierlichen Abrufbarkeit und Per-
petuierbarkeit besonders intensiv auf den Betroffenen wirken.
Eine Ku¨ndigung ist daher regelma¨ßig sogar ohne vorherige Ab-
mahnung mo¨glich, da der Arbeitnehmer von vornherein nicht
damit rechnen kann, dass der Arbeitgeber sein Verhalten billigen
wu¨rde und dem Arbeitnehmer bewusst sein muss, dass er sein
Arbeitsverha¨ltnis aufs Spiel setzt, wenn es sich um schwere
Pflichtverletzungen handelt, deren Rechtswidrigkeit ohne wei-
teres fu¨r ihn erkennbar ist und bei denen eine Hinnahme des
Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen
ist
53
. Eine Ausnahme gilt bei Handlungen im Affekt – hier
kommt eine Abmahnung als milderes Mittel i. d. R. in Betracht.
Bei einer vertraulichen Kommunikation, z. B. imRahmen eines
Chats mit Freunden, ist eine Ku¨ndigung nicht gerechtfertigt,
selbst wenn die beleidigende A¨ ußerung dennoch zur Kenntnis
des Arbeitgebers gelangt. Vertraulichkeit ist jedoch nicht mit einer
A¨ ußerung unter Facebook-Freunden gleichzusetzen, insbesonde-
re bei einer gro¨ßeren Anzahl an „Freunden“. Diese ist auf einen
kleinen Kreis von maximal fu¨nf bis sechs Personen, die in einer be-
sonderen Na¨hebeziehung stehen beschra¨nkt, bei denen der Ar-
beitnehmer daher berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass
die Vertraulichkeit der A¨ ußerung gewahrt bleibt. Sofern Arbeit-
nehmer ihre Kommunikation stattdessen quasi ans „Schwarze
Brett“ heften, da sie ihre Eintra¨ge fu¨r einen gro¨ßeren Empfa¨nger-
kreis sichtbar u¨ber die Chronik bzw. Pinnwand ta¨tigen, sei ihnen
das alte Sprichwort: „
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold
“ ans Herz
gelegt, welches im Internetzeitalter mehr denn je gilt. Andernfalls
gehen Arbeitnehmer ein hohes ku¨ndigungsrechtliches Risiko ein.
45 In diese Richtung wohl auch
Bauer/Gu¨nter
, NZA 2013 S. 67 (70).
46
Hinrichs/Ho¨rtz
, NJW 2013 S. 648 (652).
47 Weitergehend
Bauer/Gu¨nther
, NZA 2013 S. 67 (70): Arbeitnehmer muss (im-
mer) davon ausgehen, dass er seine A¨ ußerung gegenu¨ber einem unbe-
stimmtem Empfa¨ngerkreis macht.
48 Dafu¨r aber
Wahlers
, jurisPR-ITR 8/2012, Anm. 2;
Bauer/Gu¨nther
, NZA 2013
S. 67 (70).
49
Bauer/Gu¨nther
, NZA 2013 S. 67 (71).
50 Fu¨r die Bewertung der Unmutsa¨ußerung als Ku¨ndigungsgrund ist es uner-
heblich, ob die private Nutzung des Firmenrechners zula¨ssig ist oder nicht.
Ein Verstoß gegen ein Privatnutzungsverbot stellt allerdings eine eigensta¨n-
dige Pflichtverletzung dar.
51 ArbG Duisburg, a.a.O. (Fn. 16), NZA-RR 2013 S. 18.
52 ArbG Dessau-Roßlau vom 21. 3. 2012, a.a.O. (Fn. 7); wohl auch
Scheid/
Klinkhammer
, ArbRAktuell 2013, 341083; a. A.
Wahlers
, jurisPR-ITR 12/2012,
Anm. 2;
Bauer/Gu¨nther
, NZA 2013 S. 67 (71);
Hinrichs/Ho¨rtz
, NJW 2013
S. 648 (651).
53 Vgl. BAG vom 24. 3. 2011 – 2 AZR 282/10, DB 2011 S. 1865 und die aktuel-
len Fa¨lle des LAG Hamm vom 10. 10. 2012, a.a.O. (Fn. 12) und des ArbG Ha-
gen vom 16. 5. 2012, a.a.O. (Fn. 14).
938
Arbeitsrecht
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013
1...,56,57,58,59,60,61,62,63,64,65 67,68,69,70,71,72,73,74,75,76,...84