Zwischenbericht der OECD zur „Ausho¨hlung von Steuer-
bemessungsgrundlagen und Gewinnverlagerungen“
u
DB0580802
Die Finanzminister und Notenbank-
gouverneure der G-20 haben den von der
OECD vorgelegten Bericht „Addressing
Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS)
begru¨ßt.
Das Projekt BEPS adressiert die Frage,
ob und wieso steuerpflichtige Gewinne
multinationaler Unternehmen nicht in
La¨ndern besteuert werden, in denen die
Unternehmensaktivita¨t stattfindet. Der
Bericht bescha¨ftigt sich mit der Proble-
matik legaler internationaler Steuergestal-
tungsmo¨glichkeiten und weist auf den
Bedarf internationaler Zusammenarbeit
hin.
Hintergrund
Steuerplanungen einiger weltweit operie-
render Großkonzerne (insbesondere aus
den USA) werden immer aggressiver, in-
dem sie die „Lu¨cken“ des nationalen und
internationalen Steuerrechts ausnutzen,
heißt es in dem Bericht. So wird auf die
Problematik hingewiesen, dass einige
multinationale Unternehmen (legale)
Strategien entwickelt ha¨tten, die es ihnen
ermo¨glichten, ihre Steuerzahlungen im
Vergleich zu kleineren mittelsta¨ndischen,
eher national ausgerichteten Firmen zu
minimieren. Dies sei u. a. durch Gewinn-
verlagerungen oder -verschiebungen „mo-
biler“ Besteuerungsgrundlagen wie Mar-
kenrechte oder Finanztransaktionen in
Niedrigsteuerla¨nder mo¨glich und fu¨hre zu
falschen Anreizen fu¨r Investitionen. Zu-
dem entgingen den Staaten betra¨chtliche
Steuereinnahmen, und es leide die Steuer-
moral der Bu¨rger.
Die internationalen Steuerstandards
ha¨tten mit den sich vera¨nderten globalen
Gescha¨ftspraktiken nicht Schritt gehalten.
Wirtschaftliche Verflechtungen u¨ber die
Grenzen hinweg wu¨rden in den nationa-
len Regelungen zur internationalen Be-
steuerung sowie internationalen Steuer-
standards ha¨ufig nicht ausreichend ge-
spiegelt. Die Grundlagen zur internatio-
nalen Besteuerung basierten ha¨ufig auf
Regelungen aus den 1920er Jahren. Mo-
derne Entwicklungen des globalen Wirt-
schaftsgeschehens wie die zunehmende
Bedeutung des geistigen Eigentums als
Werttreiber sowie neue digitale Informa-
tions- und Kommunikationstechnologien
wu¨rden nicht ausreichend beru¨cksichtigt.
So ko¨nne ein Unternehmen z. B. u¨ber
E-Commerce in einem Land wirtschaft-
lich ta¨tig sein, ohne dem dortigen Fiskus
Abgaben leisten zu mu¨ssen. Auch seien
die Methoden der multinationalen Unter-
nehmen zur Steueroptimierung in den
vergangenen zehn Jahren aggressiver ge-
worden. Die Lu¨cken im Steuersystem sei-
en durch das Zusammenspiel der nationa-
len Steuersysteme und die verschiedenen
Maßnahmen zur Vermeidung der Dop-
pelbesteuerung entstanden. Daher ko¨nn-
ten die Wechselwirkungen der nationalen
Steuersysteme Mo¨glichkeiten ero¨ffnen,
die Besteuerung von Gewinnen zu ver-
hindern oder zu minimieren. Der Dop-
pelbesteuerung werde durch entsprechen-
de Regelungen Einhalt geboten; Gleiches
mu¨sse fu¨r die „doppelte Nichtbesteue-
rung“ gelten.
Nationale Regierungen ko¨nnten das
Thema aufgrund grenzu¨berschreitender
Sachverhalte nicht im Alleingang bewa¨lti-
gen und Lo¨sungen finden. Vielmehr ber-
ge ein nicht abgestimmtes Vorgehen die
Gefahr der Doppelbesteuerung und nega-
tiver Auswirkungen auf Investitionen,
Wachstum und Bescha¨ftigung.
Daher mu¨sse die internationale Zu-
sammenarbeit besser koordiniert und die
internationalen Steuerstandards mu¨ssten
sta¨rker den heute existierenden o¨kono-
mischen Gegebenheiten angepasst wer-
den. Seit Jahren arbeite man auf verschie-
denen Teilgebieten. Diese einzelnen Ini-
tiativen sollten nunmehr zu einem großen
Ganzen zusammengefu¨gt werden.
„Pressure Areas“ und weiteres Vor-
gehen
Die OECD beabsichtigt, auf Grundlage
der Untersuchung einen „ganzheitlichen
pragmatischen Ansatz zur Verbesserung
der Instrumente“ umzusetzen. Die The-
matik wird erneut bei einem Treffen der
Leiter der Finanzverwaltungen der
OECD- und G-20-Staaten am 16./17. 5.
2013 diskutiert werden. In den kommen-
den Monaten werden die OECD und das
Committee on Fiscal Affairs (CFA, Steu-
erausschuss der OECD) einen umfassen-
den Aktionsplan auf der Grundlage des
Berichts entwickeln. Dieser soll nach der-
zeitiger Planung im Juni 2013 vom CFA
beschlossen werden. Zudem sollen Kon-
sultationen mit der Wirtschaft erfolgen,
die bislang noch nicht in spezifische Pla¨ne
einbezogen wurden. Der Plan soll Lo¨-
sungsvorschla¨ge zu sechs Problemfeldern
(pressure areas) umfassen:
Hybride Gesellschaften und Finanz-
instrumente:
Instrumente, die die Aus-
nutzung unterschiedlicher Besteuerungen
der gleichen Transaktion in verschiede-
nen Staaten (sog. Hybrid Mismatch Ar-
rangements) sowie Steuerarbitrage ver-
hindern.
Verrechnungspreise:
Verbesserungen
und Pra¨zisierungen bzgl. der Regelungen
zu Verrechnungspreisen einschließlich der
Arbeit an den Regelungen zu immateriel-
len Wirtschaftsgu¨tern.
Digitale Gu¨ter und Dienstleistungen:
Einfu¨hrung spezieller Vorschriften zur
Quellenbesteuerung im Bereich der Liefe-
rung von digitalen Gu¨tern und Dienst-
leistungen (z. B. U¨ berarbeitung der gel-
tenden DBA-Regelungen).
Generelle Missbrauchsvorschrift:
Ein-
fu¨hrung genereller Maßnahmen zur Be-
ka¨mpfung von Steuervermeidung, welche
sowohl im nationalen als auch im interna-
tionalen Recht integriert werden ko¨nnen
(z. B. Controlled foreign companies rules,
Limitation of benefits rules).
Konzerninterne Finanztransaktionen:
Einheitliche Behandlung von Finanz-
transaktionen innerhalb eines Konzerns
(z. B. Abzugsfa¨higkeit von Zinsen, An-
wendung von Quellensteuern).
Transparenz:
Schaffung neuer Trans-
parenzregelungen, um scha¨dlichen Steu-
erregimen effektiver entgegenwirken zu
ko¨nnen.
Auf Grundlage des nunmehr vorlie-
genden BEPS-Berichts wird die OECD
der G20-Staatengruppe bis Juli 2013
einen Aktionsplan vorlegen, u¨ber den
die Staats- und Regierungschefs im Sep-
tember beraten ko¨nnen.
Zu den weiteren aktuell diskutierten
Initiativen im Bereich BEPS/aggressive
Steuerplanung za¨hlt der am 6. 12. 2012
von der EU-Kommission vorgelegte „Ak-
tionsplan zur Versta¨rkung der Beka¨mp-
fung von Steuerbetrug und Steuerhinter-
ziehung“, der derzeit in den europa¨ischen
Gremien beraten wird.
RA Georg Geberth,
Director Global Tax Policy, Mu¨nchen
Redaktioneller Hinweis:
Vgl. dazu auch DB0560823 und Stand-
punkte Heft 13/13, DB0581615,
DB0581622, DB0581623, DB0581692.
DER BETRIEB | Nr. 15 | 12. 4. 2013
Kurz kommentiert
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