III. Ergebnisse der Untersuchung: Determinanten
erfolgreicher Insolvenzsanierungen
1. U¨ bersicht
Die Identifikation praxisrelevanter Ergebnisse auf Basis beste-
hender Konzepte erscheint aufgrund der bislang fehlenden Be-
achtung der Insolvenzsanierung in Forschung und Praxis kaum
realisierbar; die ex ante-Formulierung pru¨fbarer Hypothesen er-
scheint somit wenig zielfu¨hrend. Vielmehr muss die Unter-
suchung induktiv anhand im Forschungsfeld generierter Daten
erfolgen. Qualitative Forschungsmethoden sind in der komple-
xen Krisen- und Sanierungsforschung dabei besonders geeignet
5
,
weshalb auf die Durchfu¨hrung von Experteninterviews mit re-
nommierten Insolvenzverwaltern und Sanierungsberatern zu-
ru¨ckgegriffen wurde. Insgesamt wurden 26 Experteninterviews
mit je 13 Insolvenzverwaltern und Sanierungsberatern gefu¨hrt.
Dabei konnte auf einen Erfahrungsschatz von nahezu 2.000 In-
solvenzverfahren zuru¨ckgegriffen werden. Durchschnittlich ver-
fu¨gten die befragten Experten zum Untersuchungszeitpunkt
u¨ber rund 17 Jahre beruflicher Expertise in Insolvenzsanierun-
gen. Unter den befragten Experten befanden sich auch zahlrei-
che Partner der Top-Kanzleien fu¨r Insolvenzrecht nach dem
Handelsblatt Ranking
6
sowie der Top 5 Sanierungsberatungen
der aktuellen WGMB-Studie.
Die durchgefu¨hrte Untersuchung konzentriert sich auf die
Maßnahmenebene der Insolvenzsanierung, die in (1) Sanie-
rungspotenzial, (2) Sanierungsbereitschaft und (3) Sanierungs-
prozess unterteilt wurde (vgl. Abb. 1
7
). Der indirekte Einfluss
der Krisenursachen- bzw. -wirkungen/-symptome auf den Sa-
nierungserfolg wurde ebenfalls betrachtet, der direkte Einfluss
hingegen nicht. Der Sanierungserfolg wurde – dem Sanierungs-
versta¨ndnis dieser Untersuchung folgend – als erfolgreiche Insol-
venzsanierung verstanden.
Die maßgeblichen Determinanten von Sanierungspoten-
zial, -bereitschaft und -prozess wurden induktiv aus den
Expertengespra¨chen gewonnen. Hieraus ergibt sich der in
Abb. 2 dargestellte
heuristische Bezugsrahmen der Insolvenzsa-
nierung
.
Aus U¨ bersichtlichkeitsgru¨nden wurden die als kritisch identi-
fizierten Konstrukte einer internen und/oder einer externen Un-
tersuchungseinheit zugeteilt. Die interne Untersuchungseinheit
setzt sich aus den unternehmensinternen Interessentra¨gern zu-
sammen
8
. Die externe Untersuchungseinheit besteht aus den
(externen) Gla¨ubigern
9
, der Person des Insolvenzverwalters so-
wie den von ihm beauftragten Beratern, externen Interessenver-
tretern (z. B. Gewerkschaften) und der Politik.
2. Sanierungspotenzial
Das Sanierungspotenzial des Unternehmens umfasst all diejeni-
gen Rahmenbedingungen, die eine grundsa¨tzliche Basis fu¨r die
Durchfu¨hrung erfolgreicher Insolvenzsanierungen schaffen.
5 Vgl.
James/Wooten/Dushek
, The Academy of Management Annals 2012
S. 482.
6 Vgl.
Canibol
, WiWo vom 28. 2. 2011 S. 100 f.
7 Vgl.
Lentz,
a.a.O. (Fn. 4), S. 145.
8 Insbesondere die beteiligten Mitarbeiter (inklusive [Top-]Management), Ge-
sellschafter und Betriebsrat.
9 Insbesondere Kunden, Lieferanten und Fremdkapitalgeber.
DER BETRIEB | Nr. 15 | 12. 4. 2013
Betriebswirtschaft
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