einer Gutschrift nur teilweise zu widersprechen. Im Streitfall hat
JI sa¨mtlichen Gutschriften – in vollem Umfang – widersprochen,
wie das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise
dargelegt hat. Die Kla¨gerin verfolgt mit ihrer Revision diesen im
Verfahren vor dem FG erhobenen Einwand auch nicht mehr
weiter.
Auffassung entspricht h. M. im Schrifttum
23
I
aa)
Die vorstehend dargelegte Auffassung des BFH im Ur-
teil vom 19. 5. 1993
2
wird von der Mehrheit im Schrifttum auch
nach der Neufassung des § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG geteilt
7
.
Einer abweichenden Ansicht im Schrifttum . . .
24
I
bb)
Der Senat folgt nicht der in der Literatur gea¨ußerten
Auffassung
8
, ein Widerspruch gegen eine Gutschrift sei unbe-
achtlich, wenn dem Gutschriftenaussteller ein Anspruch auf Er-
teilung einer Rechnung mit demselben Inhalt zustehe, und dass
die Unbeachtlichkeit eines solchen Widerspruchs auch von den
Finanzbeho¨rden zu beachten sei.
. . . folgt der Senat nicht
25
I
Soweit
Hummel
ausfu¨hrt
9
, der „nur auf den ersten Blick ein-
deutig(e)“ Wortlaut des § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG ko¨nnte im
Hinblick auf mo¨gliche ungeschriebene Beschra¨nkungen des Wi-
derspruchsrechts nicht eindeutig sein, folgt der Senat dem nicht.
Dem Hinweis
10
, dass die Entstehungsgeschichte dafu¨r spreche,
dass die Regelung den Bedu¨rfnissen der Praxis und der Verein-
fachung diene, ist – entgegen
Hummel
– nicht zu entnehmen,
dass der Gesetzgeber das Widerspruchsrecht beschra¨nken wollte.
Im Gegenteil spricht gegen eine derartige Beschra¨nkung, dass
der Gesetzgeber auch nach Ergehen des BFH-Urteils vom
19. 5. 1993
2
die zwischenzeitlichen A¨ nderungen des UStG nicht
zum Anlass genommen hat, das Widerspruchsrecht ein-
zuschra¨nken.
Schutz des Leistenden . . .
26
I
Es mag zutreffen
11
, dass § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG zwar den
Schutz des Leistenden davor, nach § 14c UStG eine vom Gut-
schriftenaussteller zu hohe bzw. unrichtig ausgewiesene USt zu
schulden, gewa¨hrleistet, aber nicht geeignet ist, den Leistungs-
empfa¨nger hinreichend vor einem unberechtigten Widerspruch
und dem dadurch bedingten Verlust des Vorsteuerabzugs zu
schu¨tzen. Es ist auch richtig, dass der Vorsteuerabzug daran ge-
knu¨pft ist, dass die Vorsteuer gesetzlich geschuldet ist und ein
unberechtigter Vorsteuerabzug deshalb unabha¨ngig von der Fra-
ge eines Widerspruchs im Fall einer unzutreffenden Gutschrift
zu versagen ist und dass die in § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG fu¨r den
Fall des Widerspruchs gegen eine Gutschrift angeordnete
Rechtsfolge deshalb u¨berflu¨ssig ist
12
.
. . . rechtfertigt keine teleologische Reduktion des § 14 Abs. 2
Satz 3 UStG
27
I
Aus diesen U¨ berlegungen ergibt sich aber – entgegen
Hum-
mel
13
– nicht, dass § 14 Abs. 2 Satz 3 UStG im Wege einer te-
leologischen Reduktion dahingehend auszulegen sei, dass die
Vorschrift nur fu¨r den Fall einer unrichtigen Gutschrift gelten
sollte und ein Widerspruch gegen eine zutreffende Gutschrift
deshalb keine Wirkung habe. Eine solche Einschra¨nkung ha¨tte
zur Folge, dass die Finanzverwaltung auch in den Fa¨llen, in de-
nen die widerstreitende umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der
an dem Leistungsaustausch Beteiligten letztlich auf zivilrechtlich
begru¨ndeten Meinungsverschiedenheiten der Vertragsparteien
beruht, zu entscheiden ha¨tte, welche der Meinungen zutreffend
ist. Dieses Ergebnis entspra¨che aber nicht dem Zweck des § 14
Abs. 2 Satz 3 UStG, der (auch) im Interesse des Steuergla¨ubi-
gers eine klare Regelung trifft.
28
I
Die vorgeschlagene teleologische Reduktion des § 14 Abs. 2
Satz 3 UStG wu¨rde nach alledem die verfassungsrechtlichen
Grenzen der Auslegung u¨berschreiten.
Auffassung des Senats steht im Einklang mit Rspr. des
V. Senats . . .
29
I
cc)
Die Auffassung des Senats steht im Einklang mit den
BFH-Urteilen vom 25. 2. 1993 – V R 78/88
14
, vom 11. 10. 2007
– V R 27/05
15
und vom 10. 12. 2009 – XI R 7/08
3
.
. . . im Urteil V R 78/88 . . .
30
I
Nach dem BFH-Urteil vom 25. 2. 1993 – V R 78/88
14
ist,
selbst wenn der leistende Unternehmer dem Leistungsempfa¨n-
ger gegenu¨ber verpflichtet war, den (an sich steuerfreien) Umsatz
gem. § 9 UStG 1980 als steuerpflichtig zu behandeln und sich
(zuna¨chst) dementsprechend verhalten hat, der U¨ bergang zur
Behandlung des Umsatzes als steuerfrei nicht von der Zustim-
mung des Leistungsempfa¨ngers abha¨ngig, auch wenn die Ver-
tragspartner ihre Leistungspflichten einschließlich der Erteilung
einer Rechnung mit gesondertem Ausweis der USt bereits voll
erfu¨llt haben.
. . . und im Urteil V R 27/05
In dem BFH-Urteil vom 11. 10. 2007 – V R 27/05
15
wird aus-
gefu¨hrt, dass die zivilrechtliche Befugnis zur Rechnungsberichti-
gung umsatzsteuerrechtlich grds. nicht zu pru¨fen ist. Dem hat
sich der Senat in seinem Urteil vom 10. 12. 2009 – XI R 7/08
4
angeschlossen; danach ist der U¨ bergang zur Behandlung des
Umsatzes als (wieder) steuerfrei nicht von der Zustimmung des
Leistungsempfa¨ngers abha¨ngig und die zivilrechtliche Befugnis
zur Rechnungsberichtigung umsatzsteuerrechtlich grds. nicht zu
pru¨fen.
Berufung auf Treu und Glauben . . .
31
I
d)
Soweit die Kla¨gerin geltend macht, der BFH halte es fu¨r
mo¨glich, dass ein gegen Treu und Glauben verstoßender Wider-
ruf einer Gutschrift steuerrechtlich unbeachtlich sein ko¨nnte
16
,
rechtfertigt dies im Streitfall keine andere Beurteilung.
. . . rechtfertigt keine andere Beurteilung
32
I
Einen Verstoß gegen Treu und Glauben leitet die Kla¨gerin
(lediglich) daraus ab, dass der Gutschriftenempfa¨nger die an ihn
gezahlte USt nicht zuru¨ckgezahlt habe und dass ihr – der Kla¨ge-
rin – ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung mit demselben
7 Vgl.
Lippross
, USt, 23. Aufl., S. 887;
Scharpenberg
, in: Hartmann/Metzenma-
cher, UStG, § 14 Rdn. 145;
Birkenfeld/Wa¨ger
, USt-Handbuch, § 161 Rdn. 175;
Wagner
, in: So¨lch/Ringleb, USt, § 14 Rdn. 152;
Widmann
, in: Vogel/
Schwarz, UStG, § 14 Rdn. 53;
Hundt-Eßwein
, in: Offerhaus/So¨hn/Lange,
§ 14 UStG Rdn. 53; vgl. auch
Ruppe/Achatz
, UStG, § 11 Rdn. 106.
8 Vgl.
Stadie
, in: Rau/Du¨rwa¨chter, UStG, § 14 Rdn. 256, 558;
Hummel
, UR
2012 S. 497.
9 Vgl.
Hummel
, UR 2012 S. 497 (499).
10
Hummel
, UR 2012 S. 497 (499).
11 Vgl.
Hummel
, UR 2012 S. 497 (498, 500 ff.).
12 Vgl.
Hummel
, UR 2012 S. 497 (501f.).
13
Hummel
, UR 2012 S. 497 (501f.).
14 Vgl. BFH-Urteil vom 25. 2. 1993 – V R 78/88, BStBl. II 1993 S. 777 = DB
1993 S. 1907.
15 Vgl. BFH-Urteil vom 11. 10. 2007 – V R 27/05, BStBl. II 2008 S. 438 = DB
2008 S. 910.
16 Vgl. BFH vom 19. 5. 1993, a.a.O. (Fn. 2), unter II. B. 2. c).
DER BETRIEB | Nr. 15 | 12. 4. 2013
Steuerrecht
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