kann insofern vernachla¨ssigt werden, als die Gesellschafter die
Umwandlung einfach verhindern ko¨nnen – sie mu¨ssen lediglich
die
directors
zur Einhaltung der Publizita¨tspflichten des eng-
lischen Gesellschaftsrechts anhalten.
4. Folge fu¨r die Eintragung im Handelsregister
Die deutsche Zweigniederlassung einer Limited wird nach
§§ 13d ff. HGB in das Handelsregister eingetragen. Wenn die
Limited im Vereinigten Ko¨nigreich gelo¨scht wird, dann ist das
dem Handelsregister mitzuteilen. Auf Grundlage der hier vertre-
tenen Auffassung, nach der deutsches Recht auf die Restgesell-
schaft anzuwenden ist, ist die Zweigniederlassung grundsa¨tzlich
nach § 395 FamFG im Handelsregister zu lo¨schen, weil die
Hauptniederlassung im Heimatregister nicht mehr eingetragen
ist
61
. Eine Registerumschreibung
62
kommt nur in Betracht,
wenn die Restgesellschaft ein Handelsgewerbe betreibt und es
sich deswegen um eine OHG bzw. – bei der „Ein-Mann-Limi-
ted“ – um einen Einzelkaufmann
63
handelt. Insoweit ergibt sich
die Eintragungspflicht (und -fa¨higkeit) im deutschen Recht aus
§ 106 Abs. 1 HGB (fu¨r die OHG) bzw. aus § 29 HGB (fu¨r den
Einzelkaufmann). Dasselbe gilt, wenn die Restgesellschaft nach
§§ 146 ff. HGB liquidert werden soll (s. dazu sogleich V.).
V. Hat die Unterscheidung zwischen Liquidations-
gesellschaft und werbender Gesellschaft Einfluss auf
das anwendbare Recht?
Nach einer in Literatur
64
und Rechtsprechung
65
vertretenen
Auffassung handelt es sich bei der Restgesellschaft immer um
eine Liquidationsgesellschaft, auf die englisches Recht Anwen-
dung finden soll. Andere differenzieren und sind der Auffas-
sung, dass es sich zwar grundsa¨tzlich um eine Liquidations-
gesellschaft handele, fu¨r die auch englisches Recht gelte. Fu¨r den
Fall, dass die Gesellschaft weiterhin werbend ta¨tig ist, soll aber
das deutsche Gesellschaftsstatut maßgeblich sein
66
. Dem scheint
das OLG Celle zu folgen, wenn es ausfu¨hrt, dass die Rechtsfigur
der Restgesellschaft nur verhindern solle, „dass Vermo¨gen einer
englischen Gesellschaft, die es nicht mehr gibt, in Deutschland
„herrenlos“ wird [. . .]“
67
. Da die Limited im Fall des OLG Celle
aber weiterhin werbend ta¨tig war, sah das Gericht sie als eine
deutsche Personengesellschaft an.
Die zuletzt genannte Ansicht erweckt den Anschein, als ko¨n-
ne der Gesellschaftszweck (Liquidation oder werbende Ta¨tig-
keit) daru¨ber entscheiden, welches Recht auf die Restgesellschaft
Anwendung findet. Es bleibt wohl ein Geheimnis, wie sich die
Einordnung des Gesellschaftszwecks als anknu¨pfungserhebliche
Tatsache in das Gefu¨ge des Internationalen Gesellschaftsrechts
einpassen soll, in dem sich der Streit bislang darum gedreht hat,
ob der Verwaltungssitz oder das Gru¨ndungsrecht maßgeblich ist
(s. dazu oben IV. 1.). Hinzu kommt, dass eine Differenzierung
nach dem Gesellschaftszweck die deutsche Rechtspraxis vor er-
hebliche Schwierigkeiten stellen wu¨rde, denn es mu¨sste zur Be-
stimmung des anwendbaren Rechts erst einmal festgestellt wer-
den, worin eigentlich der aktuelle Gesellschaftszweck besteht
bzw. worin er zum Zeitpunkt einer in Rede stehenden Hand-
lung (etwa dem Abschluss eines Vertrags) bestand.
In Wahrheit entscheidet nicht der Gesellschaftszweck u¨ber
das anwendbare Recht, sondern es verha¨lt sich vielmehr
umge-
kehrt
: Der Gesellschaftszweck ist mit Ru¨cksicht auf das anwend-
bare Recht zu bestimmen! Deswegen ist es folgerichtig, die Rest-
gesellschaft ausschließlich als Liquidationsgesellschaft anzuse-
hen, wenn man die Auffassung vertritt, dass das englische Ge-
sellschaftsstatut gilt. Unter dieser Pra¨misse wu¨rde es in der Tat
der Intention der Auflo¨sung widersprechen, die Gesellschaft
weiterhin als werbende anzusehen
68
. Ha¨lt man hingegen mit der
hier vertretenen Auffassung deutsches Recht fu¨r anwendbar,
ko¨nnen die Wertungen des englischen Rechts keine Auswirkun-
gen auf den Zweck der Restgesellschaft entfalten. Der Gesell-
schaftszweck ist in diesem Fall autonom nach deutschem Recht
zu bestimmen.
Im deutschen Personengesellschaftsrecht bestimmt sich der
Gesellschaftszweck nach der im Gesellschaftsvertrag getroffenen
Vereinbarung, vgl. §§ 705 BGB, 105 Abs. 1 HGB. Es kommt
demnach auf den ausdru¨cklich oder konkludent zum Ausdruck
gebrachten Willen der Gesellschafter an: Streben die Gesell-
schafter tatsa¨chlich die Liquidation an, liegt hierin der Gesell-
schaftszweck. Auf einen solchen Willen der Gesellschafter kann
man aber jedenfalls nicht alleine daraus schließen, dass die Limi-
ted im Vereinigten Ko¨nigreich wegen einer Vernachla¨ssigung
der Publizita¨tspflichten gelo¨scht wurde. Grund fu¨r die Vernach-
la¨ssigung sind nicht selten schlicht fehlende Kenntnisse im eng-
lischen Gesellschaftsrecht (s. dazu bereits unter I.). Wenn nicht
die konkreten Umsta¨nde des Einzelfalls anderes nahe legen, soll-
ten Gerichte eher davon ausgehen, dass die Restgesellschaft wer-
bend ta¨tig ist
69
.
Fu¨r den Fall, dass tatsa¨chlich die Liquidation angestrebt wird,
stellt sich die Folgefrage, ob die Restgesellschaft in Liquidation
den Liquidationsvorschriften fu¨r Personenhandelsgesellschaften,
§§ 146 ff. HGB, unterfa¨llt oder ob die bu¨rgerlich-rechtlichen
Bestimmungen u¨ber das Verfahren bei Auseinandersetzung,
§§ 730 ff. BGB, maßgeblich sind. Vor der Liquidation war die
Restgesellschaft schließlich weder eine OHG noch eine GbR
(auch nicht fu¨r eine juristische Sekunde), sondern sie war Teil
einer Limited. Fu¨r die Anwendbarkeit der §§ 146 ff. HGB
du¨rfte sprechen, dass die Restgesellschaft Rechtsnachfolgerin
einer Kapitalgesellschaft ist und Kapitalgesellschaften im deut-
schen Recht ungeachtet ihres tatsa¨chlichen Gescha¨ftsgegen-
stands als Handelsgesellschaften gelten („Formkaufmann“), vgl.
§§ 13 Abs. 3 GmbHG, 3 Abs. 1 AktG. Die handelsrechtlichen
Bestimmungen sind zudem umfassender und werden im bu¨rger-
lichen Recht bisweilen ohnehin analog herangezogen
70
. Aus die-
sen Gru¨nden und weil Kriterien fu¨r eine sachgerechte Differen-
61 Vgl. dazu ku¨rzlich OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 17. 5. 2010 – 20 W
163/10, IPRax 2012 S. 543 (544), Rdn. 15.
62 S. dazu auch
Heinze/Heinze
, IPRax 2012 S. 516 (521), die allerdings von der
Anwendbarkeit englischen Rechts und der Durchfu¨hrung einer Nachtrags-
liquidation ausgehen.
63 S. dazu bereits Fn. 49.
64
Kindler
, a.a.O. (Fn. 16), IntGesR, Rdn. 1033, 1040;
Lamprecht
, ZEuP 2008
S. 289 (307 f.);
J. Schmidt
, ZIP 2008 S. 2400 (2401);
dies.
, ZIP 2007 S. 1712
(1713);
Schulz
, NZG 2005 S. 415 (ohne ausdru¨cklichen Hinweis auf das an-
wendbare Recht). Aus dem a¨lteren Schrifttum s. etwa
Flume
, a.a.O. (Fn. 52),
S. 143 (163 f.). Nach
Weller
, IPRax 2004 S. 412 (414) handelt es sich um eine
„inla¨ndische Teilliquidationsgesellschaft“.
65 OLG Jena vom 22. 8. 2007, a.a.O. (Fn. 6), ZIP 2007 S. 1709 (1710); OLG
Nu¨rnberg vom 10. 8. 2007, a.a.O. (Fn. 16).
66
Zimmer/Naendrup
, ZGR 2007 S. 789 (805); wohl auch
Ro¨der
, RIW 2007
S. 866 (868).
Leible/Lehmann
, GmbHR 2007 S. 1095 (1098), wollen zwar un-
abha¨ngig vom Gesellschaftszweck deutsches Recht auf die Restgesellschaft
anwenden. Nur fu¨r den Fall, dass die Restgesellschaft weiterhin werbend ta¨-
tig ist, unterstu¨nden die Gesellschafter aber einer perso¨nlichen Haftung.
67 OLG Celle vom 29. 5. 2012, a.a.O. (Fn. 7).
68 S. nur
J. Schmidt
, ZIP 2007 S. 1712 (1713): „Es [obliegt] allein dem eng-
lischen Recht als Gesellschaftsstatut, u¨ber Leben und Tod der Limited zu
entscheiden – dem liefe es nun aber zuwider, eine vom englischen Register
fu¨r tot erkla¨rte Gesellschaft auf Dauer am Leben erhalten zu wollen.“ A¨ hn-
lich auch
dies.
, ZIP 2008 S. 2400 (2401);
Lamprecht
, ZEuP 2008 S. 289
(307 f.).
69 In diesem Sinne bereits
Wiedemann
, a.a.O. (Fn. 29), § 15 II 1 (S. 851).
70 Zur analogen Anwendbarkeit des § 146 Abs. 2 HGB (gerichtliche Benennung
von Liquidatoren) s. etwa BGH-Urteil vom 5. 7. 2011 - II ZR 199/10, DB 2011
S. 2252 = NZG 2011 S. 1140 (1141).
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Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 15 | 12. 4. 2013