zwischen dem gesetzlichen Mindest- und dem tariflichen Mehr-
urlaub. Die Vorschrift bestimmt, dass der Urlaub fu¨r alle Arbeit-
nehmer 30 Arbeitstage betra¨gt. Dieser Urlaub soll erkennbar
nicht zusa¨tzlich zum gesetzlichen Erholungsurlaub gewa¨hrt wer-
den, sondern schließt diesen mit ein.
16
I
b)
Auch die sonstigen tariflichen Urlaubsregelungen des MTV ent-
halten keine Anhaltspunkte dafu¨r, dass die in § 8 Ziff. 1 MTV angeord-
nete Urlaubsdauer sich erst aus der Addition zweier eigensta¨ndiger Ur-
laubsanspru¨che ergibt, na¨mlich dem gesetzlichen Mindesturlaubs-
anspruch einerseits und einem diesen aufstockenden, gesonderten tarifli-
chen Urlaubsanspruch andererseits. Aus der Regelung in § 7 Ziff. 7MTV
folgt nichts anderes. Danachwird der Anspruch auf bezahltenUrlaub zwar
um so viele Tage geku¨rzt, wie der Arbeitnehmer seit seinem letztenUrlaub
oder, falls er noch keinen Urlaub genommen hat, seit seinem Eintritt in
den Betrieb unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben ist, jedoch darf der
Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz nicht unterschritten wer-
den. Die inhaltliche Differenzierung zwischen dem Mindesturlaub nach
dem Bundesurlaubsgesetz und dem Mehrurlaub zwingt noch nicht zu
der Annahme, dass, soweit sich die Urlaubsanspru¨che decken, zwei selbst-
sta¨ndige Urlaubsanspru¨che nebeneinander bestehen. Ha¨tten die Tarifver-
tragsparteien des MTV insoweit neben dem gesetzlichen Anspruch auf
Erholungsurlaub einen eigensta¨ndigen tariflichenUrlaubsanspruch regeln
wollen, ha¨tte die Mo¨glichkeit, den Urlaub zu ku¨rzen, nicht in § 7 Ziff. 7
Satz 2 MTV eingeschra¨nkt werden du¨rfen, sondern bereits in § 7 Ziff. 7
Satz 1 MTV auf den tariflichen Mehrurlaub beschra¨nkt werden ko¨nnen
und mu¨ssen, weil der gesetzliche Mindesturlaub gem. § 13 Abs. 1 BUrlG
nicht geku¨rzt werden darf. Dass den Tarifvertragsparteien Letzteres be-
wusst war, zeigt die Regelung in § 7 Ziff. 7 Satz 2 MTV. Wenn sie die
Ku¨rzungsregelung in § 7 Ziff. 7 Satz 1 MTV nicht auf den tariflichen
Mehrurlaub bezogen und in § 7 Ziff. 7 Satz 2MTV nur klargestellt haben,
dass der Mindesturlaub nach demBundesurlaubsgesetz nicht unterschrit-
ten werden darf, wird daraus deutlich, dass sie von einem einheitlichen Ur-
laubsanspruch ausgegangen sind, soweit sich die gesetzlichen und tarifli-
chen Urlaubsanspru¨che decken. Dieses Versta¨ndnis der Tarifvertragspar-
teien des MTV kommt zudem in der Formulierung: „Der Anspruch auf
bezahlten Urlaub wird um so viel Tage geku¨rzt. . .“, zum Ausdruck.
17
I
4.
Der Annahme, dass es keiner Tilgungsbestimmung des
Arbeitgebers bedarf und dieser mit der Freistellung des Arbeit-
nehmers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung sowohl den
gesetzlichen als auch den u¨bergesetzlichen Anspruch des Arbeit-
nehmers auf Erholungsurlaub ganz oder teilweise erfu¨llt, wenn
im Arbeits- oder Tarifvertrag nicht hinreichend deutlich zwi-
schen gesetzlichem und u¨bergesetzlichem Urlaub unterschieden
wird, steht nicht entgegen, dass ein arbeits- oder tarifvertragli-
cher Mehrurlaub bezu¨glich seiner Entstehungsvoraussetzungen,
seiner U¨ bertragung, seiner Ku¨rzung bei Vorliegen bestimmter
Voraussetzungen, seines Verfalls oder seiner Abgeltung eigenen
Regeln unterliegen kann
10
. Diese Fragen sind jeweils getrennt zu
betrachten
11
.
Der tarifliche Mehrurlaubanspruch ist am 31. 3. des Folgejahres
erloschen
18
I
II.
Die Beklagte ist auch nicht nach § 7 Abs. 4 BUrIG i. V.
mit § 8 Ziff. 1 MTV verpflichtet, tariflichen Mehrurlaub im
Umfang von zehn Tagen abzugelten. Soweit der tarifliche Ur-
laubsanspruch nicht durch Freistellung erfu¨llt worden war, ver-
fiel er noch vor der Beendigung des Arbeitsverha¨ltnisses. Tarif-
vertragsparteien ko¨nnen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspru¨-
che, die den von Art. 7 Abs. 1 der RL 2003/88/EG vom 4. 11.
2003 u¨ber bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung
12
ge-
wa¨hrleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begru¨ndeten An-
spruch auf Mindestjahresurlaub von vier Wochen u¨bersteigen,
frei regeln
13
. Diese Befugnis schließt die Befristung des Mehr-
urlaubs ein. Nach § 7 Ziff. 6 MTV erlosch der Urlaubsanspruch
der Kla¨gerin am 31. 3. 2008. Zu diesem Zeitpunkt war die Kla¨-
gerin noch nicht arbeitsunfa¨hig erkrankt.
Selbst bei Verla¨ngerung des U¨ bertragungszeitraums (durch be-
triebliche U¨ bung) ist der tarifliche Mehrurlaubsanspruch spa¨-
testens am 31. 12. des Folgejahres verfallen
19
I
III.
Die tariflichenMehrurlaubsanspru¨che sind auch dann vor
der Beendigung des Arbeitsverha¨ltnisses verfallen, wenn zuguns-
ten der Kla¨gerin davon ausgegangen wird, dass bei der Beklagten
die betriebliche U¨ bung besteht, nach der Urlaubsanspru¨che ent-
gegen der Regelung in § 7 Ziff. 6 MTV auch ohne das Vorliegen
besonderer U¨ bertragungsgru¨nde nicht nur bis zum 31. 3. sondern
bis zum 31. 12. des Folgejahres u¨bertragen werden. Dabei kann
unentschieden bleiben, ob eine solche betriebliche U¨ bung bezu¨g-
lich des gesetzlichen Mindesturlaubs mit § 13 Abs. 1 BUrlG ver-
einbar ist oder die grundsa¨tzliche Bindung des Urlaubs an das Ur-
laubsjahr zulasten der Arbeitnehmer in unzula¨ssiger Weise auf-
lo¨st
14
. Denn die noch nicht erfu¨llten tariflichen Mehrurlaubs-
anspru¨che aus dem Jahr 2007 verfielen jedenfalls mit Ablauf des
U¨ bertragungszeitraums am 31. 12. 2008. Der nur aufgrund der
Verla¨ngerung des U¨ bertragungszeitraums durch betriebliche
U¨ bung fortbestehende Urlaubsanspruch verfiel, obwohl die Kla¨ge-
rin zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfa¨hig krank war.
20
I
Durch eine betriebliche U¨ bung entstehen vertragliche Anspru¨che
15
.
Die Arbeitsvertragsparteien ko¨nnen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungs-
anspru¨che, die den von Art. 7 Abs. 1 ArbeitszeitRL gewa¨hrleisteten
und von § 3 Abs. 1 BUrlG begru¨ndeten Mindestjahresurlaubsanspruch
von vier Wochen u¨bersteigen, frei regeln. Ihre Regelungsmacht ist nicht
durch die fu¨r gesetzliche Urlaubsanspru¨che erforderliche richtlinienkon-
forme Fortbildung des § 7 Abs. 3 und Abs. 4 BUrlG beschra¨nkt. Dem
Verfall des u¨bergesetzlichen Urlaubsanspruchs steht nach dem klaren
Richtlinienrecht und der gesicherten Rechtsprechung des EuGH kein
Unionsrecht entgegen
16
. . . . (wird ausgefu¨hrt)
10 Vgl.
Natzel
, NZA 2011 S. 77 (78 f.).
11 Vgl. BAG vom 22. 5. 2012 – 9 AZR 618/10, Rdn. 24, DB 2012 S. 2050; vom
12. 4. 2011 – 9 AZR 80/10, Rdn. 27, BAGE 137 S. 328 = DB 2011 S. 2150.
12 ABl. EU L 299 vom 18. 11. 2003, S. 9; im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie.
13 Vgl. EuGH vom 3. 5. 2012 – Rs. C-337/10, Neidel, Rdn. 34 ff., m. w. N., AP
RL 2003/88/EG Nr. 8 = EzA EG-Vertrag 1999 RL 2003/88 Nr. 9; BAG vom
12. 4. 2011, a.a.O. (Fn. 11), Rdn. 21.
14 Zur U¨ bertragung des Urlaubs durch betriebliche U¨ bung bei Vorliegen von
U¨ bertragungsgru¨nden: vgl. BAG vom 21. 6. 2005 – 9 AZR 200/04, zu II. 3.
b) bb), DB0122473 = AP InsO § 55 Nr. 11 = EzA BUrlG § 7 Nr. 114.
15 Vgl. BAG vom 21. 6. 2005, a.a.O. (Fn. 14), zu II. 3. B) aa).
16 Vgl. BAG v. 24. 3. 2009 – 9 AZR 983/07, Rdn. 81 DB 2009 S. 233, m. w. N.
Arbeitskampfrecht
Arbeitskampf in kirchlichen Einrichtungen
I. Dritter Weg darf Koalitionsfreiheit und Tarif-
autonomie nur soweit verdra¨ngen, wie fu¨r Wahrung
des Leitbilds der Dienstgemeinschaft erforderlich
Schlichtungsverfahren im Dritten Weg steht gewerkschaftlicher
Unterstu¨tzung der Dienstnehmerseite nicht entgegen – Ergeb-
nis der Verhandlungen im Dritten Weg muss einseitiger Aba¨n-
derung durch Dienstgeber entzogen sein – Andernfalls gewerk-
schaftliche Beta¨tigung auch durch Streikmaßnahmen zula¨ssig
GG Art. 140 iVm. WRV Art. 137 Abs. 3; GG Art. 9 Abs. 3, Art. 4
Abs. 1 und Abs. 2; BGB § 1004; AEUV Art. 153 Abs. 5, Art. 267
Abs. 3; GRC Art. 28; EUV Art. 6 Abs. 3; EMRK Art. 9, 11; ESC
Art. 6; ILO-U¨ bereinkommen Nr. 87; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
822
Arbeitsrecht
DER BETRIEB | Nr. 15 | 12. 4. 2013
1...,64,65,66,67,68,69,70,71,72,73 75,76,77,78,79,80,81,82,83,84,...94