Maßgebliche Vorschriften und Bestimmungen
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1.
Die maßgeblichen Vorschriften und Bestimmungen
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a) Nationales Recht
Steuerbare Umsa¨tze
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Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der USt
Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im
Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens aus-
fu¨hrt. (. . .)
Vorsteuerabzug
16 . . . 17
I
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG sieht vor, dass
der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer fu¨r Leistun-
gen, die von einem anderen Unternehmer fu¨r sein Unternehmen
ausgefu¨hrt worden sind, als Vorsteuer abziehen kann. Aus-
geschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1
Nr. 1 UStG fu¨r Leistungen, die der Unternehmer fu¨r steuerfreie
Umsa¨tze verwendet.
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b) Unionsrecht
MwSt-Pflicht
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Art. 2 Nr. 1 6. EG-RL sieht vor, dass Lieferungen von Ge-
gensta¨nden und Dienstleistungen, die ein Stpfl. als solcher im
Inland gegen Entgelt ausfu¨hrt, der MwSt unterliegen.
Steuerpflichtiger
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Nach Art. 4 Abs. 1 6. EG-RL gilt als Stpfl., wer eine der in
Art. 4 Abs. 2 6. EG-RL genannten wirtschaftlichen Ta¨tigkeiten
selbststa¨ndig und unabha¨ngig von ihrem Ort ausu¨bt, gleichgu¨ltig
zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
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Die in Art. 4 Abs. 1 6. EG-RL genannten wirtschaftlichen
Ta¨tigkeiten sind nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 6. EG-RL alle Ta¨tig-
keiten eines Erzeugers, Ha¨ndlers oder Dienstleistenden ein-
schließlich der Ta¨tigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte
sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe.
Als wirtschaftliche Ta¨tigkeit gilt gem. Art. 4 Abs. 2 Satz 2
6. EG-RL auch eine Leistung, die die Nutzung von ko¨rper-
lichen oder nicht ko¨rperlichen Gegensta¨nden zur nachhaltigen
Erzielung von Einnahmen umfasst.
Vorsteuerabzug
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Nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a 6. EG-RL ist der Stpfl., der
Gegensta¨nde und Dienstleistungen fu¨r Zwecke seiner besteuer-
ten Umsa¨tze verwendet, befugt, die von ihm im Inland geschul-
dete oder entrichtete MwSt fu¨r Gegensta¨nde und Dienstleistun-
gen, die ihm von einem anderen Stpfl. geliefert wurden oder ge-
liefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, von
der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen.
Erma¨chtigung zu Fristen fu¨r Rechnungstellung
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Art. 22 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 6 6. EG-RL erma¨chtigt
die Mitgliedstaaten, Stpfl., die in ihrem Hoheitsgebiet die Liefe-
rung von Gegensta¨nden oder Dienstleistungen bewirken, Fristen
fu¨r die Rechnungstellung zu setzen.
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2. Zur Anrufung des EuGH
Senatsauffassung zum Vorsteuerabzug des Kla¨gers
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a)
Der Senat neigt zu der Auffassung, dass dem Kla¨ger der
begehrte Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Mandanten-
stamms zusteht.
Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs
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aa)
Der Unternehmer ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
Satz 1 UStG, Art. 17 Abs. 2 Buchst. a 6. EG-RL zum Vorsteu-
erabzug berechtigt, soweit er Leistungen fu¨r sein Unternehmen
(§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 6. EG-RL) bezieht, die fu¨r Zwecke
seiner besteuerten Umsa¨tze verwendet werden oder verwendet
worden sind
3
.
Vorbereitende Ta¨tigkeit bereits Teil der wirtschaftlichen Ta¨tig-
keit
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Nach der Rspr. des EuGH ko¨nnen die wirtschaftlichen Ta¨-
tigkeiten i. S. von Art. 4 Abs. 1 6. EG-RL mehrere aufeinander-
folgende Handlungen umfassen. Dabei sind vorbereitende Ta¨-
tigkeiten bereits der wirtschaftlichen Ta¨tigkeit zuzurechnen
4
.
Der Grundsatz der Neutralita¨t der MwSt verlangt, dass schon
die ersten Investitionsausgaben, die fu¨r die Zwecke eines Unter-
nehmens und zu dessen Verwirklichung geta¨tigt werden, als
wirtschaftliche Ta¨tigkeiten anzusehen sind
5
.
Unternehmerische Ta¨tigkeit durch Erwerb des Mandanten-
stamms
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Unabha¨ngig davon, ob die Unternehmereigenschaft des Kla¨-
gers bei Erwerb und U¨ berlassung des Mandantenstamms sich ggf.
auch aus einer Gescha¨ftsfu¨hrerstellung bei der Neu-GbR – die er
lt. der USt-Erkla¨rung im Streitjahr 2004 ausgeu¨bt hat – ergeben
ko¨nnte
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, war der Kla¨ger mit dem Erwerb des Mandantenstamms,
den er anschließend der Neu-GbR unentgeltlich zur Nutzung im
Rahmen ihrer unternehmerischen Ta¨tigkeit u¨berließ, nach Auf-
fassung des Senats jedenfalls bereits kraft seiner vorbereitenden
Ta¨tigkeit fu¨r die Neu-GbR unternehmerisch ta¨tig
7
.
U¨ bertragung des Mandantenstamms an Kla¨ger
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bb)
Die U¨ bertragung des Mandantenstamms erfolgte auch
an den Kla¨ger als Leistungsempfa¨nger. Denn der Kla¨ger hat den
Mandantenstamm im eigenen Namen und fu¨r eigene Rechnung
von der Alt-GbR im Wege einer Realteilung erworben und erst
anschließend der Neu-GbR unentgeltlich zur Nutzung u¨berlas-
sen.
Gesetzlich geschuldete USt
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cc)
Im Streitfall ist ferner das Tatbestandsmerkmal des § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG der gesetzlich geschuldeten
Steuer fu¨r den Eingangsbezug erfu¨llt. Denn fu¨r die Vera¨ußerung
des Mandantenstamms an den Kla¨ger hatte das FA gegenu¨ber
der Alt-GbR fu¨r das Jahr 1994 USt festgesetzt, die auch bezahlt
wurde.
Unentgeltliche U¨ berlassung des Mandantenstamms steht Vor-
steuerabzug nicht entgegen
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b)
Der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs steht nach
Auffassung des Senats nicht entgegen, dass der Kla¨ger als Ge-
3 Vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 29. 4. 2004 – Rs. C-137/02, Faxworld, EuGHE
2004 S. I-5547 = DB 2004 S. 1080 (Ls.), Rdn. 24; vom 15. 12. 2005 –
Rs. C-63/04, Centralan Property, EuGHE 2005 S. I-11087 = DB 2005 S. 2793
(Ls.), Rdn. 52; vom 29. 11. 2012 – Rs. C-257/11, SC Gran Via Moinesti SRL,
DB0558205 = HFR 2013 S. 80, Rdn. 23, vgl. dazu auch
Mu¨ller
, StR kompakt
DB0560917; vom 6. 12. 2012 – Rs. C-285/11, Bonik EOOD, DB0560998 = UR
2013 S. 195, Rdn. 29, vgl. auch
Huschens
, StR kompakt DB0571702.
4 Vgl. z. B. EuGH-Urteil vom 1. 3. 2012 – Rs. C-280/10, Polski Trawerty, ABlEU
2012 C 118 S. 2 = DB 2012 S. 897 (Ls.), Rdn. 28, jew. m. w. N.
5 EuGH vom 1. 3. 2012, a.a.O. (Fn. 4), Rdn. 29, m. w. N.
6 Vgl. zu den Voraussetzungen z. B. BFH-Urteil vom 14. 4. 2010 – XI R 14/09,
BStBl. II 2011 S. 433 = DB 2010 S. 2088.
7 EuGH vom 1. 3. 2012, a.a.O. (Fn. 4), Rdn. 31, Anm.
Klenk
, HFR 2012 S. 461
(463).
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 16 | 19. 4. 2013