anlagung eine Zusammenveranlagung
durchgefu¨hrt und die getrennte Veranla-
gung als rechtsmissbra¨uchlich verworfen
ha¨tte. Diese Fallkonstellation hatte das
FG Mu¨nster aber nicht zu entscheiden.
Aus dem Urteil des FG Baden-Wu¨rt-
temberg vom 6. 5. 2010 (3 K 839/09,
EFG 2010 S. 1381) ergab sich nach An-
sicht des FG Mu¨nster nichts Gegentei-
liges. Dort hatte das Gericht einen Antrag
auf getrennte Veranlagung der Ehefrau
nach der Ero¨ffnung eines Nachlasskon-
kursverfahrens u¨ber das Vermo¨gen ihres
verstorbenen Ehemanns – zu dessen Er-
ben die Ehefrau geho¨rte – als Gestal-
tungsmissbrauch i. S. des § 42 AO ange-
sehen. Der dortige Sachverhalt sei mit
dem hiesigen nach Ansicht des FG ins-
besondere deshalb nicht vergleichbar, weil
im dortigen Verfahren fu¨r die Streitjahre
zuna¨chst Zusammenveranlagungen bean-
tragt und durchgefu¨hrt worden seien und
die Ehefrau sodann Antra¨ge auf getrennte
Veranlagungen gestellt habe. Insofern sei-
en von der Ehefrau Wahlrechte wieder-
holt und widerspru¨chlich ausgeu¨bt wor-
den. Dies sei vorliegend nicht der Fall ge-
wesen. Vielmehr ha¨tten die Kl. bereits
mit Abgabe der ESt-Erkla¨rung eine ge-
trennte Veranlagung beantragt. Ein wei-
terer Antrag auf eine anderweitige Ver-
anlagung sei von den Kl. nicht gestellt
worden. Das unterscheide den vorliegen-
den Fall vom dem, den das FG Baden-
Wu¨rttemberg zu entscheiden gehabt ha-
be. Inzwischen hat der BFH mit Urteil
vom 30. 8. 2012 – III R 40/10 (BFH/NV
2013 S. 193) entschieden, dass auch im
Fall des FG Baden-Wu¨rttemberg die
Ausu¨bung des Wahlrechts auf getrennte
Veranlagung nicht rechtsmissbra¨uchlich
sei, und hat das erstinstanzliche Urteil
aufgehoben.
RiFG Ludger Hermes, Mu¨nster
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0556861.
Besteuerung der Versorgungsbezu¨ge nach dem
Alterseinku¨nftegesetz (AltEinkG) verfassungsgema¨ß?
u
DB0585426
Ab dem Jahr 2005 wurde die Besteuerung
der Altersbezu¨ge durch das AltEinkG neu
geregelt, nachdem das BVerfG mit Urteil
vom 6. 3. 2002 entschieden hatte, dass
die unterschiedliche Besteuerung von
Renten und Pensionen mit Art. 3 GG unver-
einbar sei. Die Neuregelung der Besteue-
rung der Altersbezu¨ge fu¨hrte aber nicht
zu einer gleichen Besteuerung, weil die
Renten 2005 nur zur Ha¨lfte und die Pen-
sionen je nach ihrer Ho¨he bis zu 90% ver-
steuert wurden. Erst ab dem Jahr 2040
wird fu¨r Neupensiona¨re und Neurentner
eine steuerliche Gleichstellung erreicht.
Bereits mit Urteil vom 26. 8. 2010 (1 K
1557/08) hatte das FG Ko¨ln entschieden,
dass die Neuregelung verfassungsgema¨ß
sei. Gegen dieses Urteil ist jedoch Revision
beim BFH eingelegt worden (anha¨ngig
beim BFH: VI R 83/10).
Auch das FG Nu¨rnberg hat nun mit
Urteil vom 24. 10. 2012 (3 K 792/11,
DB0581518) die gleiche Auffassung ver-
treten. Dieses Urteil, gegen das ebenfalls
Revision eingelegt wurde (anha¨ngig beim
BFH: VI R 67/12), wird nachfolgend
kurz kommentiert:
Sachverhalt
Die Kla¨ger sind Ehegatten und leben in
Frankreich. Der Kla¨ger bezieht als Beam-
ter im Ruhestand seit 1993 Versorgungs-
bezu¨ge. Die Kla¨gerin ist Rentnerin und
erha¨lt seit 1996 Altersrente von der Deut-
schen Rentenversicherung. In den auf
Aufforderung des FA abgegebenen Steu-
ererkla¨rungen beantragten die Kla¨ger die
unbeschra¨nkte ESt-Pflicht nach den
§§ 1a, 1 Abs. 3 EStG. Die Versorgungs-
bezu¨ge des Kla¨gers erkla¨rten sie auf der
Anlage R als Leistung aus der gesetzli-
chen Rentenversicherung. Das FA erfass-
te fu¨r die Jahre 2005–2008 die Versor-
gungsbezu¨ge als Einku¨nfte aus nicht-
selbststa¨ndiger Arbeit und setzte die Frei-
betra¨ge fu¨r Versorgungsbezu¨ge ab. Nach
erfolglosem Einspruch machen die Kla¨ger
im Klageverfahren geltend, dass die Be-
steuerung der Ruhestandsbezu¨ge des Kla¨-
gers entsprechend dem ab 1. 1. 2005 an-
wendbaren AltEinkG mit einem Besteue-
rungsanteil von max. 50% vorzunehmen
sei.
Entscheidung
Das FG sieht keine u¨berma¨ßige Ungleich-
behandlung zulasten der Bestandspensio-
na¨re durch die gesetzliche Ausgestaltung
des U¨ bergangs zur vollen nachgelagerten
Besteuerung, weil der Gesetzgeber den
Gedanken des Vertrauensschutzes nicht
nur einseitig zugunsten der Bestandsrent-
ner angewendet hat. Der vom Gesetzgeber
mit dem AltEinkG eingefu¨hrte System-
wechsel mit einem fu¨r die Bestandsrentner
seit dem 1. 1. 2005 normierten steuer-
pflichtigen Anteil von 50% der Rente
schra¨nkt die vom BVerfG festgestellte Un-
gleichbehandlung ein, beseitigt sie aber
nicht vo¨llig. Angesichts eines Anteils steu-
erlich nicht belasteter Beitra¨ge von ca. 70%
verbleibt bei nachgelagerter ha¨lftiger Be-
steuerung weiterhin ein Anteil von ca.
20% der Rentenauszahlungen endgu¨ltig
steuerfrei. Die Pensionen sind hingegen
weiterhin in voller Ho¨he zu versteuern.
Auch der den Bestandspensiona¨ren nach
§ 19 Abs. 2 Satz 1 und 3 EStG gewa¨hrte
Versorgungsfreibetrag samt Zuschlag von
ja¨hrlich insgesamt max. 3.900 € du¨rfte
i. d. R. nicht zu einer vollsta¨ndigen Ab-
schmelzung dieser Divergenz und zur Her-
stellung einer identischen Steuerbelastung
im Vergleich zu Rentnern fu¨hren. Diese
fu¨r Bestandsrentner und -pensiona¨re in ab-
gemilderter Form als bisher fortgeltende
Ungleichbehandlung ist jedoch nach An-
sicht des FGwegen des Anpassungsbedarfs
der komplexen und lange Zeit praktizierten
unterschiedlichen Besteuerungsregelun-
gen und damit durch sachliche Gru¨nde ge-
rechtfertigt.
Praxishinweis
Die von dem FG zugelassene Revision
wurde inzwischen eingelegt und wird bei
dem BFH unter dem Az. VI R 67/12 ge-
fu¨hrt. Nach dem zu der gleichen Rechts-
frage bereits anha¨ngigen Verfahren VI R
83/10 muss nun der BFH auch in diesem
Verfahren entscheiden, ob die Neurege-
lung durch das AltEinkG verfassungs-
gema¨ß ist. Obwohl nach Auffassung des
Verfassers die Erfolgsaussichten sehr ge-
ring sind und eine positive Entscheidung
des BFH wenn u¨berhaupt nur eine A¨ nde-
rung fu¨r die Zukunft bringen du¨rfte, soll-
ten Betroffene ihre ESt-Bescheide mit
einem Einspruch offenhalten, zumal die
Steuerbescheide keinen Vorla¨ufigkeitsver-
merk bezu¨glich der derzeitigen Besteue-
rung von Pensionen enthalten.
Dipl.-Fw. (FH) Georg Schmitt, Limburg
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0581518.
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Kurz kommentiert
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013