von Fahrt- und Reisekosten sowie bei der Firmenwagengestel-
lung nicht im EStG selbst definiert. Er wurde vielmehr durch
Rspr. und Verwaltung – leider oftmals kontrovers – ausgelegt.
Nachdem der BFH seine Rspr. zum Vorliegen einer regelma¨ßi-
gen Arbeitssta¨tte in den vergangenen Jahren zudem mehrfach
gea¨ndert hatte, wurde in Fachkreisen im Interesse der Planungs-
sicherheit zunehmend eine gesetzliche Definition zur Abgren-
zung von Auswa¨rtsta¨tigkeiten gefordert. Diesem Anliegen ist
der Gesetzgeber nunmehr unter fru¨hzeitiger und umfassender
Beteiligung der Wirtschaft nachgekommen.
Im Zuge der Neuregelung wird der viele Jahre verwendete
Begriff der regelma¨ßigen Arbeitssta¨tte durch den nicht durch
historisch unterschiedliche Auslegungen belasteten Begriff der
ersten Ta¨tigkeitssta¨tte ersetzt. Die Bestimmung der ersten Ta¨-
tigkeitssta¨tte erfolgt vorrangig anhand der arbeits- oder dienst-
rechtlichen Festlegungen. Sind solche nicht vorhanden oder sind
die getroffenen Vereinbarungen nicht eindeutig, werden hilfs-
weise quantitative Kriterien herangezogen.
Bei den Pauschalen fu¨r Verpflegungsmehraufwendungen
werden die Mindestabwesenheitszeiten verringert. Daru¨ber
hinaus wird anstelle der bisherigen dreistufigen Staffelung (6 €,
12 € bzw. 24 € bei Inlandsreisen bzw. doppelter Haushaltsfu¨h-
rung im Inland) eine zweistufige Staffelung (12 € bzw. 24 €) ein-
gefu¨hrt. Die niedrigste Pauschale von 6 € fa¨llt weg.
Weitere Vereinfachungen sind im Bereich der Unterkunfts-
kosten im Rahmen einer doppelter Haushaltsfu¨hrung und einer
la¨ngerfristigen auswa¨rtigen beruflichen Ta¨tigkeit sowie bei der
vom Arbeitgeber zur Verfu¨gung gestellten Verpflegung anla¨ss-
lich einer auswa¨rtigen beruflichen Ta¨tigkeit realisiert worden.
Die neuen Vorschriften werfen, wie jede Gesetzesa¨nderung,
eine Reihe von Zweifelsfragen auf. Ziel dieses Beitrags ist es da-
her, die Rechtsa¨nderungen im Zusammenhang darzustellen und
zu den aus der Sicht des Steuerpraktikers bereits jetzt erkenn-
baren Zweifelsfragen Lo¨sungsansa¨tze aufzuzeigen.
II. Die A¨ nderungen im Einzelnen
1. Erste Ta¨tigkeitssta¨tte
Im Rahmen der Neuregelung des lohnsteuerlichen Reisekosten-
rechts ab 2014 wird der bisherige unbestimmte Rechtsbegriff der
regelma¨ßigen Arbeitssta¨tte durch den nunmehr in § 9 Abs. 4
EStG n. F. umfassend definierten Begriff der ersten Ta¨tigkeits-
sta¨tte ersetzt. Als erste Ta¨tigkeitsta¨tte nennt das Gesetz die orts-
feste betriebliche Einrichtung
– des lohnsteuerlichen Arbeitgebers,
– eines verbundenen Unternehmens i. S. von § 15 AktG oder
– eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten,
der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist (§ 9 Abs. 4 Satz 1
EStG n. F.). Damit ist gesetzlich festgeschrieben, dass auch ande-
re ortsfeste betriebliche Einrichtungen als die des lohnsteuerlichen
Arbeitgebers als erste Ta¨tigkeitssta¨tte in Betracht kommen. Von
der Neuregelung ausdru¨cklich erfasst werden Sachverhalte, in de-
nen der Arbeitnehmer statt beim eigenen Arbeitgeber bei unver-
a¨ndertem Arbeitsvertrag auf Dauer in einer ortsfesten betrieb-
lichen Einrichtung eines der in § 15 AktG genannten Unterneh-
men ta¨tig werden soll. Andere als die in § 15 AktG genannten Un-
ternehmen fallen nicht unter diese Alternative, ko¨nnen jedoch
Dritte i. S. von § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG n. F. sein.
Außerdem liegt ab 2014 eine erste Ta¨tigkeitssta¨tte vor, wenn
das Dienstverha¨ltnis auf einen anderen Arbeitgeber, eben einen
Dritten i. S. von § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG n. F., ausgelagert wird
(sog. Outsourcing), der Arbeitnehmer jedoch weiterhin dauer-
haft an seiner fru¨heren Ta¨tigkeitssta¨tte beim „alten“ Arbeitgeber
arbeitet. Diese Sichtweise hatte der BFH nach bisherigem Recht
– abgesehen von einem Sonderfall – ausdru¨cklich abgelehnt
2
.
Auch die sog. Kunden-Rspr. des BFH
3
, wonach die betriebliche
Einrichtung eines Kunden des Arbeitgebers nur dann regelma¨-
ßige Arbeitssta¨tte sein konnte, wenn der Arbeitgeber dort (aus-
nahmsweise) u¨ber eine eigene Betriebssta¨tte verfu¨gte, ist ab 2014
gegenstandslos, falls der Arbeitnehmer dort dauerhaft ta¨tig wer-
den soll; der Kunde ist Dritter i. S. des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG
n. F.
4
Entsprechendes gilt ggf. fu¨r den Entleiher, dem der Leih-
arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist
5
.
Das ha¨usliche Arbeitszimmer des Arbeitnehmers ist – wie
bisher – keine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers
6
oder
eines Dritten
7
und kann daher auch zuku¨nftig keine erste Ta¨tig-
keitssta¨tte sein
8
.
Ohne Vorliegen einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung
kann eine erste Ta¨tigkeitssta¨tte nicht begru¨ndet werden. Fahr-
zeuge, Flugzeuge, Schiffe oder Ta¨tigkeitsgebiete ohne ortsfeste
betriebliche Einrichtungen sind somit keine Ta¨tigkeitssta¨tten
i. S. des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG n. F. Hier ist somit ein Wer-
bungskostenabzug bzw. steuerfreier Arbeitgeberersatz von Ver-
pflegungsmehraufwendungen, notwendigen U¨ bernachtungskos-
ten sowie Fahrtkosten mo¨glich, bei Fahrtkosten zu einem typi-
scherweise arbeitsta¨glich aufgesuchten weitra¨umigen Ta¨tigkeits-
gebiet allerdings beschra¨nkt auf die Entfernungspauschale (§ 3
Nr. 16 EStG i. V. mit § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG).
Die Annahme einer ersten Ta¨tigkeitssta¨tte setzt voraus, dass
der Arbeitnehmer einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung sei-
nes lohnsteuerlichen Arbeitgebers, eines verbundenen Unterneh-
mens i. S. von § 15 AktG oder eines vom Arbeitgeber bestimm-
ten Dritten dauerhaft zugeordnet ist. Die dauerhafte Zuordnung
des Arbeitnehmers wird durch die dienst- oder arbeitsrecht-
lichen Festlegungen sowie die diese ausfu¨llenden Absprachen
oder Weisungen bestimmt (§ 9 Abs. 4 Satz 2 EStG n. F.). Das
gilt unabha¨ngig davon, ob sie schriftlich oder mu¨ndlich erteilt
worden sind. Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Ta¨tigkeits-
sta¨tte arbeits- oder dienstrechtlich dauerhaft zugeordnet, ist es
unerheblich, in welchem Umfang er seine berufliche Ta¨tigkeit
an dieser oder auch an anderen Ta¨tigkeitssta¨tten ausu¨bt
9
. Folg-
lich kommt es auch auf die Regelma¨ßigkeit des Aufsuchens die-
ser Ta¨tigkeitssta¨tte nicht an.
Die Frage, ob an der vom Arbeitgeber nach § 9 Abs. 4 Satz 1
EStG n. F. festgelegten Ta¨tigkeitssta¨tte der qualitative Schwer-
punkt der Ta¨tigkeit liegt, ist ebenfalls nicht mehr entscheidend.
Damit wird die einzelfallbezogene Rspr. des BFH, die darauf
abstellte, ob der zu beurteilenden Ta¨tigkeitssta¨tte eine hinrei-
2 BFH-Urteil vom 9. 2. 2012 – VI R 22/10, BStBl. II 2012 S. 827 = DB 2012
S. 1247. Diese Rspr. ist ab 2014 u¨berholt, falls der Arbeitnehmer weiterhin
dauerhaft an seiner fru¨heren Ta¨tigkeitssta¨tte beim bisherigen Arbeitgeber
ta¨tig sein soll.
3 BFH-Urteil vom 13. 6. 2012 – VI R 47/11, BStBl. II 2013 S. 169 = DB 2012
S. 2199.
4 A. A. offenbar
Wu¨nnemann/Go¨dtel
, NWB Beilage zu Heft 9/2013 S. 37.
5 Auch in diesem Fall hatte der BFH mit Urteil vom 17. 6. 2010 – VI R 35/08,
BStBl. II 2010 II S. 852 = DB 2010 S. 1862 das Vorliegen einer regelma¨ßigen
Arbeitssta¨tte vor 2014 generell verneint.
6 Es ist kein Grund ersichtlich, die in Rdn. 16 des BFH-Urteils vom 9. 6. 2011 –
VI R 55/10, BStBl. II 2013 S. 38 = DB 2011 S. 1897 niedergelegten Grund-
sa¨tze ab 2014 nicht mehr anzuwenden. Zweifelnd offenbar
Schneider
, NWB
Beilage zu Heft 9/2013 S. 47.
7 Der Arbeitnehmer selbst ist auch nicht Dritter i. S. des § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG
n. F.
8 So auch die amtliche Gesetzesbegru¨ndung in BT-Drucks. 17/10774,
DB0492522, S. 15.
9 So die amtliche Gesetzesbegru¨ndung in BT-Drucks. 17/10774, DB0492522,
S. 15.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013
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