chend zentrale Bedeutung gegenu¨ber weiteren Ta¨tigkeitsorten
beizumessen war
10
, welche Ta¨tigkeit an den verschiedenen Ar-
beitssta¨tten im Einzelnen ausgeu¨bt wurde und welches konkrete
Gewicht dieser Ta¨tigkeit zukam
11
, ab 2014 gegenstandslos. Dies
bedeutet fu¨r die Praxis eine nicht gering zu veranschlagende Ar-
beitserleichterung, da es bei der Bestimmung des qualitativen
Ta¨tigkeitsschwerpunkts immer wieder zu Meinungsverschieden-
heiten zwischen den Beteiligten kam.
Ab 2014 gilt:
Nutzt der Arbeitgeber die in § 9 Abs. 4 Satz 1
EStG n. F. vorgegebene Mo¨glichkeit, eine bestimmte ortsfeste
betriebliche Einrichtung als erste Ta¨tigkeitssta¨tte arbeits- oder
dienstrechtlich festzulegen, folgt das Steuerrecht dieser Vorgabe.
Damit erhalten alle Beteiligten Rechts- und Planungssicherheit.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben es im Zuge der vertrag-
lichen Vereinbarungen letztlich bis an die Grenzen des Gestal-
tungsmissbrauchs i. S. von § 42 AO in der Hand, die erste Ta¨-
tigkeitssta¨tte mit steuerlicher Wirkung festzulegen
12
. Das gilt
auch, wenn – etwa bei Arbeitnehmern mit breitgefa¨chertem
Aufgabengebiet und damit verbundenen verschiedenartigen Ta¨-
tigkeitssta¨tten – fu¨r die Zuordnung letztlich organisatorische
Gru¨nde maßgebend sind
13
.
Da der Festlegung der ersten Ta¨tigkeitssta¨tte weitreichende
Bedeutung zukommt, sollte die Zuordnungsentscheidung des
Arbeitgebers nachvollziehbar dokumentiert werden, um spa¨teren
Meinungsverschiedenheiten mit der Finanzverwaltung vor-
zubeugen.
Im Interesse der Rechtsklarheit werden die typischen Fa¨lle
einer dauerhaften Zuordnung in § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG n. F.
ausdru¨cklich genannt. Hierzu za¨hlen die unbefristete Zuordnung
des Arbeitnehmers zu einer bestimmten betrieblichen Einrich-
tung, die Zuordnung fu¨r die Dauer des gesamten – befristeten
oder unbefristeten – Dienstverha¨ltnisses oder die Zuordnung
u¨ber einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus.
Dabei macht der Gesetzeswortlaut „ta¨tig werden soll“ deutlich,
dass fu¨r die steuerliche Beurteilung der Zuordnungsvereinbarung
eine Ex-ante-Betrachtung maßgebend ist. Weichen die tatsa¨ch-
lichen Verha¨ltnisse durch unvorhersehbare Ereignisse, wie etwa
Krankheit, politische Unruhen am Ta¨tigkeitsort, Insolvenz des
Kunden o. a¨., von der vereinbarten Festlegung ab, bleibt es den-
noch bei der zuvor getroffenen Prognoseentscheidung bezu¨glich
des Vorliegens der ersten Ta¨tigkeitssta¨tte. Wird daher eine auf we-
niger als 48 Monate geplante Auswa¨rtsta¨tigkeit des Arbeitneh-
mers verla¨ngert, kommt es m. E. darauf an, ob dieser vom Zeit-
punkt der Verla¨ngerungsentscheidung an nochmehr als 48Mona-
te an der Ta¨tigkeitssta¨tte eingesetzt werden soll.
>
Beispiel 1:
Der unbefristet bescha¨ftigte Arbeitnehmer A wird fu¨r eine
Projektdauer von voraussichtlich 18 Monaten einem Kunden
in M zugeordnet. Nach 18 Monaten wird die Zuordnung um
36 Monate verla¨ngert.
Lo¨sung:
Obwohl A insgesamt 54 Monate in M ta¨tig wird,
hat er dort keine erste Ta¨tigkeitssta¨tte. Die vom Gesetz vor-
gegebene Ex-ante-Betrachtung bedeutet, dass A weder im
Zeitpunkt der erstmaligen Zuordnung noch im Zeitpunkt
der Verla¨ngerungsentscheidung mehr als 48 Monate an der
Ta¨tigkeitssta¨tte in M eingesetzt werden sollte.
>
Abwandlung:
Im vorstehenden Beispiel wird die Zuordnung von A bereits
nach drei Monaten um 36 Monate auf insgesamt 54 Monate
verla¨ngert.
Lo¨sung:
A hat seine erste Ta¨tigkeitssta¨tte ab dem Zeitpunkt
der Verla¨ngerungsentscheidung in M, da er in diesem Zeit-
punkt (noch) 51 Monate in M eingesetzt werden soll. Dies
gilt auch dann, wenn A fu¨r diese Ta¨tigkeit neu eingestellt
und eine Probezeit vereinbart wurde oder das Projekt plan-
widrig nach 12 Monaten beendet wird.
Fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung des Arbeitnehmers zu
einer betrieblichen Einrichtung durch dienst- oder arbeitsrecht-
liche Festlegung nach den vorstehenden Kriterien oder sind die
getroffenen Vereinbarungen nicht eindeutig, legt § 9 Abs. 4
Satz 4 EStG n. F. als erste Ta¨tigkeitssta¨tte die betriebliche Ein-
richtung fest, an der der Arbeitnehmer
– typischerweise arbeitsta¨glich oder
– je Arbeitswoche zwei volle Arbeitstage oder mindestens
1
/
3
seiner vereinbarten regelma¨ßigen Arbeitszeit ta¨tig werden
soll.
Dabei muss der Arbeitnehmer an der betrieblichen Einrichtung
seine eigentliche berufliche Ta¨tigkeit ausu¨ben. Somit fu¨hrt allein
ein regelma¨ßiges Aufsuchen der betrieblichen Einrichtung, z. B.
um ein Kundendienstfahrzeug, Material, Auftragsbesta¨tigungen,
Stundenzettel, Krankmeldungen oder a¨hnliches abzuholen oder
abzugeben, nicht zu einer Qualifizierung der betrieblichen Ein-
richtung als erste Ta¨tigkeitssta¨tte
14
.
>
Beispiel 2:
Ein Kundendienstmonteur, der keiner betrieblichen Einrich-
tung dauerhaft zugeordnet ist, sucht jeden Morgen den Be-
trieb seines Arbeitgebers auf, um den Firmenwagen samt Ma-
terial zu u¨bernehmen, die Auftragsbesta¨tigungen in Empfang
zu nehmen und die Stundenzettel vom Vortag abzugeben.
Lo¨sung:
Der Kundendienstmonteur hat keine erste Ta¨tig-
keitssta¨tte. Der Betrieb seines Arbeitgebers wird auch durch
das arbeitsta¨gliche Aufsuchen nicht zur ersten Ta¨tigkeitssta¨t-
te, da er seine eigentliche berufliche Ta¨tigkeit an diesem Ort
nicht ausu¨bt.
I. U¨ . sind auch die in § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG n. F. aufgefu¨hrten
zeitlichen (= quantitativen) Merkmale anhand einer in die Zu-
kunft gerichteten Prognose zu beurteilen. Weichen die tatsa¨ch-
lichen Verha¨ltnisse durch unvorhersehbare Ereignisse (wie z. B.
Krankheit) hiervon ab, bleibt es somit bei der zuvor getroffenen
Prognoseentscheidung bezu¨glich der Festlegung der ersten Ta¨-
tigkeitssta¨tte. Entsprechend der bisherigen Verwaltungsauffas-
sung zur Rechtslage vor 2014
15
ist diese Prognoseentscheidung
zu Beginn des Dienstverha¨ltnisses bzw. – nach dem Grundsatz
der veranlagungszeitraumbezogenen Abschnittsbesteuerung – in
der Folgezeit zu Beginn eines jeden Kalenderjahres zu treffen.
Eine unterja¨hrige Betrachtung kommt in Betracht, wenn sich
das Berufsbild des Arbeitnehmers a¨ndert, etwa wenn ein Außen-
dienstmitarbeiter in den Innendienst wechselt.
10 BFH-Urteil vom 9. 6. 2011 – VI R 36/10, BStBl. II 2012 S. 36 = DB 2011
S. 1896.
11 BFH vom 9. 6. 2011 – VI R 55/10, a.a.O. (Fn. 6).
12 Insbesondere bei Gesellschafter-Gescha¨ftsfu¨hrern, Arbeitnehmer-Ehegatten
und sonstigen, mitarbeitenden Familienangeho¨rigen sollte darauf geachtet
werden, dass die getroffenen Vereinbarungen dem sog. Fremdvergleich
standhalten.
13 Ob der Arbeitnehmer an der zugewiesenen Ta¨tigkeitssta¨tte dauerhaft seine
Arbeitsleistung erbringen soll, kommt es ab 2014 gerade nicht mehr an. So
aber
Weber
, NWB Beilage zu Heft 9/2013 S. 22. Wie hier hingegen
Harder-
Buschner/Schramm
, NWB Beilage zu Heft 9/2013 S. 6.
14 So die amtliche Gesetzesbegru¨ndung in BT-Drucks. 17/10774, DB0492522,
S. 15.
15 BMF-Schreiben vom 15. 12. 2011 – IV C 5 – S2353/11/10010, BStBl. I 2012
S. 57 = DB 2011 S. 2888.
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013
Steuerrecht
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