rechtsfrage nach A¨ nderung der ho¨chstrichterlichen Rspr. ru¨ck-
wirkend gesetzlich festgeschrieben wird
9
.
Neuregelung entspricht fru¨herer Rechtslage
11
I
Gemessen hieran durfte der Gesetzgeber fu¨r eine Pflichtver-
anlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG (weiterhin) positive Ne-
beneinku¨nfte voraussetzen. Denn mit der Neuregelung hat er le-
diglich die Rechtslage wiederhergestellt, die bis zu den Entschei-
dungen des BFH vom 21. 9. 2006
1
der jahrzehntelangen Be-
steuerungspraxis
10
und der nahezu einhelligen Meinung im
Fachschrifttum
11
entsprochen hat. Ein berechtigtes Vertrauen
auf den Fortbestand der hiervon abweichenden Rechtslage und
damit der Rspr. des BFH vom 21. 9. 2006 konnte in der Zeit
bis zum Erlass der Neuregelungen nicht entstehen
12
. Denn der
Gesetzgeber hat bereits am 29. 9. 2006 angeku¨ndigt, dass er zur
bisherigen Rechtslage zuru¨ckkehren werde, nach der eine
Pflichtveranlagung zur ESt bei Bezug von Einku¨nften aus nicht-
selbststa¨ndiger Arbeit nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG voraussetzt,
dass der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin in dem jeweili-
gen Vz. Einku¨nfte aus anderen Einkunftsarten bezieht, deren
positive Summe 410 € bzw. 800 DM u¨bersteigt
13
.
Kein Vertrauensschutz
12
I
c)
Ob und inwieweit anderes fu¨r die Zeit nach dem Ergehen
der Urteile des BFH
1
bis zum endgu¨ltigen Gesetzesbeschluss am
13. 12. 2006 bzw. der Verku¨ndung des JStG 2007 am 18. 12.
2006
14
oder jedenfalls bis zur entsprechenden Gesetzesinitiati-
ve
15
– hier der Vero¨ffentlichung der BR-Drucks. 622/1/06 – gilt,
kann vorliegend ebenfalls dahinstehen. Denn der Kla¨ger hat sei-
ne ESt-Erkla¨rungen fu¨r die Streitjahre erst am 28. 12. 2009 ab-
gegeben; etwaige im Vertrauen auf die erfolgte Rspr.-A¨ nderung
geta¨tigte Dispositionen in der Zeit bis zum Erlass der Neurege-
lung stehen damit nicht zur Entscheidung. I. U¨ . genießt die bloß
allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zuku¨nftig un-
vera¨ndert fortbestehen, wenn – wie hier – keine besonderen Mo-
mente der Schutzwu¨rdigkeit hinzutreten, keinen besonderen
verfassungsrechtlichen Schutz
15
.
Der Anwendung des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG . . .
13
I
2.
Damit kommt vorliegend allein eine Veranlagung des
Kla¨gers nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG i. d. F. des JStG 2008
(EStG n. F.) vom 20. 12. 2007
16
in Betracht. Danach wird eine
ESt-Veranlagung durchgefu¨hrt, wenn sie beantragt wird. Die –
fru¨here zusa¨tzliche – Voraussetzung, dass der Antrag bis zum
Ablauf des auf den Vz. folgenden zweiten Kalenderjahres zu
stellen war, ist entfallen.
14
I
a)
§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG n. F. ist gem. § 52 Abs. 55j Satz 4
EStG i. d. F. des StVereinfG 2011 (fru¨her § 52 Abs. 55j Satz 2
EStG n. F.) erstmals fu¨r den Vz. 2005 anzuwenden und in Fa¨llen,
in denen am 28. 12. 2007 u¨ber einen Antrag auf Veranlagung zur
ESt noch nicht bestandskra¨ftig entschieden ist. Letzteres trifft zu.
Eine bestandskra¨ftige Ablehnung des Antrags des Kla¨gers auf
Durchfu¨hrung der ESt-Veranlagungen fu¨r die Streitjahre liegt
nicht vor. Nach der Rspr. des Senats ist es nicht erforderlich, dass
der Antrag auf Veranlagung fu¨r Vz. vor 2005 bereits vor dem
28. 12. 2007 bei den Finanzbeho¨rden eingegangen ist
17
.
. . . steht Festsetzungsverja¨hrung entgegen
15
I
b)
Im Streitfall steht der Veranlagung gem. § 46 Abs. 2
Nr. 8 EStG n. F. i. V. mit § 52 Abs. 55j Satz 4 EStG i. d. F.
des StVereinfG 2011 jedoch der Eintritt der Festsetzungsverja¨h-
rung entgegen.
16
I
Die Festsetzungsfrist fu¨r die ESt betra¨gt nach § 169 Abs. 2
Nr. 2 AO vier Jahre. Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres,
in dem die Steuer entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Die ESt
fu¨r 2002, 2003 und 2004 verja¨hrte demnach mit Ablauf der Jahre
2006, 2007 und 2008. Nach den Feststellungen des FG hat der
Kla¨ger den erforderlichen Antrag durch Abgabe der ESt-Erkla¨-
rungen fu¨r die Streitjahre (erst) im Jahre 2009 beim FA gestellt.
Keine Anlaufhemmung
17
I
Der Ablauf der Festsetzungsfrist war nach der neuen Rspr.
des BFH nicht nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gehemmt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur Begru¨ndung auf
die Senatsentscheidung vom 14. 4. 2011
18
verwiesen.
18
I
Nach alldem war die Vorentscheidung aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0583830.
9 BVerfG-Beschluss vom 23. 1. 1990 – 1 BvL 4/87, 1 BvL 5/87, 1 BvL 6/87,
1 BvL 7/87, BVerfGE 81 S. 228 = DB 1990 S. 1013; vom 15. 10. 2008 – 1 BvR
1138/06, BVerfGK 14 S. 338; vom 21. 7. 2010 – 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06,
1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05, BVerfGE 126 S. 369 (393 f.).
10 Vgl. z. B. BFH-Urteil vom 22. 5. 2006 – VI R 50/04, BStBl. II 2006 S. 801 =
DB 2006 S. 2093; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. 4. 2006 – 1 K 1076/04,
EFG 2006 S. 1523; FG Ko¨ln, Urteil vom 10. 2. 2006 – 12 K 4601/05, EFG
2007 S. 593; FG Hamburg, Urteil vom 2. 6. 2005 – VI 260/03, juris; FG Hes-
sen, Urteil vom 13. 11. 2003 – 5 K 2804/03, juris.
11 Z. B.
Schmidt/Glanegger
, EStG, 24. Aufl., § 46 Rdn. 50 f.;
Haase
, StuB 2005
S. 157.
12 Vgl. FG Niedersachsen, Urteil vom 28. 9. 2010 – 12 K 478/08, 12 K 479/08,
EFG 2011 S. 533.
13 BR-Drucks. 622/1/06 S. 21 f.
14 BGBl. I 2006 S. 2878.
15 BVerfG-Beschluss vom 10. 10. 2012 – 1 BvL 6/07, DB 2012 S. 2614 = DStR
2012 S. 2322, m. w. N.
16 BGBl. I 2007 S. 3150 = BStBl. I 2008 S. 218.
17 BFH-Urteil vom 12. 11. 2009 – VI R 1/09, BStBl. II 2010 S. 406 = DB 2010
S. 149.
18 BFH-Urteil vom 14. 4. 2011 – VI R 53/10, BStBl. II 2011 S. 746 = DB 2011
S. 1616.
Einkommensteuer/Lohnsteuer
Einrichtung eines Kunden als Betriebssta¨tte
i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG
EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6
Fahrten eines Unternehmers zwischen seiner Wohnung und
der Einrichtung eines Kunden stellen nur dann Fahrten zwi-
schen Wohnung und Betriebssta¨tte i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1
Nr. 6 EStG dar, wenn der Unternehmer in der Einrichtung des
Kunden eine eigene Betriebssta¨tte i. S. des § 12 AO unter-
ha¨lt.
FG Du¨sseldorf, Urteil vom 19. 2. 2013 – 10 K 829/11 E
u
DB0591122
Die Beteiligten stritten u¨ber die Ho¨he der abzugsfa¨higen Fahrtaufwen-
dungen. Der Kla¨ger war gewerblich im EDV-Bereich ta¨tig und nutzte
Ra¨umlichkeiten im OG des von ihm und seiner Lebensgefa¨hrtin be-
wohnten Einfamilienhauses fu¨r sein Unternehmen. Im Streitjahr war
der Kla¨ger nur fu¨r einen Auftraggeber ta¨tig, der seinen Sitz in einer an-
deren Stadt hatte. Seinen betrieblichen Pkw, fu¨r den er ein Fahrtenbuch
fu¨hrte, nutzte der Kla¨ger weit u¨berwiegend fu¨r die Fahrten zu seinem
Auftraggeber sowie fu¨r sonstige betriebliche Fahrten. Daneben war er
Halter eines u¨berwiegend privat genutzten Pkw. In seiner Gewinn-
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013
Steuerrecht
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