die Sorgfalt eines ordentlichen Gescha¨ftsmannes anwendet
8
.
Zudem setzt die Annahme einer vGA voraus, dass die Min-
derung des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG
i. V. mit § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG bei der Ko¨rperschaft geeignet
ist, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i. S. des § 20
Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulo¨sen
9
.
Wesen einer vGA
cc)
Eine vGA besteht in ihrem Wesen darin, dass eine Beurtei-
lung eines Sachverhalts geltend gemacht wird, die diesen nicht
als Grundlage einer Gewinnausschu¨ttung erscheinen la¨sst, viel-
mehr eine solche „verdeckt“. Vermo¨gensvorteile werden den
Gesellschaftern damit in einer Form zugefu¨hrt, in der sie nicht
als Ausschu¨ttung erscheinen, sondern unter anderer Bezeich-
nung verborgen sind. Entscheidend ist somit, ob Leistungen an
den Gesellschafter aus betrieblichen Gru¨nden oder mit Ru¨ck-
sicht auf das Gesellschaftsverha¨ltnis (societatis causa) gewa¨hrt
werden
10
.
Eine vGA kann daher z. B. bei einem zwischen der KapGes.
und einem Gesellschafter geschlossenen Kaufvertrag vorliegen,
na¨mlich wenn die KapGes. einen u¨berho¨hten Kaufpreis an den
Gesellschafter zahlt oder wenn der vom Gesellschafter an die
Gesellschaft zu entrichtende Kaufpreis unangemessen niedrig
ist
11
.
vGA bei Zuwendung an dem Gesellschafter nahestehende Per-
son
dd)
Eine vGA an einen Gesellschafter einer KapGes. liegt unter
den dargelegten allgemeinen Voraussetzungen auch dann vor,
wenn die KapGes. den Vermo¨gensvorteil unmittelbar einer dem
Gesellschafter nahestehenden Person zuwendet
12
. Das „Naheste-
hen“ in diesem Sinn kann familienrechtlicher, gesellschaftsrecht-
licher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsa¨chlicher Art sein
13
.
Die Zuwendung eines Vorteils an eine dem Gesellschafter der
KapGes. nahestehende Person ist unabha¨ngig davon als vGA zu
beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermo¨genswer-
tes Interesse an dieser Zuwendung hat, soweit andere Ursachen
fu¨r die Zuwendung als das Nahestehen des Empfa¨ngers zu dem
Gesellschafter auszuschließen sind
14
. Die Zuwendung des Ver-
mo¨gensvorteils an die dem Gesellschafter der KapGes. naheste-
hende Person ist im Hinblick auf die Anwendung der Vorschrif-
ten u¨ber die vGA so zu beurteilen, als ha¨tte der Gesellschafter
selbst den Vorteil erhalten und diesen an die nahestehende Per-
son weitergegeben
15
.
ee)
Ist Gesellschafterin einer KapGes. eine andere KapGes., so
stehen dieser deren Gesellschafter nahe. Leistungen, die eine
KapGes. unmittelbar an einen Gesellschafter ihres eigenen Ge-
sellschafters (mittelbarer Gesellschafter) erbringt, ko¨nnen daher
vGA sein
16
. In einem solchen Fall ist der normale Weg der Ge-
winnausschu¨ttung der Beteiligungsgesellschaft an die Mutterge-
sellschaft und der Muttergesellschaft an ihren Gesellschafter ab-
geku¨rzt. Es liegt dann eine vGA der Beteiligungsgesellschaft an
die Muttergesellschaft und eine vGA der Muttergesellschaft an
ihren Gesellschafter vor
17
.
vGA keine freigebige Zuwendung
ff)
Entgegen der Ansicht des FG kann die Gewa¨hrung eines un-
angemessenen Vermo¨gensvorteils durch eine KapGes. an einen
ihrer Gesellschafter oder an einen Gesellschafter einer an ihr be-
teiligten KapGes. nur unter dem ertragsteuerrechtlichen Ge-
sichtspunkt einer vGA gewu¨rdigt, nicht aber zusa¨tzlich als frei-
gebige Zuwendung i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG angesehen
werden. Durch die Gewa¨hrung eines solchen Vermo¨gensvorteils
wird der fu¨r offene Ausschu¨ttungen zur Verfu¨gung stehende Ge-
winn der KapGes. gemindert. Die sich durch die Gewinnmin-
derung ergebenden Folgen werden auf der Seite der KapGes.
durch § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und auf der Seite des Gesellschaf-
ters durch § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG geregelt. Die vGA
werden ertragsteuerrechtlich somit im Ergebnis wie offene Ge-
winnausschu¨ttungen behandelt. Damit ließe es sich nicht verein-
baren, wenn eine vGA anders als eine offene Gewinnausschu¨t-
tung zugleich als freigebige Zuwendung der KapGes. an ihren
Gesellschafter oder an einen Gesellschafter einer an ihr beteilig-
ten KapGes. angesehen wu¨rde
18
.
Es spielt dabei entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung
19
und einer in der Literatur vertretenen Ansicht
20
keine Rolle, ob
alle Gesellschafter der KapGes. vGA in gleicher Ho¨he erhalten.
Auch wenn dies nicht der Fall ist und z. B. nur ein Gesellschaf-
ter eine u¨berho¨hte Vergu¨tung erha¨lt, fu¨hrt das u¨ber die gesell-
schaftsrechtliche Beteiligungsquote hinaus Verteilte nicht zu
einer freigebigen Zuwendung der KapGes. an den Gesellschaf-
ter. Vielmehr unterliegt die Zahlung des unangemessenen Teils
der Vergu¨tung als vGA der ESt, da sie durch das Gesellschafts-
verha¨ltnis veranlasst ist
21
. Dies schließt das Vorliegen einer frei-
gebigen Zuwendung der KapGes. an den Gesellschafter aus. Fu¨r
vGA kann nichts anderes gelten als fu¨r Vermo¨gensu¨bertragun-
gen von einem Gesellschafter auf eine KapGes., die als gesell-
schaftsrechtliche Vorga¨nge und nicht als freigebige Zuwendun-
gen an die Gesellschaft zu beurteilen sind
22
.
b)
Der Annahme einer freigebigen Zuwendung der AG an R
steht somit auch entgegen, dass dieser u¨ber die GmbH 1 mittel-
barer Gesellschafter der AG war.
4.
Da das FG von einer anderen Ansicht ausgegangen ist, war
die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die
angefochtenen Schenkungsteuerbescheide und die Einspruchs-
entscheidungen sind ebenfalls aufzuheben.
Redaktioneller Hinweis:
Volltext-Urteil online: DB0583833.
8 BFH-Urteil vom 24. 8. 2011 – I R 5/10, BFH/NV 2012 S. 271; vom 31. 1.
2012 – I R 1/11, BStBl. II 2012 S. 694 = DB0470501; vom 15. 2. 2012 – I R
19/11, BFHE 236 S. 452 = DB 2012 S. 841.
9 BFH-Urteil vom 20. 8. 2008 – I R 19/07, BStBl. II 2011 S. 60 = DB 2008
S. 2336; vom 24. 8. 2011, a.a.O. (Fn. 8), Rdn. 27; vom 15. 2. 2012, a.a.O.
(Fn. 8), Rdn. 16.
10 BFH-Urteil vom 23. 10. 1985 – I R 247/81, BStBl. II 1986 S. 195 = DB 1986
S. 520.
11 BFH-Urteil vom 17. 10. 2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004 S. 171 = DB 2001
S. 2474; vom 6. 4. 2005 – I R 22/04, BStBl. II 2007 S. 658;
Wassermeyer
, in:
Kirchhof/So¨hn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rdn. C 60a, 60c.
12 BFH vom 15. 2. 2012, a.a.O. (Fn. 8), Rdn. 16.
13 BFH-Urteil vom 19. 6. 2007 – VIII R 54/05, BStBl. II 2007 S. 830 = DB 2007
S. 1954.
14 BFH vom 19. 6. 2007, a.a.O. (Fn. 13); vom 7. 11. 2007 – II R 28/06, BStBl. II
2008 S. 258 = DB 2008 S. 509, m. w. N.
15 BFH vom 19. 6. 2007, a.a.O. (Fn. 13).
16 BFH-Urteil vom 24. 8. 2011, a.a.O. (Fn. 8), Rdn. 27.
17 BFH vom 23. 10. 1985, a.a.O. (Fn. 10), unter B. II. 4.
18
Meincke
, ErbStG, Kommentar, § 7 Rdn. 74;
Go¨tz
, in: Wilms/Jochum, ErbStG, § 7
Rdn. 45;
Albrecht
, Zeitschrift fu¨r die Steuer- und Erbrechtspraxis 2003 S. 141
(148);
Crezelius
, ZEV 2008 S. 268 (273);
ders.
, ZEV 2011 S. 393 (396 f.);
Viskorf
,
ZEV 2012 S. 442 (446);
Wa¨lzholz
, ZEV 2008 S. 273 (276); a. A.
Hartmann
, in:
Gu¨rsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 7 ErbStG Rdn. 103.2.
19 Oberste Finanzbeho¨rden der La¨nder, gleichlautende Erlasse vom 14. 3. 2012
– IIID – S 3806 – 2/2010-2, BStBl. I 2012 S. 331, Abschn. 2.6.2.
20
Gebel
, in: Troll/Gebel/Ju¨licher, ErbStG, § 7 Rdn. 191 f.;
Weinmann
, in:
Moench/Weinmann, § 7 ErbStG Rdn. 190.
21
Geck
, in: Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG, Rdn. 219 f.;
Kamps
, Stbg 2006 S. 107
(113 ff.).
22 BFH-Urteil vom 17. 10. 2007 – II R 63/05, BStBl. II 2008 S. 381 = DB 2008
S. 277;
Viskorf
, ZEV 2012 S. 442 (446).
1034
Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013
1...,32,33,34,35,36,37,38,39,40,41 43,44,45,46,47,48,49,50,51,52,...84