Gewerbesteuer
Beginn der sachlichen GewSt-Pflicht bei gewerb-
lich gepra¨gten PersGes.
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2; GewStG § 2 Abs. 1
Legt eine gewerblich gepra¨gte PersGes. i. S. des § 15 Abs. 3
Nr. 2 Satz 1 EStG – im Streitfall: eine GmbH & Co. KG – einge-
zahltes Kommanditkapital verzinslich an, beteiligt sie sich
am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr und beginnt ihre
werbende Ta¨tigkeit, sodass danach erzielte Ertra¨ge gewerbe-
steuerpflichtig sind.
FG Niedersachsen, Urteil vom 23. 3. 2013 – 1 K 275/09
u
DB0591121
Die Kla¨gerin ist eine Beteiligungsgesellschaft in der Rechtsform der
GmbH & Co. KG. Sie bietet als sog. Dachfonds Investoren an, sich
durch eine Kommanditeinlage bei der Kla¨gerin an insgesamt sechs Ein-
Schiffs-KG (sog. Zielfonds) mittelbar zu beteiligen. Die Kla¨gerin setzte
fu¨r die Beteiligungserwerbe ausschließlich Eigenkapital ein, das ihr von
den Investoren als Kommanditeinlagen zur Verfu¨gung gestellt worden
war. Das eingeworbene Kommanditkapital legte die Kla¨gerin verzinslich
an. Fu¨r die Beschaffung ihres Eigenkapitals bediente sie sich mehrerer
ihrer Kommanditisten, die hierfu¨r Vermittlungsprovisionen erhielten.
Diese Provisionszahlungen fu¨hrten zu einem positiven Sonderbetriebs-
ergebnis, das zwar in der Feststellungserkla¨rung gewinnerho¨hend be-
ru¨cksichtigt wurde, nicht aber in der GewSt-Erkla¨rung. Die Kla¨gerin
war der Meinung, die Provisionen seien vor Aufnahme der werbenden
Ta¨tigkeit bzw. der Ingangsetzung des Gewerbebetriebs erzielt worden
und damit nicht gewerbesteuerbar. Auch bei gewerblich gepra¨gten
PersGes. sei auf den Beginn der werbenden Ta¨tigkeit abzustellen. Der
schlichte Beteiligungserwerb und das Halten der Anteile an den Ziel-
fonds sei insoweit unscha¨dlich. Das FA erfasste dagegen die Provisio-
nen im GewSt-Messbetragsbescheid 2006. Nach erfolglosem Ein-
spruchsverfahren erhob die Kla¨gerin Klage beim Niedersa¨chsischen FG.
AUS DEN GRU¨ NDEN
Das Niedersa¨chsische FG hatte sich zuna¨chst mit der Rechtsfra-
ge auseinanderzusetzen, wann die sachliche GewSt-Pflicht bei
einer gewerblich gepra¨gten PersGes. dem Grunde nach beginnt.
Dabei sind die Finanzrichter davon ausgegangen, dass ein Ge-
werbebetrieb grds. erst in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der
Unternehmer erstmals zu seiner gewerblichen Beta¨tigung za¨h-
lende Ta¨tigkeiten aufnimmt. Dazu sei grds. ein a¨ußerlich er-
kennbares Anbieten einer entgeltlichen Ta¨tigkeit gegenu¨ber
einem nicht abgeschlossenen Kreis von Personen erforderlich;
vorbereitende Maßnahmen auf der Beschaffungsseite reichten
regelma¨ßig nicht aus. Gleichwohl hat das FG hinsichtlich des
Beginns der sachlichen GewSt-Pflicht auf die Besonderheiten
der gewerblichen Pra¨gung abgestellt. Danach begann im Streit-
fall die GewSt-Pflicht bereits mit der ersten verzinslichen Anla-
ge des Kommanditkapitals, die gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als
Gewerbebetrieb gilt mit der weiteren Folge, dass im Ergebnis
auch die zeitlich spa¨ter vereinnahmten Provisionen als Sonder-
betriebseinnahmen der GewSt unterliegen.
Bei der U¨ berpru¨fung der Ho¨he des Gewinns hat sich das FG mit
der Frage der Rechtsqualita¨t der Aufwendungen fu¨r die Eigen-
kapitalprovisionen befasst. Die Richter entschieden, dass Aufwen-
dungen eines in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG gefu¨hr-
ten Schiffsfonds fu¨r die wirtschaftliche und steuerliche Konzepti-
on, die Platzierung des Eigenkapitals, die Gescha¨ftsbesorgung, die
Prospekterstellung, die Finanzierungsvermittlung sowie fu¨r die
Kontrolle der Mittelverwendung in der Steuerbilanz der KG in
voller Ho¨he als Anschaffungskosten des Schiffs – und nicht als Be-
triebsausgaben – zu behandeln sind, wenn sich die Kommanditis-
ten aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertrags-
werks an demFonds beteiligen
1
. Dies gelte gleichermaßen, wenn –
wie im Streitfall – die Beteiligung nur mittelbar u¨ber eine zwi-
schengeschaltete Obergesellschaft erfolge.
>
Anmerkung von RiFG Prof. Dr. Volker Kreft, Bielefeld
Mit der Entscheidung ist das Niedersa¨chsische FG auf der Linie
der bisherigen BFH-Rspr. geblieben
2
. Gewerblich gepra¨gte (ver-
mo¨gensverwaltende) PersGes., insbesondere die geschlossenen
Immobilien- und Schiffsfonds, sollten deshalb diese Rechts-
grundsa¨tze in die Gestaltungsu¨berlegungen einbeziehen. Die
Praxis muss sich darauf einstellen, dass die (sachliche) GewSt-
Pflicht einer gewerblich gepra¨gten PersGes. – unabha¨ngig von
der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr – mit
Aufnahme ihrer vermo¨gensverwaltenden Ta¨tigkeit beginnt
3
.
Zu beachten ist daru¨ber hinaus, dass sich die vergleichbare Pro-
blematik fu¨r eine GmbH im Gru¨ndungsstadium nach der BFH-
Rspr. anders darstellt. Danach lo¨st die verzinsliche Anlage des
eingezahlten Stammkapitals seitens einer „Vorgesellschaft“ man-
gels Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr die
GewSt-Pflicht noch nicht aus
4
. Die unterschiedliche steuerliche
Behandlung wird damit gerechtfertigt, dass es sich bis zur Ein-
tragung ins Handelsregister (noch) nicht um einen Gewerbe-
betrieb kraft Rechtsform i. S. des § 2 Abs. 2 GewStG handelt.
Erst mit der Eintragung setzt danach die – von der Art der Ta¨-
tigkeit unabha¨ngige – GewSt-Pflicht einer KapGes. ein.
Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt. Das Aktenzeichen
des BFH lautet: IV R 1/13. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH
seine bisherigen Rechtsgrundsa¨tze vera¨ndert. Bis zum Abschluss
dieses Verfahrens sollten entsprechende GewSt-Messbescheide
auf jeden Fall offengehalten werden.
Redaktionelle Hinweise:
Vgl. auch
Kreft
, StR kompakt DB0590303;
zur Volltext-Entscheidung online: DB0589953.
1 So bereits BFH-Urteil vom 14. 4. 2011 – IV R 8/10, BStBl. II 2011 S. 709 =
DB0422397.
2 Vgl. BFH-Urteil vom 23. 2. 2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011 S. 1354 betr. Be-
steuerung eines Immobilienfonds mit Einku¨nften aus Kapitalvermo¨gen und
aus Vermietung und Verpachtung von Grundstu¨cken.
3 Vgl. BFH-Urteil vom 20. 11. 2003 – IV R 5/02, BStBl. II 2004 S. 464 =
DB0063401.
4 BFH-Urteil vom 18. 7. 1990 – I R 98/87, BStBl. II 1990 S. 1073.
Ko¨rperschaftsteuer
Kein mehrfacher „Sockelbetrag“ von 1 Mio. €
gem. § 10d Abs. 2 EStG im mehrja¨hrigen Besteue-
rungszeitraum nach § 11 Abs. 1 KStG
Besteuerungszeitraum bei Liquidation – Steuerfestsetzung vor
Abschluss der Abwicklung – Mindestbesteuerung
KStG 2002 § 11 Abs. 1, 6 und 7; EStG 2002 § 10d Abs. 2 Satz 1
Auch im mehrja¨hrigen Besteuerungszeitraum der Abwicklung
einer KapGes. nach § 11 Abs. 1 KStG ist der sog. Sockelbetrag
der Mindestbesteuerung von 1 Mio. € (§ 10d Abs. 2 Satz 1
EStG) nur einmal und nicht mehrfach – fu¨r jedes Kalenderjahr
des verla¨ngerten Besteuerungszeitraums – anzusetzen.
BFH-Urteil vom 23. 1. 2013 – I R 35/12
u
DB0590478
Redaktionelle Hinweise:
Bearbeitete Urteilslangfassung: DB0585305;
vgl. auch
Huken
, StR kompakt DB0589222.
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013
Steuerrecht
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