InsO lediglich eine Entlassung von Ausschussmitgliedern aus
wichtigem Grund. Eine abstrakt mo¨gliche Haftung stellt dabei
keinen wichtigen Grund i. S. der Vorschrift dar, weil sich das
Ausschussmitglied bereits im Vorfeld u¨ber Haftungsrisiken, die
aus der Gla¨ubigerausschussmitgliedschaft folgen, ha¨tte informie-
ren ko¨nnen
47
. Ein Eigenantrag auf Entlassung kann aber dann
gerechtfertigt sein, wenn einem Ausschussmitglied nachweislich
die Kenntnisse fu¨r die anstehenden Aufgaben im Gla¨ubigeraus-
schuss fehlen und dies zu einer Verfahrensgefa¨hrdung fu¨hrt
48
.
Ferner kann fehlender Versicherungsschutz fu¨r die Ta¨tigkeit im
Gla¨ubigerausschuss einen Eigenantrag auf Entlassung aus dem
Aufsichtsrat rechtfertigen (vgl. hierzu im Einzelnen VI. 6.). Ein
wichtiger Grund fu¨r eine Entlassung ist schließlich dann gege-
ben, wenn ein Ausschussmitglied seine Amtspflichten verletzt
hat und ein Verbleiben im Amt die Belange der Gesamtheit der
Gla¨ubiger objektiv nachhaltig beeintra¨chtigt
49
. Ein bereits einge-
tretener Haftungstatbestand entfa¨llt auch bei Auflo¨sung des vor-
la¨ufigen Gla¨ubigerausschusses oder bei Entlassung als Aus-
schussmitglied nicht.
5. Aufrechnung mit Vergu¨tungsanspru¨chen
Eine Abwehr von Schadensersatzanspru¨chen aus § 71 i. V. mit
§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a InsO durch Aufrechnung gegen Ver-
gu¨tungsanspru¨che aus § 73 i. V. mit § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a
InsO scheidet mangels Gegenseitigkeit der Anspru¨che nach
§ 387 BGB aus. Der Schadensersatzanspruch aus § 71 InsO
steht den absonderungsberechtigten Gla¨ubigern und Insolvenz-
gla¨ubigern zu, wa¨hrend sich der Vergu¨tungsanspruch des Aus-
schussmitglieds und auch der Anspruch auf Auslagenerstattung
als Kosten des Verfahrens nach § 54 Nr. 2 InsO gegen die Mas-
se richten (§ 53 InsO)
50
.
6. Haftpflichtversicherungen
Zur Absicherung gegen Haftungsrisiken, die aus der Gla¨ubiger-
ausschussmitgliedschaft entstehen, empfiehlt sich in jedem Fall
der Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung.
Die Bedeutung einer Haftpflichtversicherung fu¨r Gla¨ubigeraus-
schussmitglieder hat auch ju¨ngst der BGH ausdru¨cklich be-
tont
51
. Da das Haftungsrisiko im Ero¨ffnungsverfahren besonders
ausgepra¨gt ist, sollten die Mitglieder des vorla¨ufigen Gla¨ubiger-
ausschusses ho¨her versichert werden als dies bei Mitgliedern des
Gla¨ubigerausschusses im ero¨ffneten Verfahren im Regelfall er-
forderlich ist. Die konkrete Ho¨he der Versicherung sollte von
der Verfahrenskomplexita¨t und der mo¨glichen Haftungsho¨he im
Einzelfall abha¨ngig gemacht werden
52
.
a) Beginn des Versicherungsschutzes und Risiko ausbleibender Pra¨-
mienzahlung
Schwierigkeiten ko¨nnen sich beim Abschluss der Versicherungs-
police ergeben: Die Mitgliedschaft im vorla¨ufigen Gla¨ubigeraus-
schuss beginnt bereits im Zeitpunkt, in dem die Bestellung
durch das Insolvenzgericht angenommen wird. Versicherungs-
schutz besteht aber erst ab dem Zeitpunkt der Zahlung der Ver-
sicherungspra¨mie. In dem Zeitpunkt, in dem der vorla¨ufige
Gla¨ubigerausschuss konstituiert wird, ist allerdings typischerwei-
se noch kein vorla¨ufiger Insolvenzverwalter bestellt (er soll ja ge-
rade vom vorla¨ufigen Gla¨ubigerausschuss mit ausgewa¨hlt wer-
den), der die Zahlung der Versicherungspra¨mie anweisen ko¨nn-
te. Eine U¨ berweisung der Versicherungspra¨mie aus der Masse
erfolgt in der Praxis daher regelma¨ßig erst nach Verwalterbestel-
lung. Bis zu diesem Zeitpunkt ko¨nnen Ausschussmitglieder aber
bereits einen Haftungstatbestand (z. B. Vorschlag eines ungeeig-
neten vorla¨ufigen Insolvenzverwalters) erfu¨llt haben. Daher wird
dringend der Abschluss einer Versicherung mit Ru¨ckwirkung
auf den Zeitpunkt der Bestellung als Mitglied im vorla¨ufigen
Gla¨ubigerausschuss empfohlen. Auch bei (geplantem) Abschluss
einer Versicherungspolice mit Ru¨ckwirkung verbleiben aber Ri-
siken fu¨r die Ausschussmitglieder, wenn es letztlich nicht zu
einer U¨ berweisung der Versicherungspra¨mie kommt. Dies kann
z. B. bei Massearmut der Fall sein. Wird nicht rechtzeitig ge-
zahlt, steht Versicherungen nach den AVB-VH regelma¨ßig ein
Ru¨cktrittsrecht zu.
Vereinzelt wird vorgeschlagen, dass Gla¨ubigerausschussmit-
glieder ihr Amt nur unter der aufschiebenden Bedingung anneh-
men sollten, dass ausreichender Versicherungsschutz besteht
53
.
Ob eine solche aufschiebende Bedingung bei der Amtsannahme
zula¨ssig ist, ist nicht abschließend gekla¨rt. In jedem Fall besteht
der Nachteil, dass das Ausschussmitglied an wichtigen Entschei-
dungen in den ersten Tagen der Bestellung des vorla¨ufigen
Gla¨ubigerausschusses nicht mitwirken kann.
Daher sollten Gla¨ubigerausschussmitglieder in Erwa¨gung zie-
hen, vor Amtsannahme selbst eine Haftpflichtversicherung ab-
zuschließen und die Versicherungspra¨mie ggf. vorzustrecken.
Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 i. V. mit § 18 InsVV analog ko¨nnen die
Auslagen als Massekosten geltend gemacht werden
54
. Anders als
beim Insolvenzverwalter sind die Kosten der Haftpflichtver-
sicherung bei Gla¨ubigerausschussmitgliedern nicht mit der Ver-
gu¨tung abgegolten (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 InsVV). Teilweise
wird gefordert, dass fu¨r die Verursachung von Massekosten die
vorherige Zustimmung des Insolvenzgerichts eingeholt werden
muss
55
. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Die Einholung
einer vorherigen Zustimmung (sofern sie bei Bestellung des
Ausschussmitglieds noch nicht vorliegt) wu¨rde den Prozess ver-
zo¨gern und ko¨nnte dazu fu¨hren, dass wichtige Anho¨rungsrechte
wie z. B. das Recht auf Anho¨rung des vorla¨ufigen Gla¨ubigeraus-
schusses zur Verwalter- oder Sachwalterbestellung gerade mit
dem Hinweis auf zeitliche Verzo¨gerungen unterlaufen werden
ko¨nnten (vgl. § 56a Abs. 3 i. V. mit § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a
InsO). Dies entspricht weder dem Ziel der Insolvenzrechts-
reform, die Gla¨ubigermitbestimmung bereits in der Fru¨hphase
der Insolvenz zu sta¨rken, noch der Betonung der besonderen Be-
deutung der Haftpflichtversicherung fu¨r Ausschussmitglieder
durch den BGH
56
. Eine Abstimmung mit dem Insolvenzgericht
kann daher allenfalls sinnvoll sein, um eine „U¨ berversicherung“
und daraus entstehende unno¨tige Kosten fu¨r die Masse zu ver-
meiden
57
. Freilich verbleibt fu¨r Ausschussmitglieder noch das
Risiko, auf einem Teil der Auslagen sitzen zu bleiben, wenn die
Masse nicht ausreicht, um die Masseverbindlichkeiten zu de-
cken. Es existiert daher keine Pflicht fu¨r Ausschussmitglieder,
die Versicherungspra¨mie vorzustrecken, zumal die Versiche-
rungspra¨mien erheblich sein ko¨nnen
58
.
47
Frind
, ZIP 2012 S. 1380 (1386).
48
Frind
, a.a.O. (Fn. 5), § 70 Rdn. 3a.
49 BGH-Beschluss vom 1. 3. 2007 – IX ZB 47/06, DB0213773 = NJW-RR 2007
S. 1059.
50
Schmid-Burgk
, a.a.O. (Fn. 4), § 71 Rdn. 20;
Eickmann
, in: Heidelberger
Komm-InsO, 2012, S. 71, Rdn. 3.
51 BGH-Beschluss vom 29. 3. 2012 – IX ZB 310/11, DB0471217 = WM 2012
S. 861 f.
52
Frind
, ZIP 2012 S. 1380 (1386);
Bank
, a.a.O. (Fn. 13), Rdn. 549.
53
Wroblewski
, AuR 2012 S. 188 (193).
54 BGH vom 29. 3. 2012, a.a.O. (Fn. 51);
Frind
, ZIP 2012 S. 1380 (1386);
Ober-
mu¨ller
, a.a.O. (Fn. 7), Rdn. 1582.
55
Frind
, ZIP 2012 S. 1380 (1386);
Uhlenbruck
, a.a.O. (Fn. 19), § 71 Rdn. 24.
56 Vgl. BT-Drucks. 17/7511 S. 33 und BGH vom 29. 3. 2012, a.a.O. (Fn. 51),
WM 2012 S. 861.
57
Keller
, NZI 2011 S. 909 (910).
(Fn. 58 auf S. 1044)
1044
Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013