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KURS
9 / 2013
PFLEGEFALL DEUTSCHLAND
Bedingt durch die demografischeAlterung und einemgestiege-
nen Gesundheitsbewusstsein entwickelt sich die Gesundheits-
wirtschaft seit Jahren zu einembedeutendenWirtschaftszweig
und Jobmotor. Auch im Markt der Pflegezusatzversicherung
sind Wachstumsbewegungen und neue Wachstumsanreize
zu verzeichnen. Denn mit der staatlich geförderten Pflege-
vorsorge seit dem 1. Januar 2013 fordert die Bundesregie-
rung die Bevölkerung auf, zusätzlich selbst zur staatlichen
Grundabsicherung vorzusorgen. Damit proklamiert sie
nicht nur die ergänzende Wirkung bei der gesetzlichen und
privaten Krankenversicherung, sondern jetzt auch bei der
kapitalgedeckten Pflegetagegeldversicherung. So erwarten
auch im vierteljährlich erhobenen Makler-Absatzbarometer
des Marktforschungsinstituts You Gov rund 40 Prozent der
Makler eine verstärkte Nachfrage beim Pflegetagegeld durch
den Pflege-Bahr.
Angesichts der Diskussionen rund um die Bürgerversiche-
rung und des damit drohenden Wegfalls von Verdienstmög-
lichkeiten in der Krankenkostenvollversicherung sollten
Vermittler die Chancen im Pflegemarkt aktiv nutzen, um
sich ein weiteres Standbein auf- und auszubauen. Denn das
Potenzial ist mit über 75 Millionen Menschen ohne privaten
Pflegeschutz enorm.
So forciert die Münchener Verein Versicherungsgruppe
bereits seit 2007 die private Pflegezusatzversicherung als
strategisches Geschäftsfeld. Mit der Konzentration auf die
qualitative Produkterweiterung des Verkaufsschlagers Deut-
sche Privat Pflege – vom Analysehaus Morgen & Morgen
mit der Höchstnote von 5 Sternen honoriert -stiegen die
Beitragseinnahmen allein im vergangenemGeschäftsjahr um
41,1 Prozent auf 13,9 Millionen Euro.
Auch in diesem Jahr bleiben wir unserer Linie treu und
haben unser flexibles Pflegetagegeld optional förderfähig
gestaltet und mit Vortei-
len wie Inflationsschutz,
Dynamik und Wartezei-
tverkürzung sowie wei-
teren Produktbausteinen
wie Todesfallabsicherung
versehen. Das führte be-
reits im ersten Halbjahr
zu einer 62-prozentigen
Produktionssteigerung.
Mit einem derzeitigen
60-prozentigen Anteil
der Pflegeergänzungs-
und Krankenzusatzversi-
cherungen am gesamten
Krankenversicherungs-Neugeschäft begegnen wir so dem
drohenden Damoklesschwert Bürgerversicherung auf einem
stabilen Fundament.
Auch wenn die zusätzliche private Vorsorge stärker ins
Bewusstsein der Bevölkerung rückt, so zeichnen sich doch
noch vieleWissenslücken zum Beispiel über die tatsächlichen
Kosten von Zahnbehandlungen oder Kostenbeteiligung der
Kinder bei pflegebedürftigen Eltern ab. Diese Informations-
lücken können zusammen mit den Vorsorgelücken in einem
individuell ausgerichteten Beratungsgespräch geschlossen
werden.
Wie ein Autokauf
Selbst wenn der Markt der privaten Zusatzversicherungen
ein Massenmarkt ist, so hat jeder Kunde seine persönlichen
Wünsche und Rahmenbedingungen, die der Vermittler bei
der Absicherung in Betracht ziehen kann. So ist der Ab-
schluss einer privaten Zusatzversicherung wie ein Autokauf
zu sehen: Der Kunde kauft beim Händler nicht „ein“ Auto,
sondern „sein“ Auto. Trotz Massenproduktion verlangt er,
dass seine individuellen Bedürfnisse berücksichtigt werden
und stellt zusammen mit dem Händler individuell Farbe,
Navi, Klimaanlage, Lederausstattung, Alufelgen usw. zu-
sammen.
Eine solche Anpassung von Standardprodukten auf persön-
liche Rahmenbedingungen des Kunden kann in der Pfle-
gevorsorge der Vermittler durch flexible Produktlösungen
erreichen, die eine individuelle Zusammenstellung einzelner
Leistungskomponenten bis hin zur Nutzung der staatlichen
Förderung ermöglichen. Da in der Regel die reinen Pflege-
Bahr-Tarife die Versorgungslücke nicht vollständig schließen
können, ist ein Upselling privater Zusatzvorsorge in den
meisten Fällen empfehlenswert.
Verbraucher profitieren bei diesen förderfähigen Kombipro-
dukten in aller Regel sogar von besserenVersicherungsbedin-
gungen und Vermittler dann von attraktiveren Provisionen,
die über dem gesetzlich limitierten Betrag der reinen Pflege-
Bahr-Angebote liegen.
Dr. Rainer Reitzler ist Vorstandsvorsitzender der
MÜNCHENER VEREIN Versicherungsgruppe
Ja, jeder
unbegrenzt
2%
55%
23%
21%
Ja, jeder jedoch nur
im Rahmen seiner
Möglichkeiten
Ja, aber nur Perso
nen mit besonders
hohem Einkommen
Nein, gar nicht
Müssen sich Kinder an den Kosten der Pflege ihrer Eltern beteiligen?
Quelle: TNS Emnid 2012, befragt wurden 504 Personen
Pflege– fast die Hälfte liegt falsch
„Durch die demografi-
sche Alterung und ein
gestiegenes Gesund-
heitsbewusstsein ent-
wickelt sich die Ge-
sundheitswirtschaft
zu einem bedeuten-
den Wirtschaftszweig
und Jobmotor.“
Dr. Rainer Reitzler