klagten auch als ta¨terschaftliches Handeln zugerechnet werden
ko¨nnen. Sie stellt sich, weil es sich bei dem Tatbestand des
Bankrotts nach § 283 StGB um ein Sonderdelikt des Schuld-
ners handelt; ist der Schuldner – wie hier – eine juristische
Person, die nur durch ihre Organe/Vertreter handeln kann, so
ist die Zurechnung der Schuldnereigenschaft u¨ber § 14 StGB
vorzunehmen
5
. Im Ergebnis gefa¨hrden die fehlenden Ausfu¨h-
rungen dazu den Bestand des angefochtenen Urteils aber
nicht.
18
I
aa)
Die Einhaltung der außerstrafrechtlichen Aufbewah-
rungspflicht, deren Verletzung die Strafbarkeit nach § 283
Abs. 1 Nr. 6 StGB begru¨ndet, hatten bei den Gesellschaften de-
ren Organe bzw. Vertretungsberechtigte zu gewa¨hrleisten
6
, also
der Angeklagte M. als faktischer und der Angeklagte B. in den
ihn betreffenden Fa¨llen als eingetragener Gescha¨ftsfu¨hrer.
19
I
bb)
Die den Tatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB be-
gru¨ndenden Tathandlungen begingen die Angeklagten nur
zum Teil selbst, indem sie die Gescha¨ftsanteile vera¨ußerten.
Dies allein begru¨ndet die Strafbarkeit – jedenfalls wegen voll-
endeten Bankrotts – indes noch nicht, weil der formelle Akt
der Anteilsu¨bertragung fu¨r sich betrachtet – auch im Zusam-
menhang mit dem Ziel der „Firmenbestattung“ – kein voll-
endetes Verschleiern der gescha¨ftlichen Verha¨ltnisse darstellt
7
.
Erst im Zusammenhang mit den weiteren Handlungen der
Strohma¨nner, die sich nach dem Erwerb der Anteile selbst zu
Gescha¨ftsfu¨hrern einsetzten und – wenn auch auf Weisung
des eingeschalteten Firmenbestatters – die Gesellschaften an
im Ausland lebende weitere Strohma¨nner vera¨ußerten und
z. T. auch umfirmierten, wurden die Gla¨ubiger im oben dar-
gelegten Sinne u¨ber die gescha¨ftlichen Verha¨ltnisse der Unter-
nehmen in die Irre gefu¨hrt. Diese Handlungen ko¨nnen den
Angeklagten jedoch nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet wer-
den. Insoweit gilt:
Taugliche Ta¨ter des Bankrotts als faktische Gescha¨ftsfu¨hrer
20
I
Die Angeklagten blieben auch nach den jeweiligen Anteils-
vera¨ußerungen und den Bestellungen der Strohma¨nner zu Ge-
scha¨ftsfu¨hrern der Gesellschaften nach § 14 StGB taugliche Ta¨-
ter des Bankrotts nach § 283 StGB.
21
I
Nach einer in der Literatur und insbesondere in der instanz-
gerichtlichen Rechtsprechung im Vordringen befindlichen Auf-
fassung soll dies schon daraus folgen, dass sowohl die Anteils-
u¨bertragung als auch sa¨mtliche Gesellschafterbeschlu¨sse, mit de-
nen der fru¨here Gescha¨ftsfu¨hrer abberufen und der neue bestellt,
die Firma gea¨ndert oder ihr Sitz verlegt wird, wegen der damit
verbundenen und intendierten Gla¨ubigerbenachteiligung sitten-
widrig i. S. von § 138 Abs. 1 BGB und deshalb – mit Blick auf
die Gesellschafterbeschlu¨sse in entsprechender Anwendung von
§ 241 Nr. 4 AktG – nichtig sind
8
.
22
I
Die Frage kann hier aufgrund der Besonderheiten des Falles
indes offenbleiben: Der Angeklagte M. war – zum maßgeb-
lichen Zeitpunkt – in keinem Fall eingetragener Gescha¨ftsfu¨hrer
der von ihm faktisch beherrschten Gesellschaften, sodass die
Frage einer Wirksamkeit der Gesellschafterbeschlu¨sse seine
Strafbarkeit nicht beru¨hrt. Er war vielmehr vor den jeweiligen
Anteilsvera¨ußerungen faktischer Gescha¨ftsfu¨hrer der Gesell-
schaften und blieb dies auch u¨ber diesen Zeitpunkt hinaus bzw.
u¨bernahm die Stellung eines faktischen Liquidators
9
, indem er
die Gesellschaften abwickelte. Der Angeklagte B. war zwar in
beiden ihn betreffenden Fa¨llen eingetragener Gescha¨ftsfu¨hrer
der Gesellschaften; auf die zivilrechtliche Wirksamkeit seiner
Abberufung kommt es aber ebenfalls nicht an, weil auch er – in
einem Fall im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem Ange-
klagten M. – diese Gesellschaften nach der Anteilsvera¨ußerung
faktisch weiter liquidierte.
Zurechnung des besonderen perso¨nlichen Merkmals der Schuld-
nereigenschaft
23
I
Daher kann beiden Angeklagten u¨ber § 14 Abs. 1 Nr. 1
StGB das besondere perso¨nliche Merkmal der Schuldnereigen-
schaft nach der neueren Rechtsprechung des BGH zugerechnet
werden. Sie wurden in ihrer Eigenschaft als (faktisches) Organ
im Gescha¨ftskreis der Gesellschaften ta¨tig: Soweit sie rechts-
gescha¨ftlich handelten, etwa bei der weiteren Verwendung der
Tankkarten, zeigt sich ihr organschaftliches Handeln daran,
dass die Rechtsfolgen – jedenfalls nach den Grundsa¨tzen der
Anscheinsvollmacht – im Außenverha¨ltnis unmittelbar die Ge-
sellschaften trafen. Im U¨ brigen – etwa bei den Barabhebungen
von den Gescha¨ftskonten – handelten die Angeklagten mit Zu-
stimmung der (neuen) Gesellschafter/Gescha¨ftsfu¨hrer, denn
wesentlicher Bestandteil der Abrede zur Firmenbestattung war
gerade, dass diese die Gesellschaften nicht fortfu¨hren wollten
und den Angeklagten bei deren Abwicklung freie Hand lie-
ßen
10
.
Zurechnung der Beitra¨ge zur Tatbestandsverwirklichung durch
neu eingesetzte Strohma¨nner
24
I
Die jeweils neu eingesetzten Gescha¨ftsfu¨hrer wiesen eben-
falls gem. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB die erforderliche Schuldner-
eigenschaft auf, sodass sie taugliche Mitta¨ter des Bankrotts wa-
ren und ihre ta¨terschaftlich begangenen Beitra¨ge zur Tat-
bestandverwirklichung den Angeklagten gem. § 25 Abs. 2 StGB
zugerechnet werden ko¨nnen. Sie handelten als Vertretungs-
berechtigte der Gesellschaft, denn ohne ihre besondere Organ-
stellung als Gescha¨ftsfu¨hrer wa¨ren ihnen Handlungen wie Um-
firmierung oder Sitzverlegung nicht mo¨glich gewesen
11
. Auch
insoweit kommt es auf die zivilrechtliche Wirksamkeit insbeson-
dere ihrer Gescha¨ftsfu¨hrerbestellungen nicht an, denn im Falle
der Unwirksamkeit wa¨re § 14 Abs. 1 StGB gleichwohl anzu-
wenden (§ 14 Abs. 3 StGB). Es kann deshalb offenbleiben, ob
ihre Handlungen den Angeklagten nicht auch dann zugerechnet
werden ko¨nnten, wenn die „Strohgescha¨ftsfu¨hrer“ selbst sich nur
wegen Beihilfe zum Bankrott strafbar gemacht ha¨tten, weil in
ihrer Person das besondere perso¨nliche Merkmal der Schuldner-
eigenschaft nicht vorlag.
5 BGH-Beschluss vom 10. 2. 2009 – 3 StR 372/08, DB 2009 S. 2032 = NJW
2009 S. 2225 (2226), m. w. N.; zu den Zurechnungskriterien nach Aufgabe
der Interessentheorie durch die Rechtsprechung des BGH vgl. BGH-Be-
schluss vom 15. 5. 2012 – 3 StR 118/11, NJW 2012 S. 2366 (2368 f.), zur
Vero¨ffentlichung in BGHSt bestimmt.
6 Vgl. BGH vom 15. 5. 2012, a.a.O. (Fn. 5), NJW 2012 S. 2366 (2369).
7
Brand/Reschke
, ZIP 2010 S. 2134 (2135 f.);
Ku¨mmel
, wistra 2012 S. 165
(168).
8
Kilper
, Unternehmensabwicklung außerhalb des gesetzlichen Insolvenz- und
Liquidationsverfahrens in der GmbH, 2009, S. 371;
Ku¨mmel
, wistra 2012
S. 165 (167); AG Memmingen, Beschluss vom 2. 12. 2003 – HRB 8361,
GmbHR 2004 S. 952, m. zust. Anm.
Wachter
, GmbHR 2004 S. 955 und
Ries
,
Rpfleger 2004 S. 226; LG Potsdam, Beschluss vom 17. 9. 2004 – 25 Qs
11/04, wistra 2005 S. 193 (195 f.), m. w. N.; fu¨r Sittenwidrigkeit nach § 138
BGB auch
Kleindiek
, ZGR 2007 S. 276 (291), m. w. N.; vgl. auch BGH vom
24. 3. 2009, a.a.O. (Fn. 2); offengelassen von BGH-Beschluss vom 30. 7.
2003 – 5 StR 221/03, DB0207125, BGHR StGB § 266a Abs. 1 Vorsatz 2, inso-
weit in BGHSt 48 S. 307 nicht abgedruckt; a. A.
Brand/Reschke
, ZIP 2010 S.
2134 (2136 f.), m. w. N.
9 Vgl. dazu BGH-Beschluss vom 20. 9. 1999 – 5 StR 729/98, NStZ 2000 S. 34
(36);
Tiedemann
, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 82 Rdn. 46.
10 Vgl. BGH vom 15. 5. 2012, a.a.O. (Fn. 5).
11 Vgl. BGH vom 15. 5. 2012, a.a.O. (Fn. 5).
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013
Wirtschaftsrecht
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