kommt es grundsa¨tzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche
Wu¨rdigung an. Vielmehr genu¨gt aus Gru¨nden der Rechtssicher-
heit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatz-
anspruch begru¨ndenden tatsa¨chlichen Umsta¨nde
12
. Es kommt
auch nicht darauf an, dass der Gescha¨digte die Rechtswidrigkeit
des Geschehens, das Verschulden des Scha¨digers und den in Be-
tracht kommenden Kausalverlauf richtig einscha¨tzt
13
.
Kenntnis derjenigen tatsa¨chlichen Umsta¨nde ausreichend, aus
denen sich die Aufkla¨rungspflicht ergibt
28
I
In Fa¨llen des Schadensersatzes wegen unzureichender Auf-
kla¨rung muss der Gescha¨digte insbesondere nicht die Rechts-
pflicht des Scha¨digers zur Aufkla¨rung kennen. Auch insoweit
genu¨gt vielmehr die Kenntnis derjenigen tatsa¨chlichen Umsta¨n-
de, aus denen sich die Aufkla¨rungspflicht ergibt
14
.
Kenntnis des Anlegers von der konkreten Ho¨he der verschwie-
genen Ru¨ckvergu¨tung nicht erforderlich
29
I
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfordert
der Verja¨hrungsbeginn des Schadensersatzanspruchs wegen ver-
schwiegener Ru¨ckvergu¨tung auch nicht die Kenntnis des Anle-
gers von deren konkreter Ho¨he. Die beratende Bank muss den
Anleger zwar u¨ber Grund und Ho¨he einer Ru¨ckvergu¨tung unge-
fragt aufkla¨ren, sodass die unterlassene Mitteilung u¨ber die Ho¨-
he der Ru¨ckvergu¨tung ein anspruchsbegru¨ndender Umstand ist.
Von diesem Umstand hat ein Anleger aber denknotwendig be-
reits dann positive Kenntnis, wenn er weiß, dass die ihn beraten-
de Bank Provisionen fu¨r das von ihm geta¨tigte Anlagegescha¨ft
erha¨lt, deren Ho¨he ihm die Bank nicht mitteilt
15
.
30
I
Die fehlende Kenntnis des Anlegers von der Ho¨he der
Ru¨ckvergu¨tung steht allenfalls in solchen Fa¨llen dem Verja¨h-
rungsbeginn entgegen, in denen die beratende Bank konkrete,
jedoch fehlerhafte Angaben zur Ho¨he der Ru¨ckvergu¨tung
macht
16
. Denn in diesen Fa¨llen meint der Anleger, u¨ber die Ho¨-
he der Ru¨ckvergu¨tung pflichtgema¨ß aufgekla¨rt worden zu sein,
weshalb es an der Kenntnis der tatsa¨chlichen Umsta¨nde fehlt,
aus denen sich die Verletzung der Aufkla¨rungspflicht durch die
beratende Bank ergibt.
Subjektive Voraussetzungen des Verja¨hrungsbeginns gem.
§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB waren bereits bei Zeichnung der Betei-
ligung erfu¨llt
31
I
bb)
Nach diesen Grundsa¨tzen waren hier nicht nur die ob-
jektiven, sondern – was das Berufungsgericht verkannt hat und
die Revision zu Recht ru¨gt – auch die subjektiven Voraussetzun-
gen des Verja¨hrungsbeginns gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB be-
reits bei Zeichnung der Beteiligung an V 3 am 15. 9. 2003 er-
fu¨llt. Insbesondere ist davon auszugehen, dass der Kla¨ger bereits
bei Zeichnung der Fondsbeteiligung wusste, dass die Beklagte
fu¨r deren Vermittlung eine Ru¨ckvergu¨tung in Form eines An-
teils am Agio erhielt.
32
I
(1)
Die Feststellung, ob und wann der Gla¨ubiger Kenntnis
von bestimmten Umsta¨nden hatte oder ob seine Unkenntnis auf
grober Fahrla¨ssigkeit beruhte, unterliegt als Ergebnis tatrichterli-
cher Wu¨rdigung zwar nur einer eingeschra¨nkten U¨ berpru¨fung
durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend,
widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfah-
rungssa¨tze gewu¨rdigt worden ist, und ob der Tatrichter den Be-
griff der groben Fahrla¨ssigkeit verkannt oder bei der Beurteilung
des Grades der Fahrla¨ssigkeit wesentliche Umsta¨nde außer Be-
tracht gelassen hat
17
. Ein solcher Fehler liegt hier jedoch vor.
33
I
(2)
Wie die Revision zu Recht geltend macht, hat das Be-
rufungsgericht die protokollierten Angaben des Kla¨gers im
Rahmen seiner erstinstanzlichen Anho¨rung zu der Frage, ob er
bei Zeichnung der Fondsbeteiligung bereits davon wusste, dass
die Beklagte fu¨r deren Vermittlung eine Ru¨ckvergu¨tung in
Form eines Anteils am Agio erhielt, nicht ausreichend gewu¨r-
digt. Anders als das Berufungsgericht ausfu¨hrt, hat der Kla¨ger
nicht nur „angenommen“ oder sich nur „gedacht“ – also nicht
gewusst –, dass die Beklagte einen Teil des Agios erha¨lt. Er hat
vielmehr ausdru¨cklich erkla¨rt: „Dass da ein Agio von 5% be-
rechnet wurde, das war mir damals bekannt gewesen. Dass die
Commerzbank an diesem Agio beteiligt wu¨rde, das war mir da-
mals auch bekannt.“ Aus diesen – vom Berufungsgericht nicht
beru¨cksichtigten – Einlassungen ergibt sich, dass der Kla¨ger im
Zeitpunkt der Zeichnung seiner Beteiligung positive Kenntnis
davon hatte, dass die Beklagte an dem von ihm zu entrichten-
den Agio beteiligt wird. Seine durch die spa¨tere Einschra¨nkung
(„Ich dachte damals, dass die Bank . . . vielleicht 2 bis 3% von
den 5% Agio bekommt“) zum Ausdruck gebrachte Vermutung
bezog sich demgegenu¨ber nur auf die Ho¨he dieser Ru¨ckver-
gu¨tung.
Keine Hemmung der Verja¨hrung durch die eingereichte Klage
34
I
c)
Da der Anspruch des Kla¨gers somit bereits im Jahre 2003
entstanden ist und der Kla¨ger zu diesem Zeitpunkt auch Kennt-
nis von den seinen Anspruch begru¨ndenden Umsta¨nden hatte,
ist die dreija¨hrige Verja¨hrungsfrist des § 195 BGB ab dem 1. 1.
2004 zu berechnen (§ 199 Abs. 1 BGB); sie lief mithin zum
Schluss des Jahres 2006 ab. Die am 30. 6. 2008 eingereichte Kla-
ge konnte die Verja¨hrung nicht mehr gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1
BGB hemmen.
35
I
III.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist,
ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Beru-
fungsgericht zuru¨ckzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Da-
bei wird sich das Berufungsgericht mit den vom Kla¨ger behaup-
teten weiteren Aufkla¨rungspflichtverletzungen durch unrichtige
Angaben der Anlageberater der Beklagten u¨ber den durch Kapi-
talgarantien verschiedener Banken sichergestellten 100%igen
Geldru¨ckfluss auseinanderzusetzen haben
18
.
12 St. Rspr., BGH-Urteil vom 11. 1. 2007 – III ZR 302/05, BGHZ 170 S. 260 =
DB 2007 S. 458, Rdn. 28 und vom 19. 3. 2008 – III ZR 22/07, WM 2008
S. 1077, Rdn. 7; Senat vom 3. 6. 2008 – XI ZR 319/06, DB0295365 = WM
2008 S. 1346, Rdn. 27.
13 BGH-Urteil vom 25. 2. 1999 – IX ZR 30/98, DB0050734 = WM 1999 S. 974
(975) und vom 3. 3. 2005 – III ZR 353/04, DB0109858 = WM 2005 S. 1328
(1331).
14 Senatsurteil vom 29. 1. 2002 – XI ZR 86/01, DB 2002 S. 992 = WM 2002
S. 557 (558); vom 28. 5. 2002 – XI ZR 150/01, DB 2002 S. 1497 = WM 2002
S. 1445 (1447) und vom 3. 6. 2008, a.a.O. (Fn. 12), Rdn. 27; BGH vom 2. 4.
1998 – III ZR 309/96, BGHZ 138 S. 247 (252); vom 14. 3. 2002 – III ZR
302/00, BGHZ 150 S. 172 (186) = DB0047561 und vom 11. 1. 2007 – III ZR
302/05, BGHZ 170 S. 260 = DB 2007 S. 458, Rdn. 28.
15 OLG Du¨sseldorf, Beschluss vom 9. 12. 2010 – 6 U 30/10, juris, Rdn. 34 f.,
rkr. durch BGH vom 26. 1. 2012 – III ZR 8/11; vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil
vom 9. 8. 2011 – 17 U 4/11, WM 2012 S. 2245 (2247), rkr. durch Senats-
beschluss vom 3. 4. 2012 – XI ZR 383/11 und OLG Karlsruhe, Urteil vom
7. 6. 2011 – 17 U 65/09, BeckRS 2012, 24831, rkr. durch Senatsbeschluss
vom 19. 6. 2012 – XI ZR 300/11;
U. Scha¨fer
, in: Scha¨fer/Sethe/Lang, Hand-
buch der Vermo¨gensverwaltung, § 21 Rdn. 60, a. E.
16 OLG Du¨sseldorf vom 9. 12. 2010, a.a.O. (Fn. 15), Rdn. 36;
U. Scha¨fer
, a.a.O.
(Fn. 15), § 21 Rdn. 60 a. E.
17 Senatsurteil vom 15. 6. 2010 – XI ZR 309/09, DB0361657 = WM 2010
S. 1399, Rdn. 13 und vom 23. 9. 2008 – XI ZR 262/07, DB0304331 = WM
2008 S. 2155, Rdn. 17, jew. m. w. N.
18 Vgl. Senat vom 19. 7. 2011, a.a.O. (Fn. 6), Rdn. 13 ff.; vgl. auch
Henning
,
WM 2012 S. 153.
1052
Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 19 | 10. 5. 2013
1...,50,51,52,53,54,55,56,57,58,59 61,62,63,64,65,66,67,68,69,70,...84