mark-to-market-Bewertung verhindern
80
sowie Kriterien fu¨r
eine Bewertung nach Modellpreisen
81
.
ee) Sicherheitenstellung, insbesondere: Gruppenprivileg
Als weitere Maßnahme zur Risikominderung mu¨ssen nicht-
finanzielle Gegenparteien u¨ber der Clearingschwelle u¨ber Risi-
komanagementverfahren verfu¨gen, die einen rechtzeitigen und
angemessenen Austausch von Sicherheiten in Bezug auf OTC-
Derivatekontrakte vorschreiben, die am oder nach dem Tag ab-
geschlossen wurden, an dem die Clearingschwelle u¨berschritten
wurde; dabei mu¨ssen Sicherheiten angemessen von eigenen Ver-
mo¨genswerten getrennt sein (Art. 11 Abs. 3 Satz 2 EMIR). Art
und Umfang der Sicherheiten sind noch in RTS festzulegen
82
.
Maßgebliche Bedeutung erlangt in diesem Zusammenhang
der Begriff der sog. gruppeninternen Gescha¨fte. Nichtfinanzielle
Gegenparteien ko¨nnen in dieser Situation unter den in Art. 11
EMIR na¨her bestimmten Voraussetzungen von einer Sicherhei-
tenstellung absehen. Ob und in welcher Konstellation ein grup-
peninternes Gescha¨ft vorliegt, ha¨ngt i. S. des fu¨r nichtfinanzielle
Gegenparteien anwendbaren Art. 3 Abs. 1 EMIR zuna¨chst da-
von ab,
– ob die Gegenpartei ebenfalls als nichtfinanzielle Gegenpartei
einzuordnen ist,
– ob beide Gegenparteien in dieselbe Vollkonsolidierung ein-
bezogen sind,
– wo die Parteien ansa¨ssig sind (EU oder Drittstaat), und
– ob geeignete zentralisierte Risikobewertungs-, -mess- und
-kontrollverfahren etabliert wurden.
Die vorstehenden Voraussetzungen fordern mithin eine genaue
Analyse der Konzern- bzw. Gruppenstruktur, zumal Gruppen-
ausnahmen fu¨r die Frage der Befreiung von der Besicherungs-
pflicht einer beho¨rdlichen Entscheidung bedu¨rfen
83
. Der genaue
Inhalt der Antra¨ge oder Mitteilungen an die zusta¨ndige Beho¨rde
wird ebenfalls im Verordnungsweg geregelt
84
. So sind u. a. de-
taillierte Informationen zur Konzern- bzw. Gruppenstruktur, zu
Art und (erwarteter) Ho¨he der Derivategescha¨fte sowie Risiko-
managementdokumentationen, historische Gescha¨ftsverla¨ufe
und Kopien der relevanten Vertra¨ge, die zwischen den einzelnen
Konzerneinheiten geschlossen wurden, ggf. einschließlich etwai-
ger Rechtsgutachten vorzulegen.
Daneben mu¨ssen nichtfinanzielle Gegenparteien durch geeig-
nete vertragliche und organisatorische Maßnahmen sicherstellen,
dass ein tatsa¨chliches oder rechtliches Hindernis der unverzu¨g-
lichen U¨ bertragung von Eigenmitteln oder der Ru¨ckzahlung von
Verbindlichkeiten zwischen den Gegenparteien weder vorhan-
den noch abzusehen ist (vgl. z. B. Art. 11 Abs. 5 EMIR). Bei
der Vertragsgestaltung wird es neben der Erfu¨llung der EMIR-
spezifischen Risikomanagementpflichten entscheidend darauf
ankommen, gesellschaftsrechtliche Aspekte gleich mit zu be-
ru¨cksichtigen. Zu denken ist etwa an den Abschluss geeigneter
Cash-Pool-Vereinbarungen, u. a. um Versto¨ße gegen Stamm-
kapitalerhaltungsvorschriften zu vermeiden
85
.
Gruppenausnahmen und Hedgingausnahmen folgen jeweils
eigenen Regeln. Gruppenausnahmen sind daher von der Berech-
nung der Clearingschwelle grundsa¨tzlich nicht ausgenommen
86
.
Auch in Bezug auf das konzerninterne Gescha¨ft muss daher je-
weils gesondert die „Hedging“-Eigenschaft gepru¨ft werden.
ff) Streitbeilegung
Streitigkeiten zwischen finanziellen und nichtfinanziellen Ge-
genparteien sollen zeitnah (nach Vorstellung des Gesetzgebers
wohl i. d. R. innerhalb von fu¨nf Gescha¨ftstagen) ausgera¨umt
werden
87
. Hierzu sollen vor Abschluss eines OTC-Derivatekon-
trakts „detaillierte Verfahren und Prozesse“ in Bezug auf die
Feststellung, Aufzeichnung und U¨ berwachung von Streitigkei-
ten im Zusammenhang mit der Anerkennung und Bewertung
des Kontrakts und dem Austausch von Sicherheiten vereinbart
werden
88
. Ob insoweit z. B. der in Nr. 6 (insbes. Abs. 5) des Be-
sicherungsanhangs zum Rahmenvertrag fu¨r Finanztermin-
gescha¨fte beschriebene Neubewertungsmechanismus bei Wider-
spruch einer Gegenpartei die vorgenannte Pflicht bereits voll-
sta¨ndig erfu¨llen kann, wird zumindest fu¨r Unternehmen mit er-
heblichem Derivategescha¨ft zu bezweifeln sein. Hier werden zu-
sa¨tzliche operationelle Prozesse zu etablieren (und zu dokumen-
tieren) sein.
Die Pflicht, Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf einen
la¨ngere Zeit ausstehenden OTC-Derivatekontrakt von erhebli-
cher wirtschaftlicher Bedeutung der Aufsichtsbeho¨rde zu mel-
den, betrifft nur finanzielle Gegenparteien
89
; sie ist daher fu¨r von
EMIR erfasste Unternehmen irrelevant.
gg) Inkrafttreten der Risikominderungspflichten
Die Pflicht zur rechtzeitigen Besta¨tigung von nicht zentral clea-
ringpflichtigen OTC-Derivatekontrakten besteht grundsa¨tzlich
seit 15. 3. 2013
90
, wobei insoweit die in Art. 12 VO (EU)
Nr. 149/2013 genannten Fristen zu beachten sind.
Die Pflicht, Portfolios abzugleichen und ggf. zu komprimie-
ren sowie Streitbeilegungsmechanismen vorzuhalten und zu ver-
einbaren, ist sechs Monate spa¨ter einzuhalten
91
, also ab 15. 9.
2013.
Die Frage, ab wann die in Art. 11 Abs. 3 EMIR genannte
Pflicht zum rechtzeitigen und angemessenen Sicherheitenaus-
tausch gilt, bereitet jedoch weiter Unsicherheit. Die Kommission
hatte in einem Schreiben vom 28. 8. 2012 verdeutlicht, dass sie
von einem Inkrafttreten ab 16. 8. 2012, also ab Inkrafttreten der
EMIR selbst, ausgeht, soweit die aus Art. 11 Abs. 3 EMIR di-
rekt ableitbaren Pflichten hinreichend „klar und pra¨zise“ seien
92
.
Es stehe indessen bis zum Inkrafttreten der noch zu verabschie-
denden RTS im freien Ermessen der Betroffenen, welche Re-
geln sie insoweit anwendeten. Betroffene Unternehmen der Re-
alwirtschaft sollten daher bis auf Weiteres wenigstens dokumen-
tieren ko¨nnen, dass sie Maßnahmen eingeleitet haben, die der
Umsetzung dieser – in Art. 11 Abs. 3 EMIR allenfalls ansatz-
weise enthaltenen – Rahmenvorgabe dienen.
Der Aufsatz wird in DB Heft Nr. 17 fortgesetzt.
80 Vgl. Art. 16 VO (EU) Nr. 149/2013: Inaktiver Markt oder hohe Bandbreite
plausibler Zeitwertscha¨tzungen, die nicht hinreichend bewertet werden ko¨n-
nen.
81 Vgl. Art. 17 VO (EU) Nr. 149/2013: u. a. muss das Bewertungsmodell ord-
nungsgema¨ß dokumentiert und vom Leitungsorgan mindestens einmal pro
Jahr genehmigt werden.
82 Vgl. Fn. 29; die geplanten Anforderungen an die Sicherheitsleistungen wur-
den zuletzt zur Verbesserung der Liquidita¨tsversorgung abgeschwa¨cht, in-
dem Ersteinschusszahlungen (sog. Initial Margin) erst nach U¨ berschreiten
eines Nettoausfallrisikos von 50 Mio. € und erst nach einer vierja¨hrigen An-
laufphase ab 2015 geleistet werden sollen.
83 Vgl. z. B. Art. 11 Abs. 6 EMIR.
84 Vgl. Art. 18 VO (EU) Nr. 149/2013.
85 Vgl.
Ekkenga
, ZIP 2010 S. 2469.
86 Eine Anrechnung wird aber insbesondere im Fall des sog. Portfolio-Hedging
(dazu 2. 2. (b) (i) (B) (3) oben) regelma¨ßig mo¨glich sein.
87 Vgl. Art. 15 Abs. 1 b) VO (EU) Nr. 149/2013.
88 Vgl. Art. 15 Abs. 1 a) VO (EU) Nr. 149/2013.
89 Vgl. Art. 15 Abs. 2 VO (EU) Nr. 149/2013.
90 Die VO (EU) Nr. 149/2013 tritt grundsa¨tzlich am zwanzigsten Tag nach ihrer
Vero¨ffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft (Art. 21).
91 Vgl. Art. 21 Satz 2 VO (EU) Nr. 149/2013.
92 Vgl. Schreiben der EU-Kommission vom 28. 8. 2013 sowie
dies.,
a.a.O.
(Fn. 39), Ziff. I. 6.
DER BETRIEB | Nr. 16 | 19. 4. 2013
Wirtschaftsrecht
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