28
I
Nach § 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG in der bis zum 14. 12.
2004 geltenden Fassung i. V. mit Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 10,
§ 6 Abs. 3 EGBGB unterliegen die von dem Kla¨ger geltend ge-
machten Anspru¨che aus § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 GmbHG a. F.
im Grundsatz der fu¨nfja¨hrigen Verja¨hrung ab Zahlung mit der
Folge, dass Anspru¨che bereits bei Einreichung des Prozesskos-
tenhilfegesuchs im Jahr 2006 – dem fru¨hesten in Betracht kom-
menden Hemmungstatbestand – verja¨hrt waren. Bei bo¨slicher
Handlungsweise des Verpflichteten gilt hingegen eine Verja¨h-
rungsfrist von zehn Jahren, beginnend mit Ablauf des Tages, an
welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, ge-
leistet wurde (§ 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG n. F. i. V. mit
Art. 229 § 12 Abs. 1 Nr. 10, Abs. 2 Satz 1 EGBGB). In diesem
Fall wa¨re ein Anspruch wegen einer im Jahr 2000 erbrachten
Zahlung noch nicht verja¨hrt, weil die Verja¨hrung vor ihrem Ein-
tritt im November 2010 gehemmt wurde, spa¨testens als der Kla¨-
ger mit seinem Schriftsatz vom 19. 5. 2008 den Hilfsantrag auf
Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4.891.836,57 € an-
ku¨ndigte und ihn (auch) mit einer Verletzung der kapitalersatz-
rechtlichen Bindung begru¨ndete (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
Vorliegen einer bo¨slichen Handlungsweise, wenn Gesellschafter
Zahlung in Kenntnis ihrer Unzula¨ssigkeit annimmt
29
I
b)
Eine bo¨sliche Handlungsweise der Beklagten kann derzeit
nicht ausgeschlossen werden. Es ist bereits nicht erkennbar, ob
das Berufungsgericht den richtigen Pru¨fungsmaßstab angelegt
hat. Eine bo¨sliche Handlungsweise i. S. von § 31 Abs. 5 Satz 2
GmbHG a. F. liegt vor, wenn der Gesellschafter die Zahlung
der Gesellschaft in Kenntnis ihrer Unzula¨ssigkeit entgegen-
nimmt. Dies setzt bei der Ru¨ckzahlung eines Gesellschafterdar-
lehens voraus, dass der Gesellschafter die Tatsachen kennt, aus
denen sich die Qualifizierung des Darlehens als funktionales
Eigenkapital ergibt. Daru¨ber hinaus muss er wissen, dass bereits
eine U¨ berschuldung oder eine Unterbilanz besteht oder dass in-
folge der Auszahlung das zur Deckung des Stammkapitals erfor-
derliche Vermo¨gen nunmehr angegriffen wird
17
. Das Berufungs-
gericht verweist demgegenu¨ber lediglich auf die Begru¨ndung des
LG, eine bo¨sliche Handlungsweise falle den Beklagten im Hin-
blick auf die Ausfu¨hrungen zu den subjektiven Merkmalen von
Anspru¨chen insbesondere aus § 143 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO,
§ 826 BGB nicht zur Last. Diese subjektiven Merkmale unter-
scheiden sich von den Voraussetzungen einer bo¨slichen Hand-
lungsweise. Daru¨ber hinaus sind die Feststellungen des Beru-
fungsgerichts zu den subjektiven Merkmalen der vorgenannten
Anspru¨che nicht ohne Rechtsfehler (vgl. oben II. 1. a) und II. 2.
b)). Auch deshalb vermo¨gen sie nicht die Auffassung zu tragen,
eine bo¨swillige Handlungsweise liege nicht vor.
Zuru¨ckverweisung an das OLG
30
I
III.
Die Sache ist nach dem festgestellten Sachverha¨ltnis
nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht hat zu
den Voraussetzungen der Haftung wegen existenzvernichtenden
Eingriffs (§ 826 BGB) und eines Verstoßes gegen die kapital-
ersatzrechtliche Bindung (§ 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 GmbHG
a. F. direkt oder analog) keine ausreichenden Feststellungen ge-
troffen. Das Gleiche gilt fu¨r die Voraussetzungen der Verja¨hrung
dieser Anspru¨che. Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben
(§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zu-
ru¨ckzuverweisen (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO).
17 BGH-Urteil vom 23. 6. 1997 – II ZR 220/95, BGHZ 136 S. 125 (131) = DB
1997 S. 1706, m. w. N.; vom 29. 9. 2008 – II ZR 234/07, DB 2008 S. 2584 =
WM 2008 S. 2215, Rdn. 23.
Kapitalanlage
Zur Geltendmachung von Anspru¨chen der Anleger
gegen den Mittelverwendungskontrolleur einer
Anlagegesellschaft
Ersatzanspru¨che der Anleger aus Verletzung des Mittelverwen-
dungskontrollvertrages – Anlagegesellschaft kann nur Zahlung
an die Anleger verlangen – Schadensumfang gem. § 249 BGB:
Differenz zwischen dem hypothetischen Wert und dem tatsa¨ch-
lichen Wert der Kommanditbeteiligung – Kein Einziehungsrecht
des Insolvenzverwalters der Anlagegesellschaft gema¨ß oder
analog § 92 InsO
BGB §§ 328, 335, 675 Abs. 1; InsO § 92 Satz 1
a) Zu Inhalt und Umfang des Forderungsrechts einer Anlagege-
sellschaft als Versprechensempfa¨nger gem. § 335 BGB, die
einen Mittelverwendungskontrolleur auf Schadensersatz we-
gen Verletzung des zugunsten von Anlegern geschlossenen
Mittelverwendungskontrollvertrags in Anspruch nimmt.
b) Schadensersatzanspru¨che der Gesellschafter einer insolven-
ten Anlagegesellschaft gegen einen Mittelverwendungskon-
trolleur ko¨nnen vom Insolvenzverwalter der Anlagegesell-
schaft nicht gem. § 92 Satz 1 InsO als Gesamtschaden gel-
tend gemacht werden.
BGH-Urteil vom 21. 3. 2013 – III ZR 260/11
u
DB0588160
Der Kla¨ger ist Insolvenzverwalter u¨ber das Vermo¨gen der E. AG & Co.
KG (Schuldnerin), u¨ber deren Vermo¨gen im Februar 2007 das Insol-
venzverfahren ero¨ffnet wurde. Er macht Schadensersatzanspru¨che gegen
die Beklagte wegen Schlechterfu¨llung eines zwischen dieser und der
Schuldnerin geschlossenen Vertrags u¨ber die Mittelverwendungskon-
trolle geltend.
Der Gesellschaftsvertrag der Schuldnerin, welcher in dem im Jahr 2003
herausgegebenen Emissionsprospekt der Schuldnerin abgedruckt war,
sah als deren Gesellschaftszweck unter anderem das Leasing von Anla-
gegu¨tern, insbesondere von Technologieprodukten und das Immobi-
lien-Leasing vor. Durch den Beitritt weiterer Kommanditisten, la¨ngs-
tens bis 31. 12. 2005, sollte ein Kommanditkapital von 55 Mio. € er-
reicht werden. Zur Gescha¨ftsfu¨hrung der Schuldnerin war allein ihre
Komplementa¨rin, die E. AG, berechtigt und verpflichtet. Diese sollte
fu¨r ihre Gescha¨ftsfu¨hrung den Ersatz aller fu¨r die Schuldnerin geta¨tig-
ten Kosten und Auslagen erhalten.
Im Fondsprospekt war ferner ein zwischen der Schuldnerin und der Be-
klagten abgeschlossener Vertrag u¨ber die Mittelverwendungskontrolle
„zugunsten der noch einzuwerbenden Kommanditisten, die sich nach
Maßgabe der Beitrittserkla¨rung an der Gesellschaft beteiligen“ wieder-
gegeben. Der Vertrag, in dem die Beklagte als Einzahlungstreuha¨nder
bezeichnet wird, enthielt unter anderem folgende Regelungen: (Die Re-
gelungen ko¨nnen dem amtlichen Volltext entnommen werden, der ab-
rufbar ist unter: DB0588191).
Am 15. 7. 2005 wurde eine neue Auflage des Emissionsprospekts der
Schuldnerin herausgegeben. In diesem war ein teilweise vera¨nderter
Mittelverwendungskontrollvertrag abgedruckt.
Bis Ende 2005 traten der Schuldnerin Anleger mit unterschiedlichen
Beteiligungssummen entweder direkt als Kommanditisten oder mittel-
bar als Treugeber u¨ber eine als Treuha¨nder fungierende Wirtschaftspru¨-
fungsgesellschaft bei. Sie zahlten zur Erbringung der Kommanditeinla-
gen und des Agios von 5% der Beteiligungssumme insgesamt 4.825.050
€ auf das im Mittelverwendungskontrollvertrag genannte Konto der
Schuldnerin ein. Die Beklagte gab diese Gelder frei, nachdem ihr die
Schuldnerin Leasingvertra¨ge vorgelegt hatte, die zwischen ihrer Kom-
plementa¨rin und den jeweiligen Leasingnehmern abgeschlossen worden
DER BETRIEB | Nr. 16 | 19. 4. 2013
Wirtschaftsrecht
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1...,51,52,53,54,55,56,57,58,59,60 62,63,64,65,66,67,68,69,70,71,...104