wirksam ist, besteht daneben kein – mo¨glicherweise in anderer
Frist verja¨hrender – Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1
BGB.
Insolvenzrecht
Zur Haftung des Gesellschafters einer insolventen
GmbH wegen unzula¨ssigen Entzugs von Gesell-
schaftsvermo¨gen
Verkauf von Vermo¨genswerten der insolventen GmbH an Gesell-
schaft des Alleingesellschafters gegen U¨ bernahme eigenkapi-
talersetzender Verbindlichkeiten – Vorsatzanfechtung des Kauf-
vertrages gem. § 133 InsO – Zum Gla¨ubigerbenachteiligungs-
vorsatz, wenn Rechtshandlung Bestandteil eines Sanierungs-
versuchs ist – Verja¨hrung des Ru¨ckgewa¨hranspruches gem.
§ 143 Abs. 1 InsO – Anspruch auf Schadensersatz wegen Exis-
tenzvernichtung – Zur Verja¨hrung von Anspru¨chen aus Eigen-
kapitalersatz
InsO § 133 Abs. 1; BGB § 826; GmbHG a. F. §§ 32a, 32b, 30 f.
analog
Zu den anfechtungs- und gesellschaftsrechtlichen Anspru¨-
chen des Insolvenzverwalters einer schuldnerischen Gesell-
schaft aus dem Verkauf ihrer Vermo¨gensgegensta¨nde an
eine dem Gesellschafter gleichgestellte Person.
BGH-Urteil vom 21. 2. 2013 – IX ZR 52/10
u
DB0588247
Der Kla¨ger macht als Insolvenzverwalter u¨ber das Vermo¨gen der D.
GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) Anspru¨che unter den rechtlichen
Gesichtspunkten der Insolvenzanfechtung, des existenzvernichtenden
Eingriffs sowie des Verstoßes gegen eigenkapitalersatzrechtliche Bin-
dung geltend. Die Schuldnerin befasste sich mit der Entwicklung, der
Herstellung und dem Vertrieb von Replikationsanlagen zur Herstellung
optischer Datentra¨ger. Einen Bestandteil dieser Anlagen bildete jeweils
eine Spritzgussmaschine, welche die Schuldnerin von einem japanischen
Hersteller zukaufte. Die Beklagte zu 1 ist eine Beteiligungsgesellschaft.
Sie geho¨rte seit dem Jahr 1997 zur Unternehmensgruppe der Beklagten
zu 2, welche eine Mehrheit von 96,81 v. H. der Aktien der Beklagten
zu 1 erworben hatte. Die Beklagte zu 1 erwarb ihrerseits ab Juli 1998
Anteile an der Schuldnerin. Ab Mai 1999 hielt sie Gescha¨ftsanteile an
der Schuldnerin im Nennbetrag von 411.500 DM bei einem Stamm-
kapital i. H. von 500.000 DM.
Am 13. 7. 1999 vereinbarte die Beklagte zu 2 mit der Schuldnerin deren
U¨ bernahme in ihr Cash-Management. Ausweislich der auf unbestimm-
te Zeit geschlossenen und binnen Wochenfrist ku¨ndbaren Vereinbarung
wurde das Bankkonto der Schuldnerin zugunsten oder zulasten des
Kontos der Beklagten zu 2 ta¨glich durch einen automatischen Konto-
u¨bertrag auf null gestellt. Die Umsa¨tze wurden bei der Beklagten zu 2
als ta¨glich fa¨lliges Guthaben beziehungsweise Darlehen der Schuldnerin
verwaltet.
Am 23. 2. und am 30. 3. 2000 verzichtete die Beklagte zu 1 gegenu¨ber
der Schuldnerin auf Forderungen aus dem Cash-Management i. H. von
3.000.000 DM und 3.500.000 DM. Mit Wirkung zum 1. 4. 2000 trat
die Beklagte zu 1, die am 27. 4. 2000 Alleingesellschafterin der Schuld-
nerin wurde, anstelle der Beklagten zu 2 in das Cash-Management-Ver-
ha¨ltnis ein. Unter dem 22. 6./ 5. 7. 2000 bezifferten die Beklagte zu 1
und die Schuldnerin in einer Rangru¨cktrittsvereinbarung die Forderun-
gen der Beklagten zu 1 gegen die Schuldnerin aus dem Cash-Manage-
ment mit 35.786.000 DM. U¨ bereinstimmend stellten sie die U¨ berschul-
dung der Schuldnerin fest und vereinbarten, dass die Beklagte zu 1 aus
dem vorgenannten Betrag mit einer Forderung von 10.000.000 DM
unwiderruflich hinter sa¨mtliche Forderungen derzeitiger und ku¨nftiger
Gla¨ubiger solange und soweit zuru¨cktritt, als die Schuldnerin u¨berschul-
det ist. Am 31. 7. 2000 verzichtete die Beklagte zu 1 gegenu¨ber der
Schuldnerin auf einen weiteren Teil-Ru¨ckzahlungsanspruch aus dem
Cash-Management i. H. von 6.255.000 DM.
Am 1. 10. 2000 gru¨ndete die Beklagte zu 1 als deren Alleingesellschaf-
terin die Beklagte zu 3. Am 15. 11. 2000 verzichtete sie gegenu¨ber der
Schuldnerin auf eine weitere Forderung aus dem Cash-Management
i. H. von 4.000.000 DM. Durch Kaufvertrag vom 16. 11. 2000 u¨ber-
nahm die Beklagte zu 3 von der Schuldnerin alle Aktiva und Passiva,
welche sich auf die Spritzgussmaschinen bezogen. Als Gegenleistung
hatte die Beklagte zu 3 an die Schuldnerin einen Betrag i. H. von
9.567.600,72 DM (4.891.836,57 €) dadurch zu erbringen, dass sie be-
tragsgleich Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenu¨ber der Beklagten
zu 1 mit befreiender Wirkung u¨bernahm. Die Beklagte zu 1 stimmte
dieser Vereinbarung zu.
Bis zum 9. 10. 2001 erweiterte die Beklagte zu 1 den Rangru¨cktritt vom
22. 6./5. 7. 2000 auf insgesamt 30.000.000 DM. Am 28. 5. 2002 ver-
a¨ußerte sie 24,9 v. H. ihrer Gescha¨ftsanteile an der Schuldnerin. Durch
Vereinbarung vom 12. 6. 2002 legte sie gemeinsam mit der Schuldnerin
deren Verbindlichkeiten ihr gegenu¨ber auf 1.270.000 € zzgl. Zinsen fest
und verzichtete auf daru¨ber hinausgehende Anspru¨che. Unter Auf-
hebung der bestehenden Rangru¨cktritte vereinbarte sie mit der Schuld-
nerin, dass sie mit der genannten Forderung hinter sa¨mtliche Forderun-
gen derzeitiger und ku¨nftiger Gla¨ubiger solange und soweit zuru¨cktrete,
wie die Schuldnerin bilanziell u¨berschuldet sei. Auf Antrag der Schuld-
nerin vom 12. 2. 2004 wurde am 1. 5. 2004 das Insolvenzverfahren
ero¨ffnet und der Kla¨ger zum Insolvenzverwalter bestellt.
Der Kla¨ger verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Zah-
lung des in dem Kaufvertrag vom 16. 11. 2000 vereinbarten Betrags von
4.891.836,57 € nebst Zinsen zur Insolvenzmasse. Die Klage hatte in
den Tatsacheninstanzen (LG Gera und OLG Jena) keinen Erfolg ge-
habt. Die Revision des Kla¨gers war erfolgreich. Sie fu¨hrte zur Auf-
hebung des angefochtenen Urteils und zur Zuru¨ckverweisung der Sache
an das Berufungsgericht.
AUS DEN GRU¨ NDEN
Ru¨ckgewa¨hranspruch wegen Vorsatzanfechtung nach § 143
Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO
1 . . . 10
I
I.
. . .
II. 1.
Ein Ru¨ckgewa¨hranspruch unter dem recht-
lichen Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nach § 143 Abs. 1,
§ 133 Abs. 1 InsO kann nicht mit der vom Berufungsgericht ge-
gebenen Begru¨ndung verneint werden, aufgrund des im Kauf-
vertrag vom 16. 11. 2000 umgesetzten Sanierungskonzeptes
ko¨nne eine vorsa¨tzliche Benachteiligung der Gla¨ubiger aus-
geschlossen werden. Ein mo¨glicher Anspruch wegen Insolvenz-
anfechtung ist jedoch verja¨hrt.
Kein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn angefoch-
tene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich
aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist
11
I
a)
Sowohl der Gesichtspunkt der drohenden Zahlungsunfa¨-
higkeit als auch derjenige der Inkongruenz ko¨nnen ihre Bedeu-
tung als Beweisanzeichen fu¨r den Benachteiligungsvorsatz des
Schuldners verlieren, wenn die angefochtene Rechtshandlung
Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen
Sanierungsversuchs ist
1
. Denn in diesem Fall ist die Rechts-
1 BGH-Urteil vom 12. 11. 1992 – IX ZR 236/91, DB 1993 S. 729 = WM 1993
S. 270 (273); vom 1. 4. 2004 – IX ZR 305/00, DB 2004 S. 1358 = WM 2004
S. 1037 (1039); vom 16. 10. 2008 – IX ZR 183/06, DB0308912 = WM 2009
S. 117, Rdn. 52; vom 5. 3. 2009 – IX ZR 85/07, BGHZ 180 S. 98 = DB 2009
S. 1123, Rdn. 17; vom 8. 12. 2011 – IX ZR 156/09, DB 2012 S. 173 = WM
2012 S. 146, Rdn. 11 und 18; vgl. auch
Gehrlein
, WM 2011 S. 577 (578).
866
Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 16 | 19. 4. 2013