tig
4
. Nach einer im Vordringen befindlichen Ansicht fu¨hrt der
Verstoß gegen § 57 AktG weder zur Nichtigkeit des Erfu¨llungs-
noch des Verpflichtungsgescha¨fts
5
.
Wirksamkeit des Verpflichtungs- und Erfu¨llungsgescha¨fts
14
I
bb)
Sowohl das Verpflichtungs- als auch das Erfu¨llungs-
gescha¨ft sind wirksam.
Regelung der Rechtsfolgen des Verstoßes gegen das Verbot der
Einlagenru¨ckgewa¨hr in § 62 AktG
15
I
(1)
§ 57 AktG entha¨lt zwar mit dem Verbot der Einlagen-
ru¨ckgewa¨hr ein gesetzliches Verbot i. S. des § 134 BGB. Ver-
sto¨ßt ein Rechtsgescha¨ft gegen das Verbot der Einlagenru¨ck-
gewa¨hr, fu¨hrt das aber nicht nach § 134 BGB zu dessen Nich-
tigkeit, weil § 62 AktG die Rechtsfolgen des Verstoßes gegen
das Verbot der Einlagenru¨ckgewa¨hr als spezialgesetzliche Vor-
schrift anders regelt. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgescha¨ft,
das gegen ein gesetzliches Verbot versto¨ßt, nur dann nichtig,
wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Eine solche
andere gesetzliche Regelung entha¨lt § 62 AktG.
Keine Nichtigkeit des Verpflichtungs- und Erfu¨llungsgescha¨fts
im Hinblick auf die Regelungen in den §§ 57, 62 AktG
16
I
(2)
Die Regelungen in den §§ 57, 62 AktG sind dahin aus-
zulegen, dass bei einem Verstoß gegen das Verbot der Einlagen-
ru¨ckgewa¨hr weder das der verbotenen Leistung an den Aktiona¨r
zugrunde liegende Verpflichtungs- noch das Erfu¨llungsgescha¨ft
nichtig ist. Die Annahme einer Nichtigkeit fu¨hrt zu Konkur-
renzproblemen mit dem Anspruch nach § 62 AktG und stellt
fu¨r den Kapitalschutz bei der Aktiengesellschaft keine angemes-
sene Lo¨sung dar.
17
I
Wenn das Verpflichtungsgescha¨ft als nichtig angesehen
wird, konkurriert der Anspruch aus § 62 AktG mit dem Berei-
cherungsrecht. Das fu¨hrt zu Konkurrenzproblemen nicht nur
mit dem Entreicherungseinwand (§ 818 Abs. 3 BGB) oder der
Haftungverscha¨rfung nach § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1 BGB,
sondern auch hinsichtlich der Verja¨hrungsregeln (§§ 195, 199
BGB). Dazu wird – von der eine Nichtigkeit annehmenden
Meinung – meist vorgeschlagen, dass die Regelungen in § 62
AktG das Bereicherungsrecht verdra¨ngen
6
, sodass die Annahme
der Nichtigkeit des Verpflichtungsgescha¨fts jedenfalls gegenu¨ber
dem Aktiona¨r folgenlos bleibt. Dass die Gesellschaft auch bei
Wirksamkeit des Verpflichtungsgescha¨fts die eingegangene Ver-
pflichtung nicht erfu¨llen darf, folgt schon aus § 62 AktG, weil
die Gesellschaft die Leistung sofort zuru¨ckfordern mu¨sste. Auch
fu¨r verbotswidrig abgeschlossene Gescha¨fte mit Dritten, die auf
eine Einlagenru¨ckgewa¨hr an den Aktiona¨r hinauslaufen, bietet
§ 62 AktG ausreichenden Schutz
7
.
18
I
Die Annahme einer Nichtigkeit des Erfu¨llungsgescha¨fts ver-
sta¨rkt zwar den insolvenzrechtlichen Schutz, weil der Gesell-
schaft im Falle der Ero¨ffnung des Insolvenzverfahrens u¨ber das
Vermo¨gen des Empfa¨ngers des unter Verstoß gegen § 57 AktG
u¨bertragenen Gegenstands nach § 47 InsO ein Recht auf Aus-
sonderung des wegen des nichtigen Erfu¨llungsgescha¨fts nicht
zur Insolvenzmasse geho¨rigen Gegenstands zusteht. Die Nich-
tigkeit des Erfu¨llungsgescha¨fts fu¨hrt aber bei der U¨ bertragung
von beweglichen Sachen, Grundstu¨cken und Rechten zu unter-
schiedlichen Ergebnissen schon hinsichtlich der Verja¨hrung von
Anspru¨chen. Der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB verja¨hrt
in 30 Jahren (§ 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB); bei der unwirksamen
U¨ bertragung von Rechten gibt es keine Verja¨hrung. Das steht
wiederum in Widerspruch zur Verja¨hrungsfrist nach § 62 Abs. 3
AktG.
19
I
Gegen die Nichtigkeit des Erfu¨llungsgescha¨fts spricht zu-
dem, dass § 57 AktG nicht die gegensta¨ndliche Zusammenset-
zung des Kapitals, sondern seine Erhaltung dem Wert nach be-
zweckt und dass nicht der Leistungsaustausch mit dem Aktiona¨r
als solcher, sondern dessen unangemessene Bedingungen miss-
billigt werden. Das hat der Gesetzgeber durch die Einfu¨hrung
der Regelung des § 57 Abs. 1 Satz 3 AktG, nach der das Verbot
der Einlagenru¨ckgewa¨hr nach Satz 1 bei Deckung durch einen
vollwertigen Gegenleistungs- oder Ru¨ckgewa¨hranspruch gegen
den Aktiona¨r nicht gilt, klargestellt. Ein Anspruch auf Ru¨ck-
gewa¨hr des verbotswidrig weggegebenen Gegenstandes kann
sich trotz des auf einen nur wertma¨ßigen Kapitalschutz gerichte-
ten Zwecks des § 57 AktG auch aus § 62 Abs. 1 AktG ergeben
8
,
ohne dass das Erfu¨llungsgescha¨ft fu¨r nichtig erachtet werden
muss. Da bei den hier in Rede stehenden Rechtsgescha¨ften zwi-
schen Gesellschaft und Aktiona¨r nicht selten Ungewissheit daru¨-
ber besteht, ob die Gegenleistung des Aktiona¨rs angemessen ist
oder nicht, wa¨re – wenn man die Auffassung zugrunde legt, dass
ein Verstoß gegen § 57 AktG zur Nichtigkeit (auch) des Erfu¨l-
lungsgescha¨fts fu¨hrt – ha¨ufig auch unsicher, ob das Erfu¨llungs-
gescha¨ft nichtig ist oder nicht. Das wu¨rde zu einer Unsicherheit
u¨ber die dingliche Zuordnung der von der Gesellschaft weggege-
benen Vermo¨gensgegensta¨nde fu¨hren und damit zu weiterer
Rechtsunsicherheit.
Wirksamkeit des Erfu¨llungsgescha¨fts auch im Geltungsbereich
der Kapitalerhaltungsvorschriften im GmbH-Recht
20
I
(3)
Schließlich ist der Senat auch fu¨r die Kapitalerhaltungs-
vorschriften im GmbH-Recht (§§ 30, 31 GmbHG) von der
Wirksamkeit des Erfu¨llungsgescha¨fts ausgegangen
9
. Dass bei
der Aktiengesellschaft das gesamte Vermo¨gen geschu¨tzt ist, bei
der GmbH dagegen nur das zur Erhaltung des Stammkapitals
erforderliche Vermo¨gen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG), recht-
fertigt eine unterschiedliche Behandlung der Rechtsfolgen
nicht.
Verja¨hrung des Anspruchs auf Ru¨ckabtretung der Gescha¨fts-
anteile
21
I
2.
Damit verhilft auch der hilfsweise verfolgte Anspruch auf
Ru¨ckabtretung der Gescha¨ftsanteile der Klage nicht zum Erfolg.
Der Anspruch ist verja¨hrt. Der Ru¨ckgewa¨hranspruch verja¨hrte
nach § 62 Abs. 3 AktG in der bis 14. 12. 2004 geltenden Fas-
sung, die maßgeblich ist (Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9,
Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB), in fu¨nf Jahren seit dem
Empfang der Leistung. Die Gescha¨ftsanteile wurden 1995 abge-
treten, die Klage im Jahr 2006 erhoben. Da der Kaufvertrag
4
Geßler
, in: Fischer, 1979, S. 131 (142);
Flume
, ZHR 144 1980 S. 18 (23);
Wil-
helm
, in: FS Flume, Bd. II, 1978, S. 337 (383).
5
Bayer
, in: Mu¨nchKomm-AktG, 3. Aufl., § 57 Rdn. 162;
Fleischer
, in: Karsten
Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 57 Rdn. 74;
Drygala
, in: Ko¨lnKomm-AktG,
3. Aufl., § 57 Rdn. 133 f.;
Rachlitz
, in: Grigoleit, AktG, § 57 Rdn. 20;
Drin-
hausen
, in: Heidel, AktG, 3. Aufl., § 57 Rdn. 53;
Solveen
, in: Ho¨lters, AktG,
§ 57 Rdn. 28;
Cahn/v. Spannenberg
, in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 57
Rdn. 87.
6
Henze
, a.a.O. (Fn. 2), § 62 Rdn. 59.
7 Vgl. etwa BGH-Urteil vom 31. 5. 2011 – II ZR 141/09, BGHZ 190 S. 7 = DB
2011 S. 1511, Rdn. 44 f. – Dritter Bo¨rsengang;
Bayer
, a.a.O. (Fn. 5), § 57
Rdn. 166 f.
8 Vgl. zu § 31 GmbHG BGH-Urteil vom 17. 3. 2008 – II ZR 24/07, BGHZ 176
S. 62 = DB 2008 S. 1090, Rdn. 9.
9 BGH-Urteil vom 23. 6. 1997 – II ZR 220/95, BGHZ 136 S. 125 (129 f.) = DB
1997 S. 1706.
DER BETRIEB | Nr. 16 | 19. 4. 2013
Wirtschaftsrecht
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