waren. Der genaue Verbleib der Gelder ist streitig beziehungsweise
nicht festgestellt.
Am 13. 12. 2006 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Zu diesem
Zeitpunkt betrug das Guthaben auf dem Einzahlungskonto etwa
10.000 €. Mit Beschluss des Amtsgerichts H. vom 2. 2. 2007 wurde das
Insolvenzverfahren u¨ber das Vermo¨gen der Schuldnerin ero¨ffnet und
der Kla¨ger zum Insolvenzverwalter bestellt. Er zeigte mit an das Insol-
venzgericht gerichtetem Schreiben vom 21. 12. 2009 die Masseun-
zula¨nglichkeit an. Im April 2007 wurde auch u¨ber das Vermo¨gen der
Komplementa¨rin der Schuldnerin das Insolvenzverfahren ero¨ffnet.
Der Kla¨ger hat Klage auf Zahlung von 4.016.395,11 € erhoben. Er stu¨tzt
sein Schadensersatzbegehren auf eine pflichtwidrige Freigabe eingezahl-
ter Kommanditeinlagen vomEinzahlungskonto durch die Beklagte. Nach
dem (urspru¨nglichen) Mittelverwendungskontrollvertrag habe die Be-
klagte die Freigabe der Gelder nur bei Vorlage von Leasingvertra¨gen er-
kla¨ren du¨rfen, an welchen die Schuldnerin als Vertragspartnerin beteiligt
gewesen sei. Lediglich Zahlungen von insgesamt 715.445 € an die Kom-
manditisten und die Komplementa¨rin ha¨tten einer ordnungsgema¨ßen
Mittelverwendung entsprochen. Da sich die eingezahlten Einlagen bei
pflichtgema¨ßem Verhalten der Beklagten gro¨ßtenteils noch auf dem Ein-
zahlungskonto befa¨nden, bestehe der Schaden in demAbfluss der Gelder.
Dieser sei imWege der Naturalrestitution durch dieWiederauffu¨llung des
Kontos in entsprechender Ho¨he auszugleichen.
Gegenstand der Klage sind, wie der Kla¨ger in der Berufungsinstanz aus-
dru¨cklich klargestellt hat, allein Scha¨den der Anleger, nicht jedoch ein
etwaiger Schaden der Schuldnerin. Seine Aktivlegitimation leitet er so-
wohl aus § 92 Satz 1 InsO als auch aus § 335 BGB her. In der Beru-
fungsinstanz hat er sich hilfsweise auf das abgetretene Recht eines Anle-
gers gestu¨tzt und eine schriftliche Abtretungsvereinbarung vom 28. 1./
1. 2. 2010 vorgelegt. In dieser ist vereinbart, dass der Zedent an den
Kla¨ger „seinen Anspruch gegen die (Beklagte) gem. §§ 280 Abs. 1, 249
Abs. 1 BGB auf Einzahlung eines Betrages i. H. von bis zu
€ 4.016.395,11“ abtritt und der Kla¨ger die Abtretung annimmt.
Das LG Hamburg hatte die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation
des Kla¨gers abgewiesen. Das OLG Hamburg hatte die Beklagte auf die
Berufung des Kla¨gers zur Zahlung von 3.094.498,27 € nebst Zinsen
verurteilt und die Berufung im U¨ brigen zuru¨ckgewiesen. Mit ihrer vom
Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte, die Beru-
fung des Kla¨gers in vollem Umfang zuru¨ckzuweisen. Die Revision der
Beklagten war erfolgreich. Sie fu¨hrte zur Wiederherstellung des kla-
geabweisenden erstinstanzlichen Urteils.
AUS DEN GRU¨ NDEN
1 . . . 18
I
I.
. . .
II.
Der Kla¨ger kann von der Beklagten unter kei-
nem rechtlichen Gesichtspunkt (teilweise) Erstattung der vom
Einzahlungskonto abgeflossenen Kommanditeinlagen durch
Zahlung an sich in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der
Schuldnerin verlangen.
Anlagegesellschaft kann aus § 335 BGB i. V. mit Schadens-
ersatzanspru¨chen der Anleger nach § 280 Abs. 1 BGB allenfalls
Zahlung an die Anleger verlangen
19
I
1.
Ein entsprechender Zahlungsanspruch der Schuldnerin
gegen die Beklagte, den der Kla¨ger als Insolvenzverwalter nach
§ 80 Abs. 1 InsO geltend machen ko¨nnte, ergibt sich entgegen
der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus § 335 BGB in Ver-
bindung mit Schadensersatzanspru¨chen der Anleger nach § 280
Abs. 1 BGB. Denn die Anleger ko¨nnen als Dritte i. S. von
§ 335 BGB von der Beklagten als Folge einer – unterstellten –
Verletzung des Mittelverwendungskontrollvertrags nicht die
Wiederauffu¨llung des Einzahlungskontos oder die Erstattung
der von diesem Konto abgeflossenen Gelder an die Schuldnerin,
sondern lediglich Ersatz des ihnen jeweils konkret entstandenen
Vermo¨gensschadens im Wege der Zahlung an sich selbst bean-
spruchen. Dementsprechend kann auch der Kla¨ger gem. § 335
BGB allenfalls Zahlung an die Anleger, nicht aber an sich selbst
verlangen.
Mittelverwendungskontrollvertrag ist Vertrag i. S. des § 328
BGB zugunsten der Anleger
20
I
a)
Zu Recht und mit zutreffender Begru¨ndung ist das Beru-
fungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei dem zwischen
der Schuldnerin und der Beklagten geschlossenen Mittelverwen-
dungskontrollvertrag um einen Vertrag i. S. des § 328 BGB zu-
gunsten der Anleger, die der Schuldnerin (unmittelbar oder mit-
telbar u¨ber den Treuhandkommanditisten) als Kommanditisten
beigetreten sind, handelt. Dies wird von der Revision auch nicht
in Frage gestellt. Der Mittelverwendungskontrollvertrag wurde
laut seiner Pra¨ambel „zugunsten“ der noch einzuwerbenden
Kommanditisten geschlossen. Er sollte die Anleger gegen be-
stimmte unwirtschaftliche oder gar missbra¨uchliche Maßnah-
men der Schuldnerin beziehungsweise ihres gescha¨ftsfu¨hrenden
Organs, der Komplementa¨rin, schu¨tzen. Daraus hat das Beru-
fungsgericht zutreffend auf eine Schutzfunktion des Vertrags zu-
gunsten der als Kommanditisten beitretenden Anleger geschlos-
sen. Daneben weist auch die Regelung in § 5 des Mittelverwen-
dungskontrollvertrags, wonach dieser nicht ohne die Zustim-
mung der Anleger, deren Einlagen sich noch auf dem Einzah-
lungskonto befinden, gea¨ndert werden kann, auf einen echten
Vertrag zugunsten Dritter hin.
Ersatzanspru¨che der Anleger gegen Mittelverwendungskontrol-
leur wa¨ren auf Leistung an die Anleger gerichtet
21
I
b)
Die Beklagte schuldet den Anlegern jedoch entgegen der
Auffassung des Berufungsgerichts nicht die (teilweise) Wieder-
auffu¨llung des Einzahlungskontos der Schuldnerin oder eine
entsprechende Zahlung an die Masse. Dabei kann dahinstehen,
ob, wie das Berufungsgericht annimmt, die Beklagte die ihr aus
dem Mittelverwendungskontrollvertrag gegenu¨ber den Anlegern
obliegenden Pflichten verletzt hat. Denn etwaige hieraus resul-
tierende Schadensersatzanspru¨che der Anleger gegen die Beklag-
te aus § 280 Abs. 1 BGB wa¨ren jedenfalls nicht auf Erstattung
der vom Einzahlungskonto an die Schuldnerin freigegebenen
Geldbetra¨ge, sondern allein auf Ausgleich des individuellen Ver-
mo¨gensschadens des jeweiligen Anlegers durch Leistung an die-
sen gerichtet.
Umfang des Schadensersatzes gem. § 249 BGB
22
I
aa)
Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz
Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen wu¨rde,
wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten
wa¨re. Gewahrt wird mithin das Herstellungsinteresse (Integri-
ta¨tsinteresse) des Gescha¨digten
1
. Das Berufungsgericht hat eine
Pflichtverletzung der Beklagten darin gesehen, dass diese die auf
dem Einzahlungskonto befindlichen Gelder unter Verletzung
des Mittelverwendungskontrollvertrags freigegeben hat. Dem-
entsprechend ist eine – unterstellte – Schadensersatzpflicht der
Beklagten gegenu¨ber den Anlegern nach § 249 Abs. 1 BGB da-
rauf gerichtet, den Zustand herzustellen, der bestu¨nde, wenn die
Kommanditeinlagen nicht vom Einzahlungskonto freigegeben
worden wa¨ren. Diese Pflicht des Scha¨digers bezieht sich indes
allein auf die Rechtsgu¨ter und das Vermo¨gen des jeweiligen Ge-
scha¨digten. Nur auf diese Weise kann das durch § 249 Abs. 1
BGB geschu¨tzte Integrita¨tsinteresse des Gescha¨digten gewahrt
1
Schiemann
, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rdn. 210;
Oetker
,
in: Mu¨nchKomm-BGB, 6. Aufl., § 249 Rdn. 325.
870
Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 16 | 19. 4. 2013