ko erkennbar ist. Außerdem muss der Dritte fu¨r diese Haftungs-
erstreckung selbst schutzwu¨rdig sein
24
. Schutzwirkungen zu-
gunsten Dritter werden insbesondere bei solchen Vertra¨gen an-
genommen, mit denen der Auftraggeber von einer Person, die
u¨ber eine besondere, vom Staat anerkannte Sachkunde verfu¨gt
(z. B. o¨ffentlich bestellter Sachversta¨ndiger, Wirtschaftspru¨fer,
Steuerberater), ein Gutachten oder eine gutachtliche A¨ ußerung
bestellt, um davon gegenu¨ber einem Dritten Gebrauch zu ma-
chen
25
.
Keine Einbeziehung des Gescha¨ftsfu¨hrers mangels Schutz-
pflichten gegenu¨ber der GmbH
26
I
b)
Eine Einbeziehung des Gescha¨ftsfu¨hrers in den Schutz-
bereich des Vertrags zwischen der Gesellschaft und dem Steuer-
berater kann hiernach zwar nicht generell verneint werden. Der
Gescha¨ftsfu¨hrer kommt bestimmungsgema¨ß mit dem Vertrag in
Beru¨hrung und fu¨r den Steuerberater, bei dem es sich grundsa¨tz-
lich um eine Person handelt, die u¨ber eine besondere, vom Staat
anerkannte Sachkunde verfu¨gt, ist ohne Weiteres erkennbar,
dass die Pru¨fung der U¨ berschuldung fu¨r den Gescha¨ftsfu¨hrer
rechtliche Wirkungen hat
26
.
27
I
Vorliegend fehlt aber schon eine Hinweis- und Warnpflicht des Be-
raters gegenu¨ber seiner Auftraggeberin, sodass eine Haftung des Beklag-
ten aus einemVertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter bereits daran
scheitert, dass den Beklagten aus demmit der GmbH abgeschlossenen all-
gemeinen Steuerberatungsvertrag keine Schutzpflichten hinsichtlich der
Aufkla¨rung u¨ber eine mo¨glicherweise bestehende Insolvenzantragspflicht
treffen. Dies ergibt die Auslegung der vertraglichen Pflichten, die den
Steuerberater aus einem allgemeinen steuerrechtlichen Beratungsmandat
treffen. Die drittschu¨tzenden Pflichten aus einem solchen Vertrag ko¨nnen
nicht weiter reichen als die dem Berater gegenu¨ber seiner eigentlichen
Vertragspartei obliegenden Warn- und Hinweispflichten. Der Dritte,
der selbst keine vertraglichen Beziehungen zu demBerater hat, kann nicht
erwarten, dass dieser ihn u¨ber Gefahren und mo¨gliche Risiken aufkla¨rt,
auf die er im Rahmen seines allgemeinen Mandats nicht hinzuweisen hat.
Diese Pflichtenlage ist nur dann anders zu beurteilen, wenn der Berater
ausdru¨cklich damit beauftragt ist, eine U¨ berpru¨fung der Insolvenzreife
vorzunehmen, denn hier wird die Feststellung, ob ein Insolvenzgrund vor-
liegt oder auszuschließen ist, dem Auftraggeber schon bei Erfu¨llung der
Hauptpflicht geschuldet.
Haftung des Steuerberaters allenfalls bei Einbeziehung der in-
solvenz- und gesellschaftsrechtlichen Beratung in Mandat
28
I
c)
Die vom Berufungsgericht in den Vordergrund gestellte
Belehrungsbedu¨rftigkeit der Auftraggeberin, von welcher der
Berater grundsa¨tzlich auch dann auszugehen hat, wenn es um
die Beratung einer rechtlich und wirtschaftlich erfahrenen Per-
son geht, die mo¨glicherweise auch selbst u¨ber einschla¨gige
Kenntnisse verfu¨gt
27
, begru¨ndet die Haftung des Beklagten
nicht. Nur wenn die insolvenz- und gesellschaftsrechtliche Bera-
tung als Haupt- oder Nebenaufgaben zum Vertragsinhalt des
Steuerberaters geho¨rt, kann mit einem Teil der Rechtsprechung
erwogen werden, ob eine Hinweispflicht des Beraters dann ent-
fa¨llt, wenn der Gescha¨ftsfu¨hrer sich der bestehenden Insolvenz-
gefahr bereits bewusst ist
28
.
Kapitalanlage/Wirtschaftspru¨ferhaftung
Zur Haftung einer Wirtschaftspru¨fungsgesell-
schaft wegen in Emissionsprospekt vero¨ffentlich-
ten unrichtig erteilten Jahresabschlusstestats
Abdruck des Pru¨ftestats in Emissionsprospekt fu¨r Inhaber-
schuldverschreibung – Prospekthaftung des Wirtschaftspru¨fers
als Garant fu¨r ihm zuzurechnende Prospektaussagen – Scha-
densersatzanspruch der Anleger wegen sittenwidriger vorsa¨tz-
licher Scha¨digung und wegen Beihilfe zum Kapitalanlagebetrug
– Ursa¨chlichkeit des unrichtigen Testats fu¨r Erwerbsentschei-
dung der Anleger
BGB § 249
Die tatsa¨chliche Vermutung, dass es dem Anleger fu¨r seine
Anlageentscheidung auf die Richtigkeit aller wesentlichen
Prospektangaben ankommt, erfasst Feststellungen in einem
vero¨ffentlichten Wirtschaftspru¨fertestat grundsa¨tzlich auch
dann, wenn es sich auf einen u¨berholten Stichtag bezieht
und ein neuer besta¨tigter Jahresabschluss zu erwarten war.
Auch ein u¨berholter Besta¨tigungsvermerk begru¨ndet zumin-
dest das Vertrauen, dass die Anlage in dem besta¨tigten Um-
fang zu dem maßgeblichen Zeitpunkt keine Ma¨ngel aufwies,
die zur Verweigerung oder Einschra¨nkung des Testats ha¨tten
fu¨hren mu¨ssen (Fortfu¨hrung des Senatsurteils vom 15. 12.
2005 – III ZR 424/04, DB 2006 S. 385).
BGH-Urteil vom 21. 2. 2013 – III ZR 139/12
u
DB0589575
Die Beklagte ist ein Wirtschaftspru¨fungsunternehmen, von dem die
Kla¨ger Schadensersatz wegen eines ihrem Vortrag zufolge unrichtigen
Testats verlangen. Sie hielten Inhaberschuldverschreibungen der Woh-
nungsbaugesellschaft L. AG (ku¨nftig: WBG L). Unter dem 29. 6. 2004
erteilte die Beklagte dem Abschluss der WBG L fu¨r das Gescha¨ftsjahr
vom 1. 1. bis zum 31. 12. 2003 und dem Lagebericht der Gesellschaft,
die von dem Gescha¨ftsfu¨hrer der Beklagten gepru¨ft worden waren,
einen uneingeschra¨nkten Besta¨tigungsvermerk. In der zweiten Jahres-
ha¨lfte 2005 tauschten die Kla¨ger ihre Papiere in neue Inhaberschuldver-
schreibungen der Wohnungsbaugesellschaft um. Der von ihrem Ge-
scha¨ftsfu¨hrer unterzeichnete Besta¨tigungsvermerk der Beklagten war in
dem Emissionsprospekt fu¨r die von den Kla¨gern 2005 eingetauschten
neuen Inhaberschuldverschreibungen abgedruckt. Am 1. 9. 2006 wurde
u¨ber das Vermo¨gen der WBG L das Insolvenzverfahren ero¨ffnet.
Die Kla¨ger machen geltend, das Pru¨ftestat ha¨tte nicht erteilt werden
du¨rfen, da, wie fu¨r einen Wirtschaftspru¨fer ohne Weiteres erkennbar
gewesen sei, die Finanzsituation der WBG L bereits 2003 desolat gewe-
sen sei und diese nach einem Schneeballsystem gearbeitet habe. Der
Gescha¨ftsfu¨hrer der Beklagten habe insoweit mindestens bedingt vor-
sa¨tzlich gehandelt. Ha¨tte die Beklagte den Jahresabschluss der WBG L
und den Lagebericht nicht uneingeschra¨nkt besta¨tigt, ha¨tten sie, die
Kla¨ger, die neuen, wertlosen Inhaberschuldverschreibungen nicht im
Tauschwege erworben.
Ihre auf Ersatz von insgesamt 27.000 € nebst Zinsen und Kosten der
vorgerichtlichen Rechtsverfolgung gerichtete Klage hatte das LG Leip-
zig abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte das OLG
Dresden durch einen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zuru¨ckgewie-
sen. Die zula¨ssige Revision der Kla¨ger war erfolgreich. Sie fu¨hrte zur
Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zuru¨ckverweisung
der Sache an die Vorinstanz.
24 Vgl. BGH-Urteil vom 2. 7. 1996 – X ZR 104/94, BGHZ 133 S. 168 (173) = DB
1996 S. 2224; vom 7. 5. 2009 – III ZR 277/08, BGHZ 181 S. 12 = DB 2009
S. 1400, Rdn. 17; vom 13. 10. 2011 – IX ZR 193/10, DB 2011 S. 2713 = ZInsO
2011 S. 2274, Rdn. 6.
25 BGH-Urteil vom 2. 4. 1998 – III ZR 245/96, BGHZ 138 S. 257 (260 f.) = DB
1998 S. 1073; vom 14. 6. 2012, a.a.O. (Fn. 4), Rdn. 18.
26 Zur Einbeziehung des Gescha¨ftsfu¨hrers in den ausdru¨cklichen Pru¨fauftrag
des Steuerberaters vgl. BGH vom 14. 6. 2012, a.a.O. (Fn. 4), Rdn. 27 ff.
27 Vgl. BGH-Urteil vom 15. 4. 2010 – IX ZR 189/09, DB 2010 S. 1171 = WM 2010
S. 993, Rdn. 14; vom 14. 6. 2012, a.a.O. (Fn. 4), Rdn. 37, jew. m. w. N.
28 Vgl. OLG Celle vom 6. 4. 2011, a.a.O. (Fn. 20); vom 10. 10. 2012, a.a.O.
(Fn. 20); OLG Schleswig, GI 1993 S. 373 (381 f.); besta¨tigt durch BGH-Be-
schluss vom 24. 2. 1994 – IX ZR 126/93, n. v.; LG Koblenz vom 22. 7. 2009,
a.a.O. (Fn. 20), DStRE 2010 S. 647 f.
DER BETRIEB | Nr. 17 | 26. 4. 2013
Wirtschaftsrecht
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