Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG, unter de-
nen nach § 22 Abs. 1 TzBfG zuungunsten des Arbeitnehmers
von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG abgewichen werden kann, liegen
im Streitfall vor.
19
I
a)
§ 2 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 MRTV trifft eine Festlegung
i. S. von § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG. Die Tarifbestimmung mo-
difiziert die Anzahl der Verla¨ngerungen und die Ho¨chstdauer
einer ohne Sachgrund vereinbarten Befristung. Wie der Senat
bereits entschieden hat, ist dies von der gesetzlichen Tarifo¨ff-
nungsklausel des § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG gedeckt
1
. Daran ha¨lt
der Senat fest. . . . (wird ausgefu¨hrt)
. . . wonach eine zula¨ssige Ho¨chstdauer von 42 Monaten ohne
Vorliegen eines sachlichen Grunds bei ho¨chstens viermaliger
Vertragsverla¨ngerung zula¨ssig ist
20 . . . 33
I
a)aa)
. . .
dd)
Der Streitfall verlangt keine Entschei-
dung, wo die Grenzen der den Tarifvertragsparteien durch § 14
Abs. 2 Satz 3 TzBfG ero¨ffneten Regelungsbefugnis liegen. Sie
sind jedenfalls durch § 2 Abs. 6 Satz 1 und Satz 2 MRTV nicht
u¨berschritten
1
.
34
I
(1)
Die Festlegung der zula¨ssigen Ho¨chstdauer von 42 Mo-
naten fu¨r die kalenderma¨ßige Befristung eines Arbeitsvertrags
ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes und die in diesem
Rahmen vorgegebene ho¨chstens viermalige Vertragsverla¨nge-
rung ist eine maßvolle Erweiterung der in § 14 Abs. 2 Satz 1
TzBfG geregelten Ho¨chstdauer und Verla¨ngerungsmo¨glichkei-
ten. Die Regelung entspricht noch dem gesetzlichen Leitbild,
nach dem der unbefristete Vertrag das „Normalarbeitsverha¨ltnis“
und der befristete Vertrag die Ausnahme darstellt. Auch wird
der nach Art. 12 Abs. 1 GG staatlich zu garantierende Mindest-
bestandsschutz nicht unterschritten . . . (wird ausgefu¨hrt).
§ 14 Abs. 2 TzBfG ist bei Betriebsratsmitgliedern nicht unions-
rechtskonform teleologisch zu reduzieren . . .
35 . . . 36
I
(2)
. . .
b)
Das Mandat und die Ta¨tigkeit der Kla¨gerin als
Ersatzmitglied des Betriebsrats stehen der Anwendung der natio-
nalen Vorschriften zur Zula¨ssigkeit der Befristung ihres Arbeits-
verha¨ltnisses nicht entgegen. Entgegen der Auffassung der Kla¨ge-
rin gebieten Art. 7 und Art. 8 der Richtlinie 2002/14 – auch unter
Beru¨cksichtigung von Art. 27, 28 und 30 GRC – bei sachgrundlos
befristeten Arbeitsverha¨ltnissen mit Betriebsrats(ersatz-) mitglie-
dern kein Versta¨ndnis von § 14 Abs. 2 TzBfG dahingehend, dass
die Vorschrift richtlinien-/unionsrechts-konform zu reduzieren
und unanwendbar sei
2
. . . (wird ausgefu¨hrt).
37 . . . 38
I
aa)
. . .
bb)
Bei § 14 Abs. 2 TzBfG besteht kein solches
Korrekturbedu¨rfnis. Das Fehlen einer Einschra¨nkung der Zula¨s-
sigkeit einer kalenderma¨ßigen Befristung eines Arbeitsvertrags
ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes fu¨r den Fall der (Er-
satz-)Mitgliedschaft im Betriebsrat stellt keine planwidrige Un-
vollsta¨ndigkeit des Gesetzes dar, die dem von Art. 7 und Art. 8
der Richtlinie 2002/14 geforderten (Mindest-)Schutz von Ar-
beitnehmervertretern und der Gewa¨hrleistung der Durchsetzung
ihrer Rechte zuwiderliefe. Das gilt auch unter Beru¨cksichtigung
der von der Kla¨gerin angefu¨hrten Art. 27, 28 und 30 GRC. Es
kann daher offenbleiben, ob die erst mit dem Inkrafttreten des
Vertrags von Lissabon am 1. 12. 2009 als Prima¨rrecht zu be-
ru¨cksichtigende GRC
3
im Hinblick auf die hier streitgegen-
sta¨ndliche, am 8. 4. 2008 geschlossene Befristungsabrede u¨ber-
haupt herangezogen werden kann
4
. . . (wird ausgefu¨hrt).
39 . . . 43
I
(1)
. . .
(3)
Ausgehend von diesen unionsrechtlichen
Vorgaben ist eine Einschra¨nkung des Anwendungsbereichs von
§ 14 Abs. 2 TzBfG auf befristete Arbeitsvertra¨ge von Mitglie-
dern oder (
herangezogenen
) Ersatzmitgliedern des Betriebsrats
nicht geboten. Allerdings geno¨sse ein sachgrundlos befristet be-
scha¨ftigtes Betriebsrats(ersatz-)mitglied keinen ausreichenden
Schutz und keine ausreichenden Sicherheiten, wenn die Beendi-
gung seines Arbeitsvertrags mit seinem Mandat oder mit seiner
Amtsta¨tigkeit begru¨ndet werden ko¨nnte. Das Gesetz sieht fu¨r
eine derartige unzula¨ssige Benachteiligung aber hinreichende
Sanktionen vor. Eine teleologische Reduktion von § 14 Abs. 2
TzBfG ist daher nicht erforderlich.
. . . auch eine analoge Anwendung des § 78a BetrVG kommt
mangels Regelungslu¨cke nicht in Betracht
44
I
(a)
Eine analoge Anwendung von § 78a Abs. 2 Satz 1,
Abs. 1 BetrVG kommt allerdings nicht in Betracht.
45
I
(aa)
Es fehlt insoweit an der erforderlichen planwidrigen Re-
gelungslu¨cke
5
. Der Gesetzgeber hat die mit Gesetz zum Schutz
in Ausbildung befindlicher Mitglieder von Betriebsverfassungs-
organen vom 18. 1. 1974
6
in das BetrVG eingefu¨gte Vorschrift
des § 78a BetrVG mit der Gewa¨hrleistung der A¨ mterkontinuita¨t
der in seinem Abs. 1 genannten Arbeitnehmervertretungen und
dem durch die Weiterbescha¨ftigung in einem unbefristeten Ar-
beitsverha¨ltnis vermittelten Schutz des Amtstra¨gers vor nachtei-
ligen Folgen bei der Amtsfu¨hrung wa¨hrend des Berufsausbil-
dungsverha¨ltnisses begru¨ndet
7
. Beide Schutzzwecke stehen
gleichberechtigt nebeneinander; ein bestimmtes Rangverha¨ltnis
ist der Gesetzesbegru¨ndung nicht zu entnehmen
8
. Befristet be-
scha¨ftigte Amtstra¨ger sind demgegenu¨ber vor den nachteiligen
Folgen ihrer Amtsfu¨hrung zwar durch die in § 15 KSchG ent-
haltenen Ku¨ndigungsbeschra¨nkungen und den durch das Zu-
stimmungsverfahren nach § 103 BetrVG gewa¨hrleisteten Schutz
vor der einseitigen Beendigung des Arbeitsverha¨ltnisses durch
den Arbeitgeber geschu¨tzt. Eine mit § 78a BetrVG vergleich-
bare Schutzvorschrift gegenu¨ber der Beendigung ihres nur auf
Zeit eingegangenen Arbeitsverha¨ltnisses hat der Gesetzgeber
aber gerade nicht geschaffen und hiervon auch im Zusammen-
hang mit dem am 28. 7. 2001 in Kraft getretenen Gesetz zur
Reform des Betriebsverfassungsgesetzes
9
und spa¨teren A¨ nderun-
gen des BetrVG
10
abgesehen. Demnach ist der Arbeitgeber nicht
verpflichtet, ein Mitglied einer Arbeitnehmervertretung in ein
unbefristetes Arbeitsverha¨ltnis zu u¨bernehmen oder das befriste-
te Arbeitsverha¨ltnis bis zur Beendigung des Mandats zu verla¨n-
gern. Dies gilt selbst bei Bestehen einer betrieblichen Weiterbe-
1 BAG vom 15. 8. 2012 – 7 AZR 184/11, Rdn. 15, DB 2012 S. 2697 = NZA 2013
S. 45.
2 Im Ergebnis ebenso
Deeg
, ArbRAktuell 2011 S. 103;
Fuhlrott
, ArbRAktuell
2011 S. 619;
Tilch/Vennewald
, NJW- Spezial 2011 S. 690;
Ulrici
, jurisPR-ArbR
31/2011 Anm. 4;
Ulrici/Uhlig
, jurisPR-ArbR 11/2012 Anm. 1;
Weller
, BB 2012
S. 2763; vgl. auch
Boemke
, jurisPR-ArbR 18/2012 Anm. 1; a. A.
Da¨ubler
, dbr
6/2011 S. 37;
Bell/Helm
, AiB 2011 S. 269;
Helm/Bell/Windirsch
, AuR 2012
S. 293;
Helm/Hjort/Hummel
, ArbRAktuell 2011 S. 397;
Huber/Schubert/
O¨ gu¨t
, AuR 2012 S. 429;
Thannheiser
, AiB 2011 S. 427.
3 Vgl. hierzu BAG vom 7. 8. 2012 – 9 AZR 353/10, Rdn. 29, DB 2012 S. 2462 =
NZA 2012 S. 1216.
4 Zur Anwendbarkeit eines erst nach einer Befristungsvereinbarung in Kraft
getretenen Assoziationsabkommens vgl. allerdings EuGH vom 29. 1. 2002 –
C-162/00, [Pokrzeptowicz-Meyer] Rdn. 52 f., EuGHE 2002 S. I-1049 und
BAG vom 14. 8. 2002 – 7 AZR 225/98, BAGE 102 S. 157 = DB0044750.
5 Vgl. zu dieser Voraussetzung z. B. BAG vom 24. 5. 2012 – 6 AZR 679/10,
Rdn. 16, DB0483803 = NZA 2012 S. 1158, m. w. N.
6 BGBl. I S. 85.
7 Vgl. BT-Drucks. 7/1170 S. 3.
8 Vgl. BT-Drucks. 7/1170 S. 3 ff.
9 BGBl. I S. 1852.
10 Zuletzt durch Art. 9 des Gesetzes zur Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes
fu¨r Flugsicherung und zur A¨ nderung und Anpassung weiterer Vorschriften
vom 29. 7. 2009 – BGBl. I S. 2424.
DER BETRIEB | Nr. 21 | 24. 5. 2013
Arbeitsrecht
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