scha¨ftigungsmo¨glichkeit, die eine A¨ mterkontinuita¨t gewa¨hrleis-
ten wu¨rde
11
.
46
I
(bb)
Außerdem ist die Interessenlage der von § 78a Abs. 2 Satz 1
BetrVG erfassten Konstellationen nicht in jeder Hinsicht dieselbe wie
bei befristet bescha¨ftigten Mandatstra¨gern . . . (wird ausgefu¨hrt).
Der Schutz befristet bescha¨ftigter Betriebsratsmitglieder kann
durch eine Anwendung der § 78 Satz 2 BetrVG – ggf. i. V. mit
§ 280 Abs. 1 und/oder § 823 Abs. 2 BGB gewa¨hrleistet werden
47
I
(b)
Dem unionsrechtlich gebotenen Schutz eines Betriebs-
ratsmitglieds vor einer im Zusammenhang mit einer Befristung
stehenden Benachteiligung kann aber durch § 78 Satz 2 BetrVG
– ggf. i. V. mit § 280 Abs. 1 und/oder § 823 Abs. 2 BGB – Rech-
nung getragen werden. Danach du¨rfen Mitglieder des Betriebs-
rats nicht wegen ihrer Ta¨tigkeit benachteiligt oder begu¨nstigt
werden; dies gilt auch fu¨r ihre berufliche Entwicklung. Die Be-
stimmung dient u. a. der inneren und a¨ußeren Unabha¨ngigkeit
der Betriebsratsmitglieder, die ohne Furcht vor Maßregelungen
und Sanktionen des Arbeitgebers ihr Amt ausu¨ben ko¨nnen sol-
len
12
. Sie erstreckt sich jedenfalls auch auf „amtierende“ Ersatz-
mitglieder der in § 78 Satz 1 BetrVG genannten Gremien
13
und
gilt unabha¨ngig davon, ob das Gremiumsmitglied in einem un-
befristeten oder in einem befristeten Arbeitsverha¨ltnis steht.
Eine Benachteiligung i. S. von § 78 Satz 2 BetrVG ist jede
Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die
nicht auf sachlichen Gru¨nden, sondern auf der Ta¨tigkeit als Be-
triebsratsmitglied beruht. Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht
erforderlich. Es genu¨gt die objektive Schlechterstellung gegen-
u¨ber Nichtbetriebsratsmitgliedern
14
. Die verbotene Benachtei-
ligung kann sowohl in einer einseitigen Maßnahme des Arbeit-
gebers als auch in einer vertraglichen Vereinbarung liegen. Eine
Maßnahme rechtsgescha¨ftlicher oder tatsa¨chlicher Art kann in
einem Unterlassen bestehen, etwa indem einem von § 78 Satz 2
BetrVG geschu¨tzten Mandatstra¨ger Vorteile vorenthalten werden,
die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewa¨hrt
15
. Daher
kann die Nichtu¨bernahme eines befristet bescha¨ftigten Betriebs-
ratsmitglieds in ein unbefristetes oder in ein weiteres befristetes
Arbeitsverha¨ltnis eine unzula¨ssige Benachteiligung darstellen,
wenn sie gerade wegen der Betriebsratsta¨tigkeit erfolgt
16
. Sich
hieru¨ber erforderlichenfalls unter Beru¨cksichtigung aller Umsta¨n-
de des Einzelfalls eine U¨ berzeugung zu bilden, ist Sache des Tat-
sachengerichts. Ist ein Arbeitnehmer bereits bei Abschluss der
Befristungsabrede Betriebsratsmitglied – das wird regelma¨ßig
nur bei Vertragsverla¨ngerungen in Betracht kommen – kann auch
die Befristungsabrede als solche unwirksam sein. Dies kann ins-
bes. dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer
nur wegen seiner Betriebsratsmitgliedschaft lediglich ein befris-
tetes statt eines unbefristeten Arbeitsverha¨ltnisses anbietet
17
.
48
I
c)
Die Beklagte kann die streitbefangene Befristung auf § 2 Abs. 6
Satz 1 und Satz 2 MRTV stu¨tzen. Die Voraussetzungen der tarifver-
traglich vorgesehenen Befristungsmo¨glichkeit liegen vor; sie ist fu¨r das
Arbeitsverha¨ltnis der Parteien ero¨ffnet . . . (wird ausgefu¨hrt).
11 Vgl. BAG vom 15. 11. 2006 – 7 ABR 15/06, BAGE 120 S. 205 = DB 2007
S. 1646.
12 Vgl. BAG vom 20. 1. 2010 – 7 ABR 68/08, Rdn. 10, DB0351777 = AP BetrVG
1972 § 40 Nr. 98 = EzA BetrVG 2001 § 40 Nr. 18, m. w. N.
13 Vgl.
Fitting
, 26. Aufl., § 78, Rdn. 2, m. w. N.
14 Vgl. BAG vom 20. 1. 2010, a.a.O. (Fn. 12), Rdn. 11.
15 Vgl. zu § 612a BGB BAG vom 21. 9. 2011 – 7 AZR 150/10, Rdn. 34, DB 2012
S. 524 = EzA BGB 2002 § 612a Nr. 7, m. w. N.
16 Vgl. z. B.
Thu¨sing
, in:
Richardi
, BetrVG, 13. Aufl., § 78, Rdn. 23, m. w. N.
17 Vgl. zu einer altersdiskriminierenden Vereinbarung der Dauer eines befriste-
ten Arbeitsvertrags BAG vom 6. 4. 2011 – 7 AZR 524/09, DB 2011 S. 2038 =
EzA BGB 2002 § 620 Hochschulen Nr. 7.
Betriebsverfassungs-/Sozialplanrecht
Sozialplanpflicht besteht auch fu¨r ein Unterneh-
men mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten
Wirtschaftliche Vertretbarkeit eines Sozialplans – Anfechtung
eines Einigungsstellenspruchs – Grenze der Ermessensaus-
u¨bung – Wirtschaftliche Lage des Konzerns unerheblich
BetrVG § 112 Abs. 5, § 76 Abs. 5
1. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle nach § 76 Abs. 5
Satz 4, § 112 Abs. 5 BetrVG ist, ob sich der Spruch der Eini-
gungsstelle als angemessener Ausgleich der Belange des Be-
triebs und Unternehmens auf der einen und der betroffenen
Arbeitnehmer auf der anderen Seite erweist. Maßgeblich ist
allein die getroffene Regelung als solche. Eine U¨ berschrei-
tung der Grenzen des Ermessens muss in ihr selbst als Er-
gebnis des Abwa¨gungsvorgangs liegen. Auf die von der Eini-
gungsstelle angestellten Erwa¨gungen kommt es nicht an.
2. Ficht der Arbeitgeber den Sozialplan wegen mangelnder
wirtschaftlicher Vertretbarkeit an, hat er schlu¨ssig darzule-
gen, dass dessen Regelungen zu einer U¨ berkompensation
der eingetretenen Nachteile fu¨hren und deshalb schon die
Obergrenze des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verletzen, oder
dass sie die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit fu¨r
das Unternehmen u¨berschreiten.
(Orientierungssa¨tze der Richterinnen und Richter des BAG)
BAG-Beschluss vom 22. 1. 2013 – 1 ABR 85/11
u
DB0593349
Die Beteiligten streiten u¨ber die wirtschaftliche Vertretbarkeit eines
durch Spruch der Einigungsstelle zustande gekommenen Sozialplans.
Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie,
das zuletzt 76 Arbeitnehmer bescha¨ftigte. Einzige Auftraggeberin war
ihre Muttergesellschaft, die J GmbH & Co. KG (KG). Bei der Arbeit-
geberin besteht der zu 2. beteiligte Betriebsrat. Zwischen der Arbeit-
geberin als Organgesellschaft und der KG als Organtra¨gerin besteht ein
Gewinnabfu¨hrungsvertrag.
Aufgrund der ru¨ckla¨ufigen Umsa¨tze entschloss sich die Arbeitgeberin
Ende des Jahres 2008, ihren einzigen Betrieb in O zu schließen. Nach
dem Scheitern der Verhandlungen mit dem Betriebsrat u¨ber einen Inte-
ressenausgleich und Sozialplan beschloss die Einigungsstelle am 16. 1.
2009 einen Sozialplan mit einem Volumen von 1,046 Mio. €. Im Som-
mer 2009 stellte sie den Betrieb ein und vera¨ußerte das Anlagever-
mo¨gen.
Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht, das Sozialplanvolumen sei wirt-
schaftlich unvertretbar. Sie ko¨nne diesen Betrag nicht selbst aufbringen.
Die Vorinstanzen haben (zuletzt LAG Niedersachsen – 11 Ta BV
88/10) den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Die Rechtsbeschwer-
de hatte keinen Erfolg.
AUS DEN GRU¨ NDEN
1 . . . 13
I
A.
. . .
B. III.
Der Spruch der Einigungsstelle ist mit
§ 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG vereinbar. Das Sozialplanvolumen
u¨bersteigt nicht die Grenzen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit
fu¨r die Arbeitgeberin.
Die Ermessensentscheidung der Einigungsstelle unterliegt der
uneingeschra¨nkten U¨ berpru¨fung durch das Gericht
14 . . . 15
I
1.
. . .
2.
Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle nach
§ 76 Abs. 5 Satz 4, § 112 Abs. 5 BetrVG ist, ob sich der Spruch
der Einigungsstelle als angemessener Ausgleich der Belange des
Betriebs und Unternehmens auf der einen und der betroffenen
1182
Arbeitsrecht
DER BETRIEB | Nr. 21 | 24. 5. 2013