DER BETRIEB 21 - page 60

der „eigenen Verha¨ltnisse“ des Veranstalters, sondern greift in
die geschu¨tzten Rechtspositionen Dritter ein
3
. Bei der von sei-
nem Kunden abzugebenden Erkla¨rung nimmt der Verwender
die rechtsgescha¨ftliche Gestaltungsfreiheit fu¨r sich ebenso in
Anspruch wie bei der Vorformulierung eines Vertragstextes, wo-
bei der Kunde lediglich entscheiden kann, ob er die Erkla¨rung
abgeben will, auf ihren Inhalt aber keinen Einfluss hat
4
.
20
I
Nach der Rechtsprechung des BGH sind die §§ 305 ff.
BGB auf vom Verwender vorformulierte einseitige Erkla¨rungen
des anderen Teils anzuwenden, die im Zusammenhang mit einer
Sonderverbindung stehen
5
. Entgegen der Ansicht der Revision
ist die Geltung der §§ 305 ff. BGB im Streitfall nicht etwa des-
wegen ausgeschlossen, weil es an einem solchen Zusammenhang
fehlt. Mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel ist ein Rechts-
verha¨ltnis verbunden, aus dem Pflichten hinsichtlich der sorgfa¨l-
tigen und ordnungsgema¨ßen Durchfu¨hrung des Spiels sowie des
Schutzes der perso¨nlichen Daten der Teilnehmer erwachsen.
Hierin liegt - neben dem einseitigen Rechtsgescha¨ft des Preis-
ausschreibens als solchem - eine schuldrechtliche Sonderverbin-
dung, die jedenfalls ein vertragsa¨hnliches Verha¨ltnis begru¨ndet
und es - zumal mit Blick auf den gebotenen Schutz der Rechts-
gu¨ter der Beteiligten - rechtfertigt, vom Veranstalter vorgege-
bene Erkla¨rungen, wenn sie im Zusammenhang mit dem Ge-
winnspiel abgegeben werden, der AGB-Kontrolle nach den
§§ 305 ff. BGB zu unterziehen
6
. Dabei kommt es nicht darauf
an, ob fu¨r die an dem Gewinnspiel interessierten Verbraucher
der Eindruck entsteht, ohne Einwilligung in die Telefonwer-
bung sei eine Spielteilnahme nicht mo¨glich
7
.
Wirksamkeit der Einwilligung in Werbeanrufe unter den Voraus-
setzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG
21
I
bb)
Die Einwilligungen sind allerdings nicht schon deshalb
unwirksam, weil sie im Rahmen einer vorformulierten Erkla¨rung
abgegeben wurden, die der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB
unterliegt. Art. 13 Abs. 3 der RL 2002/58/EG (Datenschutz-
richtlinie fu¨r elektronische Kommunikation) setzt voraus, dass
eine Einwilligung in Werbeanrufe grundsa¨tzlich mo¨glich ist.
Die Mitgliedstaaten mu¨ssen danach zwar Telefonteilnehmer vor
Werbeanrufen schu¨tzen, indem sie deren Zula¨ssigkeit entweder
davon abha¨ngig machen, dass der betreffende Teilnehmer dafu¨r
eine Einwilligung erteilt (sog. „Opt-In-Lo¨sung“) oder ihnen
nicht widerspricht (sog. „Opt-out-Lo¨sung“). Ein vollsta¨ndiges
Verbot ist dagegen nicht vorgesehen. Der deutsche Gesetzgeber
hat in § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG die Opt-In-Lo¨sung umge-
setzt
8
. Diese Vorschrift wirkt sich aber nur dann nicht als fak-
tisches Verbot jeder Telefonwerbung im privaten Bereich aus,
wenn eine im modernen Gescha¨ftsleben praktikable Mo¨glichkeit
besteht, die Einwilligung zu erhalten. Das setzt voraus, dass die
Einwilligung grundsa¨tzlich auch in Allgemeinen Gescha¨fts-
bedingungen wirksam erteilt werden kann
9
. Davon geht auch
die ju¨ngere Rechtsprechung des BGH zur E-Mail-Werbung aus
10
.
Soweit fru¨heren Entscheidungen des Senats etwas Abweichen-
des entnommen werden kann
11
, wird daran nicht festgehalten.
Unwirksamkeit der Einversta¨ndniserkla¨rungen gem. § 307
Abs. 1 BGB mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 7
Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG
22
I
cc)
Im Streitfall erfu¨llen die Einversta¨ndniserkla¨rungen aber
nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG.
Das Berufungsgericht hat deshalb ohne Rechtsfehler angenom-
men, sie seien als unangemessene Benachteiligung der Verbrau-
cher gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Richtlinienkonforme Bestimmung des Begriffs der „Einwil-
ligung“
23
I
(1)
Da mit § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG die Bestimmung
des Art. 13 der RL 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie fu¨r elek-
tronische Kommunikation) umgesetzt wurde, ist der Begriff der
„Einwilligung“ richtlinienkonform zu bestimmen
12
. Art. 2 Satz 2
Buchst. f der RL 2002/58/EG verweist fu¨r die Definition der
Einwilligung auf Art. 2 Buchst. h der RL 95/46/EG zum
Schutz natu¨rlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezo-
gener Daten und zum freien Datenverkehr. Danach ist Einwil-
ligung „jede Willensbekundung, die ohne Zwang, fu¨r den kon-
kreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt“
13
.
Anforderungen an die Wirksamkeit einer Einwilligung
24
I
(2)
Eine Einwilligung wird „in Kenntnis der Sachlage“ er-
teilt, wenn der Verbraucher weiß, dass seine Erkla¨rung ein Ein-
versta¨ndnis darstellt und worauf sie sich bezieht
14
. Die Einwil-
ligung erfolgt fu¨r den konkreten Fall, wenn klar wird, welche
Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie kon-
kret erfasst
15
. Eine wirksame Einwilligung kann danach auch
durch Ankreuzen einer entsprechend konkret vorformulierten
Erkla¨rung erteilt werden, wenn sie in einem gesonderten Text
oder Textabschnitt ohne anderen Inhalt enthalten ist. Liegt eine
wirksame Einwilligung vor, ist unerheblich, ob das Unterneh-
men selbst oder von ihm eingeschaltete Beauftragte den Wer-
beanruf ausfu¨hren.
Keine Erteilung der Einwilligungen „fu¨r den konkreten Fall“
25
I
(3)
Diese fu¨r die Wirksamkeit einer Einwilligung bestehen-
den Anforderungen sind, wie das Berufungsgericht unter Bezug-
nahme auf das LG festgestellt hat, im Streitfall bei keinem der
43 unstreitigen Anrufe erfu¨llt. Denn die Einwilligungen der
Verbraucher, die den Kreis der mo¨glichen werbenden Anrufer
nicht oder jedenfalls nicht abschließend festlegen und die zu be-
werbenden Produkte oder Dienstleistungen in keiner Weise be-
stimmen, sind nicht „fu¨r den konkreten Fall“ erteilt worden.
26
I
Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Darlegun-
gen der Beklagten zu den bei Internetgewinnspielen erteilten
Einwilligungen den Anforderungen genu¨gen, die der Senat in
seiner Entscheidung Double-opt-in-Verfahren
16
aufgestellt hat.
3 Vgl. BGH vom 23. 9. 2010, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 24.
4 Vgl. BGH-Urteil vom 16. 3. 1999 - XI ZR 76/98, BGHZ 141 S. 124 (126) = DB
1999 S. 1109; vom 27. 1. 2000 - I ZR 241/97, Telefonwerbung VI, DB0051360
= GRUR 2000 S. 818 (819) = WRP 2000 S. 722.
5 Vgl. BGH vom 16. 3. 1999, a.a.O. (Fn. 4); vom 27. 1. 2000, a.a.O. (Fn. 4).
6 Vgl. BGH vom 23. 9. 2010, a.a.O. (Fn. 1), Rdn. 24.
7 A. A. Kammergericht, Urteil vom 26. 8. 2010 – 23 U 34/10, NJW 2011
S. 466.
8 Vgl. Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks.
15/1487 S. 21.
9 Vgl. etwa
Leible
, in: Mu¨nchKomm-UWG, § 7 Rdn. 113;
Witzmann/Seichter
,
WRP 2007 S. 699 (704 f.);
Jankowski
, GRUR 2010 S. 495 (497), jew. m. w. N.
10 Vgl. BGH-Urteil vom 16. 7. 2008 - VIII ZR 348/06, BGHZ 177 S. 253 = DB
2008 S. 2188, Rdn. 29, 33.
11 Vgl. BGH-Urteil vom 27. 1. 2000, a.a.O. (Fn. 4), GRUR 2000 S. 818; vom 2.
11. 2000 - I ZR 154/98, VersR 2001 S. 315.
12 Ebenso
Ko¨hler
, in: Ko¨hler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 7 Rdn. 149;
Koch
,
in: jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 7 Rdn. 220;
Menebro¨cker
, in: Go¨tting/Norde-
mann, UWG, § 7 Rdn. 61.
13 Vgl. BGH-Urteil vom 17. 7. 2008 - I ZR 75/06, Faxanfrage im Autohandel zu
§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, DB 2008 S. 1967 = GRUR 2008 S. 923, Rdn. 16 = WRP
2008 S. 1328.
14 Vgl.
Ko¨hler
, a.a.O. (Fn. 12), § 7 Rdn. 149b.
15 Vgl.
Ko¨hler
, a.a.O. (Fn. 12), § 7 Rdn. 149c.
16 Urteil vom 10. 2. 2011 - I ZR 164/09, DB 2011 S. 1857 = GRUR 2011 S. 936,
Rdn. 31 ff. = WRP 2011 S. 1153.
1172
Wirtschaftsrecht
DER BETRIEB | Nr. 21 | 24. 5. 2013
1...,50,51,52,53,54,55,56,57,58,59 61,62,63,64,65,66,67,68,69,70,...86
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