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KURS
8 / 2013
VERS I CHERUNGEN
den Markt kommen können, die eine Flexibilisierung der
Garantiezeit bei gleichzeitig ausgeprägterer Renditekompo-
nente vorsehen.
KURS: Befürchten Sie nicht, einem aktuellen Trend hinter-
herhinken, wenn Sie sich noch ein Jahr Zeit lassen?
Berndt:
Erstens sollten solche Alternativen sowohl für den
Versicherten und damit auch für den Vertrieb einen deut-
lichen Vorteil bieten
und müssen des-
halb entsprechend
sorgfältig ausgestal-
tet sein. Zweitens
haben wir bisher
noch keine besonde-
re Nachfrage unserer
Vertriebspartner nach einem solchen Produkt festgestellt.
Wenn wir unseren Versicherten ein Rentenprodukt emp-
fehlen, bei dem sie auf die gewohnte lebenslange Garan-
tie verzichten, dann müssen wir auf der anderen Seite die
Renditekomponenten so gestalten, dass sie eine wirklich
attraktive Alternative bieten und den Kunden damit einen
Mehrwert. Und nicht zuletzt müssen auch die Makler als
Sachwalter der Kunden mit einem solchen Produkt leben
können. Deshalb ist Sorgfalt statt hektischer Betriebsamkeit
bei der Produktentwicklung erste Pflicht, um Ecken und
Kanten von Anfang an glatt zu schleifen.
KURS: Die Zeit drängt also nicht so sehr, dass Sie Fünfe
einmal gerade sein lassen könnten?
Berndt:
Wie die Vertriebsentwicklung zeigt, erleben die
klassischen Produkte zumindest in unserem Hause derzeit
eine Renaissance. Deshalb wäre es nicht sinnvoll, etwas hek-
tisch zu überstürzen. Dennoch ist uns bewusst, dass sich
verändernde Nachfragemärkte und Rahmenbedingungen
auch neue Produkt- und Vertriebsstrategien erfordern. Ich
bin aber der Überzeugung, dass dieses Umsteuern hin zu
differenzierteren Garantieabsicherungen ein gleitender Pro-
zess sein wird. Wie schnell und wie intensiv der vonstatten
geht, wird auch durch das Zinsumfeld bestimmt. Letztlich
wird diese Debatte ja auch maßgeblich von der Frage nach
der Solvenz und damit der soliden Kapitalausstattung eines
Versicherers bestimmt. Je länger das Niedrigzinsumfeld an-
dauert, umso intensiver dürfte sich der Umbau der privaten
Vorsorge gestalten.
KURS: Würden Sie den Kunden denn augenblicklich noch
zu einer privaten Rentenversicherung raten?
Berndt:
Ich halte sie nach wie vor für einen unverzichtba-
ren Baustein im privaten Vorsorgeportfolio. Mit ihr wird
das sichere Fundament zur langfristigen Vorsorge gelegt.
Was wollen denn die Menschen mit ihren Geldanlagen
erreichen? Zunächst einmal soll die notwendige Liqui-
dität für tägliche Ausgaben zur Verfügung stehen. Dann
wollen sie zur Befriedigung von größeren Anschaffungs-
wünschen auch möglichst rentable Investitionen mit mittel-
fristigem Anlagehorizont. Und schließlich steht dann noch
die langfristige Absicherung der großen Lebensrisiken auf
der Agenda. Diese unterschiedlichen Bedürfnisse kann lo-
gischerweise ein einziges Anlage- oder Vorsorgeprodukt
nicht erfüllen. Je langfristiger der Anlagehorizont aber ist,
umso ausgeprägter müssen die Sicherheitskomponenten
sein. Langfristige Sicherheit für die nachhaltige Altersvor-
sorge ist mit Rekordrenditen nicht zu vereinbaren. Dieses
einfache Gesetz des Marktes müssen wir den Menschen
wieder vermitteln. Die Rentenversicherung ist ein nach-
haltiges, auf die langfristige Vorsorge ausgelegtes Produkt.
Für Renditejäger eignet es sich deshalb nicht.Wenn Berater
mit ihren Kunden den richtigen Anlage- und Vorsorgemix
unter Berücksichtigung der individuellen Zielvorstellungen
planen, müssen sie auch ganz deutlich auf diese Zusammen-
hänge hinweisen. Und ja, für die langfristige Altersvorsorge
kenne ich unter Berücksichtigung der beschriebenen Ziel-
vorstellungen nach wie vor kaum ein geeigneteres Produkt
als die private Rentenversicherung.
KURS: ...die aber mit einem in den vergangenen Jahren ste-
tig zurückgenommenen Garantiezins argumentativ immer
stärker unter Druck gerät.
Berndt:
Noch einmal: Wer hohe Renditen erwartet, für den
ist eine Kapital-Rentenversicherung sicher nicht das rich-
tige Produkt. Es ist
doch eine Frage der
persönlichen Erwar-
tungshaltung. Wir
als Versicherer und
auch die Makler soll-
ten nicht den Fehler
begehen, die tradi-
tionelle Kapital- oder Rentenversicherung als ein Produkt
zu verklären, das es niemals war und auch nie sein kann.
Sie ist eben kein Renditeturbo, sie ist ein Instrument zum
langfristigen Aufbau eines Kapitalstocks für das Alter. Doch
das Grundprinzip ist richtig und wichtig. Gerade auch für
eine Gesellschaft, die durch den demografischen Wandel an
die Grenzen der staatlichen Rundum-Versorgung stößt, und
für die eine ausreichende und sichere individuelle Vorsorge
deshalb existenziell wichtig ist.
KURS: Und Ihr Haus wird diesen Wandel offensiv mitge-
stalten?
Berndt:
Wir profitieren ja derzeit schon aufgrund unserer
Kapitalstärke überproportional vom wachsenden Sicher-
heitsbedürfnis der Menschen. Die Makler schätzen solche
Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit sehr und belohnen uns
mit starken Zuwächsen bei den klassischen Renten- und
auch bei den Fondsversicherungen in der privaten wie
in der betrieblichen Altersvorsorge. Gemeinsam mit den
Vertriebspartnern die großen Herausforderungen eines
schwierigen Marktumfeldes und der erheblich anwach-
senden Regulierungsvorschriften zu meistern, entspricht
unserer traditionellen Geschäftsphilosophie. Das hat uns
in der Vergangenheit stark gemacht und wird, da bin ich
sicher, zu einer weiterhin sehr positiven Entwicklung der
Stuttgarter beitragen.
Das Gespräch führte George Clegg
„Das Umsteuern hin zu
differenzierteren Garan-
tieabsicherungen wird ein
gleitender Prozess sein.“
„Langfristige Sicherheit für
die nachhaltige Altersvor-
sorge ist mit Rekordrendi-
ten nicht zu vereinbaren.“