KURS MAGAZIN 11/2013 - page 22

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KURS
11 / 2013
BETR I EBSRENTE AUF DEM VORMARSCH
Z
unächst ist der in letzter Zeit aufgeflammten Kritik,
die betriebliche Altersversorgung (bAV) sei unter den
Alternativen für den Einsatz eines „Vorsorge-Euros“
nicht unbedingt die ersteWahl, energisch entgegenzutreten.
Für den Einzelfall mögen andere Wege unter bestimmten
Konstellationen auch einmal günstiger ausfallen – aber es
geht bei der bAV eben nicht um den Einzelfall. Denn die
bAV entfaltet ihren Sinn auf der Ebene von Arbeitneh-
mergruppen, ganzer Belegschaften oder gar Tarifparteien,
indem sie Effizienzvorteile der standardisierten Abwicklung
gruppeneinheitlicher Versorgungspläne an die Begünstigten
weitergibt. Solche Kostenvorteile gibt es bei Finanzpro-
dukten, die im Wettbewerb fakultativ verkauft werden
müssen, nicht. Zudem stellt die nachgelagerte Besteuerung
von Leistungen der bAV den gesamten Ansparprozess inkl.
der Zinserträge bis zum Fälligkeitszeitpunkt steuerfrei,
was einem im Vergleich gravierenden Performancevorteil
gleichkommt. Hinzu kommen für den Arbeitnehmer wei-
tere Vorteile durch gesetzliche Regelungen: Kapitalerhalt
der eingezahlten Beiträge wie eine Anpassungsgarantie bzw.
Anpassungsprüfungsgarantie laufender Leistungen oder der
gesetzliche Insolvenzschutz.
Trotz alledem ist eine deutliche Verunsicherung und Zurück-
haltung der Arbeitnehmer in Bezug auf die bAV zu verspüren
und es stellt sich die Frage, was getan werden kann, um
dies zu ändern.
Nachholbedarf in Sachen Transparenz
Die bAV hat auf dem Gebiet der Transparenz Einiges nach-
zuholen.Arbeitgeber und Produktanbieter müssen ihre Kom-
munikation weg von der detailreichen Erklärung rechtlicher
Besonderheiten hin zu einer motivierenden Kommunikation
über den Nutzen der bAV entwickeln. bAV ist keineswegs läs-
tiges „must have“, sondern eine Maßnahme zur Steigerung
der Lebensqualität. Mittlerweile hat das Thema sogar die
Ebene der Europäischen Kommission erreicht. Im EU-Weiß-
buch für nachhaltige und sichere europäische Pensions- und
Rentensysteme hat das Ziel „Herstellung von Transparenz
für den Arbeitnehmer“ ein besonderes Gewicht. Klarheit
und Verständlichkeit über die zu erwartenden Versorgungs-
leistungen führen auch zurWertschätzung etwaiger Beiträge
des Arbeitgebers und erhöhen damit den betriebswirtschaft-
lichen Nutzen der bAV. Außerdem sind sie die Basis für die
Bereitschaft des Arbeitnehmers, seine eigenen Vorsorgebei-
träge ggf. zu erhöhen.
Gleich ob firmenintern organisiert oder extern bei bAV-Anbie-
tern zugekauft: dasAusmaß der Unterstützung, die seitens des
Versorgungsträgers für die Herstellung von Transparenz über
den Nutzen der bAV geleistet werden kann, wird zu einem
zunehmend erfolgskritischen Faktor für die bAV an sich.
Wenn Transparenz ein Schlüssel zu mehr Verbreitung der
bAV ist, dann muss erst Recht die Reduzierung der Komple-
xität ein Ziel sein, denn Komplexität führt zu Intransparenz.
DemArbeitgeber, der den organisatorischen Rahmen für die
bAV bereitstellen muss, kommt die bAV oft intransparent
vor, weil sie sich ihm als „black box“ mit einem gefühlt
komplexem Inhalt darstellt.
Klarer Schnitt ist hilfreich
In der Praxis hilft hier meist ein klarer Schnitt zwischen
Vergangenheit und Zukunft. Für zukünftige Finanzierungs-
beiträge ist es kein Problem, eine Gestaltungsform zu finden,
die für den Arbeitgeber risikoarm und überschaubar bleibt.
Gerade bei kleinen Unternehmen bietet sich hier als bewährte
Lösung die Direktversicherung an, an der sich Arbeitgeber
und Arbeitnehmer beteiligen können.
Wenn schon eine bAV imUnternehmen existiert, ist bei deren
Veränderung für die Zukunft allerdings die Hilfe eines Be-
raters dringend zu empfehlen.
Attraktivität steigern
Die Diskussionen um das deutsche Rentensystem reißen nicht ab. Glaubte man zunächst, mit den Riester-
und Rürup-Reformen die gesetzliche Rentenversicherung auf eine zumindest mittelfristig sichere finanzielle
Grundlage gestellt zu haben, so gibt es heute Stimmen, dass man über das Ziel hinausgeschossen sei und
einer zunehmenden Altersarmut Vorschub geleistet habe. Zudem trifft die anhaltende Niedrigzinsphase,
nicht zuletzt verursacht durch die Niedrigzinspolitik der EU, die kapitalgedeckten Systeme, darunter auch die
betriebliche Altersversorgung
(bAV), an ihrer Achillesferse. Ist die bAV nicht mehr attraktiv beziehungsweise
was kann geschehen, damit sie als attraktiv wahrgenommen wird?
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