DER BETRIEB 25 - page 21

5. Einscha¨tzungen zum Aspekt der Trittbrettfahrerproblema-
tik
Die Ha¨lfte der Befragten geht (sehr) selten von einer Reduzie-
rung der Pru¨fungsintensita¨t des anderen Abschlusspru¨fers zu
Lasten der eignen Pru¨fung aus. 30% wa¨hlen die neutrale Ant-
wortkategorie und 20% der Berufspraktiker berichten (sehr) ha¨u-
fig von einer Reduzierung der Pru¨fungsintensita¨t des anderen
Abschlusspru¨fers. Diese Antworten lassen eine schwache Ten-
denzaussage zu, dass die Trittbrettfahrerproblematik kein weit
verbreitetes Problem bei Joint Audits zu sein scheint (s. Abb. 5).
Das Antwortverhalten zur zweiten auf die Trittbrettfahrer-
problematik abstellende Frage gestaltet sich sehr a¨hnlich. 20%
der Befragungsteilnehmer beobachten eine unter das erforderli-
che Maß eingeschra¨nkte Kommunikation (sehr) ha¨ufig, wa¨hrend
mehr als die Ha¨lfte der Befragten dies (sehr) selten beobachtet.
Ein Viertel der Berufspraktiker entscheiden sich fu¨r die neutrale
Antwortkategorie (s. Abb. 5). Folglich liefert auch dieses Ergeb-
nis einen Indikator dafu¨r, dass die Trittbrettfahrerproblematik
kein grundsa¨tzliches Problem bei Joint Audits darstellt.
6. Einscha¨tzungen zum Aspekt der Meinungsverschiedenhei-
ten
Hinsichtlich mo¨glicher Meinungsverschiedenheiten in Bezug
auf das zu treffende Pru¨fungsurteil sieht der Großteil der Befrag-
ten ein Vorkommen als (sehr) selten an. Zudem scha¨tzt keiner
der Berufspraktiker ein Auftreten von Meinungsverschiedenhei-
ten in Bezug auf das zu treffende Pru¨fungsurteil als (sehr) ha¨ufig
ein (s. Abb. 6). Folglich liegt eine klare Tendenz vor, dass Mei-
nungsverschiedenheiten hinsichtlich des zu treffenden Pru¨fungs-
urteils von a¨ußerst geringer Relevanz bei Joint Audits sind. So-
fern diese doch vorkommen, wird unter den bestehenden Vo-
raussetzungen in Frankreich eine Lo¨sung gefunden. Diese er-
folgt dabei „
durch Diskussion und in seltenen Fa¨llen durch pru¨ -
fungsgesellschaftsspezifische Zusa¨tze zum Testat
50
. „
Meistens wird
nach Diskussionen eine einvernehmliche Lo¨sung gefunden
51
. Hier-
bei wird auch auf Grundsatz- und Fachabteilungen der Pru¨-
fungsgesellschaften zuru¨ckgegriffen. „
In der Regel konvergieren
die technischen Meinungen und es ist unschwer, eine gemeinsame
Entscheidung zu treffen
52
.
VI. Zusammenfassung
Der im Gru¨nbuch der EU-Kommission enthaltene Vorschlag
zur verpflichtenden Einfu¨hrung von Joint Audits bei Abschluss-
pru¨fungen von Unternehmen des o¨ffentlichen Interesses ent-
fachte eine kontroverse Debatte um Joint Audits. Wa¨hrend die
Befu¨rworter von Joint Audits eine Steigerung der Pru¨fungsquali-
ta¨t und positive Auswirkungen auf die derzeitige Marktstruktur
durch Joint Audits sehen, verweisen die Gegner im Wesentlichen
auf Ineffizienzen bei der Durchfu¨hrung von Abschlusspru¨fungen
und damit steigende Pru¨fungskosten. Ferner bilden praktische
Herausforderungen im Rahmen einer mo¨glichen Trittbrett-
fahrerproblematik bei Gemeinschaftspru¨fungen sowie mo¨gliche
Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf das zu treffende Pru¨-
fungsurteil weitere im Fokus stehende Aspekte.
Durch die strukturierte Befragung von Berufspraktikern einer
großen Pru¨fungsgesellschaft in Frankreich kann explizit die
Wahrnehmung sowie die Einscha¨tzung von Personen, die eine
langja¨hrige Erfahrung in dem einzigen verpflichtenden Joint
Audit-Regime in Europa aufweisen, in Bezug auf diese wesent-
lichen Diskussionspunkte analysiert werden. Die Ergebnisse zei-
gen, dass die Befragungsteilnehmer einen deutlichen Mehrauf-
wand bei einer Joint Audit-Abschlusspru¨fung hervorgerufen
durch die erforderliche Kommunikation und Koordination mit
dem anderen Abschlusspru¨fer sehen. Inwiefern dieser Zusatzauf-
wand, der sich in zusa¨tzlichen Pru¨fungskosten widerspiegeln
du¨rfte, auch an die Mandanten in Form von ho¨heren Pru¨fungs-
honoraren weitergegeben wird, bleibt allerdings unklar. Empiri-
sche Arbeiten, die lediglich auf die messbaren Pru¨fungshonorare
– und nicht auf die Pru¨fungskosten oder den Pru¨fungsaufwand –
zuru¨ckgreifen ko¨nnen, liefern zu dieser Fragestellung keine ein-
deutigen Ergebnisse. Keine eindeutige Aussage kann daru¨ber ge-
wonnen werden, ob sich der Mehraufwand auch in einer ho¨he-
ren Pru¨fungsqualita¨t niederschla¨gt. Die Anmerkungen einiger
Befragter lassen aber vermuten, dass (aus Sicht einer Big4-Pru¨-
fungsgesellschaft) durch eine zweite Pru¨fungsgesellschaft aus der
Gruppe der Big4 kein Zuwachs an Wissen zu erwarten ist.
Allerdings scheint hinsichtlich der Qualita¨tsbetrachtung die Gro¨-
ße der Pru¨fungsgesellschaft maßgeblich zu sein: Bei den durch-
gefu¨hrten Pru¨fungshandlungen selbst scheinen kaum Unter-
schiede vorzuliegen, wohl aber bei der Pru¨fungsdokumentation.
Auch die bisherige empirische Evidenz liefert diesbezu¨glich un-
ter Ru¨ckgriff auf bekannte Surrogate fu¨r die Pru¨fungsqualita¨t
keine eindeutigen Ergebnisse. Hinsichtlich der Auswirkungen
auf die Marktstruktur geben die Ergebnisse einen Indikator da-
fu¨r, dass Joint Audits die Mitwirkung von Non-Big4-Pru¨fungs-
gesellschaften an Abschlusspru¨fungen fo¨rdern und somit zu einer
Sta¨rkung der Marktpositionen von Second-Tier-Pru¨fungsgesell-
50 Antwort eines Umfrageteilnehmers auf Frage 10 des Fragebogens.
51 Antwort eines Umfrageteilnehmers auf Frage 10 des Fragebogens.
52 Teil der Antwort eines Umfrageteilnehmers auf Frage 10 des Fragebogens.
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
Betriebswirtschaft
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