DER BETRIEB 25 - page 26

mensgewinne vorliegen, fu¨r die der Betriebssta¨ttenstaat das Be-
steuerungsrecht hat (Art. 7 Abs. 1 OECD-MA). Dies setzt ku-
mulativ voraus, dass
– das durch die PersGes. begru¨ndete Unternehmen seine Ge-
scha¨ftsta¨tigkeit durch eine im anderen Staat belegene Be-
triebssta¨tte ausu¨bt und
– die Gewinne der Betriebssta¨tte zuzuordnen sind.
Die DBA-rechtlichen Regelungen des Betriebssta¨ttenvorbehalts
im Einzelfall sind durchaus unterschiedlich. Die deutsche Fi-
nanzverwaltung geht bei der Definition des Begriffs „Unterneh-
mensgewinne“ im Grundsatz bislang von einem nationalen
Rechtsversta¨ndnis aus (Art. 3 Abs. 2 OECD-MA) und folgert
daraus unter 2. 2. 1 des BMF-Schreibens vom 16. 4. 2010
14
,
„. . . dass eine gewerblich gepra¨gte PersGes. fu¨r Deutschland als An-
wenderstaat nur Unternehmensgewinne i. S. des Art. 7 OECD-MA
erzielt.“
Widerspru¨chlich dazu wird unter 2. 2. 3 ausgefu¨hrt:
„. . . allein aufgrund des Bestehens einer gewerblich ta¨tigen oder ge-
werblich gepra¨gten PersGes. ist nicht zugleich von dem Vorliegen
einer Betriebssta¨tte auszugehen, der Gewinne zugerechnet werden
ko¨nnen.“
Auf jeden Fall sind die „Anerkennungshu¨rden“ der Finanz-
verwaltung fu¨r doppelbesteuerungsrechtliche Unternehmens-
gewinne bei Zwischenschaltung einer GmbH & Co. KG wegen
vordergru¨ndiger Wahrung des deutschen Besteuerungsrechts fu¨r
die laufenden Einku¨nfte nicht sehr hoch. Die tatsa¨chlich funk-
tionale Zuordnung der Beteiligung zum Sonderbetriebsver-
mo¨gen eines Mitunternehmers kann allerdings im Einzelfall be-
sondere Fragen aufwerfen. Im Vergleich dazu du¨rfte die Einlage
in das Gesamthandsvermo¨gen einer inla¨ndischen Mitunterneh-
merschaft und ihrer eigensta¨ndigen zivilrechtlichen Rechtsinha-
berschaft auch aus Sicht des ausla¨ndischen Ansa¨ssigkeitsstaats
weniger problematisch sein.
Im Gegensatz zur Auffassung der Finanzverwaltung reicht
allerdings nach der st. BFH-Rspr. eine gewerbliche Pra¨gung allein
zur Erlangung der doppelbesteuerungsrechtlichen Betriebssta¨tten-
qualifikation nicht aus
15
. Es erfolgt eine abkommensautonome
Auslegung, die fu¨r die DBA-rechtliche Bestimmung der Ein-
kunftsart auf die durch die PersGes. ausgeu¨bte tatsa¨chliche Ta¨-
tigkeit abstellt. Fu¨r Dividenden aus und Vera¨ußerungsgewinne
an KapGes.-Anteilen hat dann u¨blicherweise der Ansa¨ssigkeits-
staat des Wegziehenden die Besteuerungsbefugnis; Deutschland
hat ein dividendenbezogenes Quellenbesteuerungsrecht (§ 49
Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG). Die Finanzverwaltung ko¨nnte als
Folge daraus zum Wegzugszeitpunkt eine Entstrickungsbesteue-
rung vornehmen
16
.
Um das seit Jahren bestehende Spannungsverha¨ltnis zwischen
Finanzverwaltung und BFH-Sicht bei der DBA-rechtlichen Be-
urteilung von PersGes. zu lo¨sen, wird man in der Praxis vor
Wegzug eine verbindliche Auskunft einzuholen versuchen, was
in den vergangenen Jahren nicht leicht zu erreichen war. Ggf.
wird man im Einzelfall den Betriebssta¨ttencharakter der inla¨n-
dischen PersGes. in Richtung gescha¨ftsleitender Holding oder
anderweitiger origina¨r gewerblicher Ta¨tigkeitselemente (z. B.
durch Begru¨ndung einer Mitunternehmerbetriebssta¨tte) sta¨rken
mu¨ssen. Ggf. wird auch eine vorherige Abstimmung mit dem
Wegzugsstaat (Einholung einer Negativbescheinigung
17
) sinn-
voll sein. Werden insoweit keine klarstellenden Vereinbarungen
getroffen, ko¨nnen sich vor allem in einem spa¨teren Vera¨uße-
rungsfall der KapGes.-Anteile Qualifikationskonflikte ergeben,
da einerseits Deutschland als vermeintlicher Betriebssta¨ttenstaat
das Besteuerungsrecht fu¨r sich in Anspruch nimmt, gleichzeitig
aber auch der Ansa¨ssigkeitsstaat des Gesellschafters mangels
Eingreifen des Betriebssta¨ttenvorbehalts ein Besteuerungsrecht
fordert. Folge daraus ko¨nnen Doppelbesteuerungen sein. Im
Hinblick auf § 34c EStG stellt sich die Frage, ob anrechnungs-
befugte ausla¨ndische Einku¨nfte vorliegen. Letztlich wird eine
Steueranrechnung zur Vermeidung effektiver Mehrfachbelastun-
gen geboten sein.
V. Rechtsa¨nderungen durch § 50i EStG mit Wegzugs-
relevanz
Um die bestehenden Rechtsunsicherheiten bei der doppel-
besteuerungsrechtlichen Qualifikation von PersGes. zu beseiti-
gen, ist durch das AmtshilfeRLUmsG im Interesse inla¨ndischer
Steuersubstratabsicherung jedenfalls fu¨r „Altfa¨lle“ (Einlage in
eine gewerblich gepra¨gte PersGes. vor Gesetzesverku¨ndung) eine
„gesetzliche Abschirmregelung“ in § 50i EStG geschaffen wor-
den. Der Sinn der Neuregelung ist nicht ganz einfach versta¨nd-
lich. Jedenfalls wird durch § 50i EStG die Abschirmwirkung
auch einer rein gewerblich gepra¨gten (oder infizierten) PersGes.
ungeachtet etwaiger treaty override-Rechtsfragen in den betrof-
fenen „Altfa¨llen“ aus Inla¨ndersicht gesta¨rkt.
Der neue § 50i EStG hat drei Regelungsbereiche, in denen
die „Vorstellungswelt“ der Finanzverwaltung zur doppelbesteue-
rungsrechtlichen Beurteilung von PersGes. gegen den BFH fu¨r
„Altfa¨lle“ abgesichert werden soll
18
. Das BMF-Schreiben vom
16. 4. 2010 wurde insoweit in § 50i EStG „umgesetzt“ und hat
fu¨r „Altfa¨lle“ eine Selbstbindung der Verwaltung zur Folge.
Zum einen will § 50i EStG die Vera¨ußerungsgewinnbesteue-
rung an in eine PersGes. eingebrachten KapGes.-Anteilen in
Deutschland fu¨r U¨ berfu¨hrungen/U¨ bertragungen vor dem Tag der
Verku¨ndung des Gesetzes unabha¨ngig von einem (vergangenen
oder zuku¨nftigen) Wegzugstermin sicherstellen (capital gains-Be-
steuerung). Zum zweiten sollen in diesen Fa¨llen auch die laufen-
den Einku¨nfte, die aus einer solchen Abschirm-PersGes. erzielt
werden, stets Deutschland zustehen. Drittens schließlich wird
eine Sonderregelung vor allem fu¨r Betriebsaufspaltungen geschaf-
fen. Flankierende Erga¨nzungen des § 34c EStG sind nicht vor-
gesehen. Die Regelung hat nach dem AmtshilfeRLUmsG folgen-
den Wortlaut:
§ 50i Besteuerung bestimmter Einku¨nfte und Anwendung von
Doppelbesteuerungsabkommen
Sind Wirtschaftsgu¨ter des Betriebsvermo¨gens oder sind Anteile i. S.
des § 17 vor dem (. . . Datum der Verku¨ndung im Bundesgesetzblatt
. . .) in das Betriebsvermo¨gen einer Personengesellschaft i. S. des
§ 15 Abs. 3 u¨bertragen oder u¨berfu¨hrt worden, und ist eine Besteue-
rung der stillen Reserven im Zeitpunkt der U¨ bertragung oder U¨ ber-
fu¨hrung unterblieben, so ist der Gewinn, den ein Stpfl., der i. S.
eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung im an-
deren Vertragsstaat ansa¨ssig ist, aus der spa¨teren Vera¨ußerung oder
Entnahme dieser Wirtschaftsgu¨ter oder Anteile erzielt, ungeachtet
entgegenstehender Bestimmungen des Abkommens zur Vermeidung
der Doppelbesteuerung zu versteuern. Auch die laufenden Einku¨nfte
aus der Beteiligung an der Personengesellschaft, auf die die in Satz 1
14 BMF vom 16. 4. 2010, a.a.O. (Fn. 2).
15 Vgl. etwa BFH vom 25. 5. 2011 a.a.O. (Fn. 3); vom 24. 8. 2011, a.a.O.
(Fn. 3); vom 28. 4. 2010, a.a.O. (Fn. 3); erga¨nzend FG Hessen vom 15. 11.
2012 – 11 K 3175/09, DB0589241 (dazu auch
Amann
, StR kompakt
DB0590315) = FR 2013 S. 286 mit Anm.
Stahl/Mann
. Als U¨ berblick auch
Prinz
, FR 2013 S. 1 (3 f.);
Dornheim
, DStR 2012 S. 1581, weist in Fn. 12
(allerdings ohne Nachweis) darauf hin, dass 2. 2. 1 des BMF-Schreibens vom
16. 4. 2010 (a.a.O. [Fn. 2]) insoweit nicht mehr anzuwenden sei.
16 Zur Problematik s.
Scho¨nfeld
, IStR 2011 S. 142.
17 BMF vom 16. 4. 2010, a.a.O. (Fn. 2), unter 6. 3.
18 Zu ersten Hinweisen vgl.
Micker
, IWB 2013 S. 6 (10) und S. 158 f.;
Levedag
,
GmbHR 2013 S. 252.
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Steuerrecht
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
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