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Beispiel 2:
Die M-GmbH (kein Verwaltungsvermo¨gen, gemeiner Wert
1 Mio. €) ist Alleingesellschafterin der T-GmbH. Das Be-
triebsvermo¨gen der T-GmbH besteht aus Wertpapieren (jun-
ges Verwaltungsvermo¨gen) im gemeinen Wert von 120.000 €
und Verbindlichkeiten von 20.000 € (gemeiner Wert verein-
facht 100.000 €). Nach § 13b Abs. 2 Satz 7 Hs. 2 ErbStG
n. F. soll die Beteiligung an der T-GmbH bei der M-GmbH
als Verwaltungsvermo¨gen i. H. von 120.000 € anstatt wie bis-
her 100.000 €, beru¨cksichtigt werden.
4. Inkrafttreten
Gem. § 37 Abs. 8 ErbStG n. F. sind die Neuregelungen auf alle
U¨ bertragungen (Erbfa¨lle und Schenkungen) anwendbar, die sich
nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses durch den Bundestag er-
eignen. Da der Bundestag u¨ber die Neuregelung am 6. 6. 2013
beschlossen hat, gilt das neue Recht mithin ab dem 7. 6. 2013,
0.00 Uhr. Wa¨hrend im La¨nderentwurf u¨ber ein JStG 2013 vom
1. 3. 2013
18
noch vorgesehen war, dass die Verscha¨rfungen des
ErbSt- und SchenkSt-Rechts auf Erwerbe nach dem vom 13. 12.
2012 (in Anlehnung an die Beschlussempfehlung des Vermitt-
lungsausschusses vom 12. 12. 2012) anwendbar sind, hat sich der
Gesetzgeber also nun – in weiser Voraussicht – gegen eine solche
weitreichende Ru¨ckwirkung entschieden. Denn es durfte mit gu-
ten Gru¨nden bezweifelt werden, dass eine solche „echte“ Ru¨ck-
wirkung verfassungsrechtlich zula¨ssig ist
19
, zumal es sich bei der
Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses des Deut-
schen Bundestags um ein Gesetzgebungsverfahren handelte,
welches zwar ebenfalls das JStG 2013 betraf, spa¨ter allerdings
vom Bundestag endgu¨ltig abgelehnt worden ist.
Die jetzige Regelung sieht eine Ru¨ckwirkung auf den Tag
nach der Beschlussfassung durch den Deutschen Bundestag vor.
Dies entspricht ga¨ngiger Praxis des Gesetzgebers und ist verfas-
sungsgerichtlich abgesichert
20
.
5. Was nicht Gesetz wurde
Die Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf des JStG
2013
21
enthielt eine fu¨r den Stpfl. gu¨nstige Regelung, wonach
dieser bei U¨ berschreiten der Verwaltungsvermo¨gensgrenze zum
Stichtag Verwaltungsvermo¨gen in Form von Geldmitteln und
Forderungen binnen zwei Jahren nach dem U¨ bertragungsstich-
tag abbauen („reinvestieren“) konnte und dann auf Antrag eine
ru¨ckwirkende Neuberechnung der Verwaltungsvermo¨gensquote
erwirken konnte. Die Formulierung des Gesetzesvorschlags
lehnte sich eng an die „Reinvestitionsklausel“ des § 13a Abs. 5
Satz 3, 4 ErbStG an und ha¨tte dem Erbwerber eine echte Hei-
lungschance geboten, um insbesondere in unvorhergesehenen
Erbfa¨llen nachtra¨glich eine verschonungsfa¨hige Verwaltungsver-
mo¨gensquote herbeizufu¨hren. Die erheblichen Verscha¨rfungen
des Verwaltungskatalogs durch die Einbeziehung von Geldmit-
teln und Forderungen wa¨re auf diesem Weg wieder etwas abge-
mildert worden. Der Vorschlag wurde bedauerlicherweise nicht
in den jetzt verabschiedeten Kompromiss u¨bernommen.
Ferner hatte der Bundesrat, wie bereits in denGesetzesberatun-
gen zum JStG 2010
22
, eine Klarstellung vorgeschlagen, wonach
nur solches Verwaltungsvermo¨gen „jung“ ist, welches aus einer
Einlage innerhalb von zwei Jahren vor dem Besteuerungszeit-
punkt stammt und im Besteuerungszeitpunkt noch vorhanden ist.
Damit ha¨tte – entgegen der jetzigenAuffassung der Finanzverwal-
tung
23
– die Anschaffung von Verwaltungsvermo¨gen aus betrieb-
lichen Mitteln (Aktivtausch) nicht mehr zu jungem Verwaltungs-
vermo¨gen gefu¨hrt
24
. Auch dies ist nicht Gesetz geworden.
III. Bewertung der Neuregelungen und erste Gestal-
tungsu¨berlegungen
1. Geldbesta¨nde und Forderungen als Verwaltungsvermo¨gen
Die Regelung in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG n. F. ist
kompliziert und hat eine stark u¨berschießende Tendenz, da sie
nicht nur sog. „Cash-Gesellschaften“ verhindert, sondern daru¨ber
hinaus fu¨r alle operativen Unternehmen, die u¨ber eine starke
Eigenkapitalquote verfu¨gen und nur geringe Fremdverbindlich-
keiten aufweisen, eine erhebliche Verscha¨rfung bedeutet. Die
faktische Einziehung einer Liquidita¨tsquote stellt einen schwe-
ren Eingriff in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit dar.
Insbesondere diejenigen Unternehmer, die vorsichtig wirtschaf-
ten und in ihrem Unternehmen eine hohe Eigenkapitalisie-
rungsquote einhalten wollen, um gegenwa¨rtigen oder ku¨nftigen
Krisen vorzubeugen, werden dafu¨r in erbschaftsteuerlicher Hin-
sicht letztlich bestraft
25
. Der Entwurf eines Gesetzes zur Ver-
ku¨rzung der Aufbewahrungsfristen
26
hatte hiergegen vorgesehen,
dass Unternehmen mit mehr als 20 Bescha¨ftigten von der Ver-
scha¨rfung ausgenommen werden, was sachdienlich gewesen
wa¨re. So gesehen kann der letztlich von 10%
27
auf 20% erho¨hte
Freibetrag allenfalls als kleines Zugesta¨ndnis verstanden werden.
Große Unsicherheit in der praktischen Anwendung birgt
auch die Kopplung des Verwaltungsvermo¨gens an den Wert des
Unternehmens (20%-Grenze). Die erbschaftsteuerliche Unter-
nehmensbewertung ist bekanntlich streitanfa¨llig und von Spiel-
ra¨umen und Bandbreiten gepra¨gt
28
. Aus diesem Grund ist die
Berechnung der Verwaltungsvermo¨gens
quote
(als Divisor aus der
Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermo¨gens und
dem gemeinen Wert der betrieblichen Einheit) ohnehin un-
scharf. Nun kommt erschwerend hinzu, dass der Wert des Un-
ternehmens zusa¨tzlich direkten Einfluss auf die absolute Ho¨he
des Verwaltungsvermo¨gens hat, indem erst nach der Feststellung
des Unternehmenswerts entschieden werden kann, wie hoch der
Freibetrag ist und ob
u¨ berhaupt
Verwaltungsvermo¨gen i. S. der
Nr. 4a vorliegt. Dies fu¨hrt letztlich zu einer „doppelt relativen“
Berechnung der Verwaltungsvermo¨gensquote, die die Planungs-
sicherheit des Stpfl. nochmal verringert.
Fraglich ist auch, ob sich nachteilige Auswirkungen auch
bei der „klassischen“ Gesellschafterfremdfinanzierung ergeben
ko¨nnen. Gesellschafterforderungen eines Gesellschafters einer
PersGes. sind nach dem Wortlaut der Neuregelung („und andere
Forderungen“) in die Berechnung des „Cash-U¨ berschusses“ grds.
einzubeziehen. Andererseits erfolgt die Berechnung der Verwal-
tungsvermo¨gensquote nach wohl h. M.
29
und Auffassung der
Finanzverwaltung
30
streng
gesellschafterbezogen
, also individuell
18 § 37 Abs. 8 i. d. F. des Gesetzesantrags der La¨nder Rheinland-Pfalz, Ham-
burg und Nordrhein-Westfalen, BR-Drucks. 139/13, DB0580898.
19 Wie hier
Werder/Dannecker
, BB 2013 S. 737 (739); a. A. wohl
Erkis/Mannek/
van Lishaut
, FR 2013 S. 245 (253).
20 Vgl. BVerfG vom 10. 10. 2012 – 1 BvL 6/07, BGBl. I 2012 S. 2344 = DB 2012
S. 2614;
Kru¨ger
, DStZ 2013 S. 137.
21 Beschluss vom 6. 7. 2012, BR-Drucks. 302/12 (B), DB0491611,S. 110.
22 Beschluss vom 9. 7. 2010, BR-Drucks. 318/10 (B), DB0361320, S. 84; da-
mals bereits abgelehnt von der Bundesregierung in BT-Drucks. 17/2823 vom
27. 8. 2010 S. 40.
23 R E 19b. 19 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2011.
24 Hierzu
Baßler/Stalleiken
, Ubg 2012 S. 530 (531).
25 Gl. A.
Korezkij
, DStR 2012 S. 163.
26 Vom 16. 4. 2013, BT-Drucks. 17/13082, DB0596090.
27 So noch der Gesetzesantrag der La¨nder Rheinland-Pfalz, Hamburg und Nord-
rhein-Westfalen, BR-Drucks. 139/13, DB0580898.
28
Viskorf
, ZEV 2009 S. 591;
Piltz
, DStR 2008 S. 745.
29 H. M., vgl.
Scholten/Korezkij
, DStR 2009 S. 147;
Stahl/Fuhrmann
, KO¨ SDI
2008 S. 16056;
St.Viskorf/Philipp
, ZEV 2009 S. 230; a. A. aber
Schulze zur
Wiesche
, DStR 2009 S. 732;
Bru¨ggemann
, ErbBstg 2013 S. 20.
30 H E 13b. 20 ErbStH 2011.
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
Steuerrecht
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