DER BETRIEB 25 - page 63

– § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, Beschwerderecht: Jeder Arbeit-
nehmer hat das Recht, sich bei den zusta¨ndigen Stellen des
Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder
von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht
behandelt oder in sonstiger Weise beeintra¨chtigt fu¨hlt. Er
kann ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstu¨tzung oder
Vermittlung hinzuziehen.
Wenn der Bescha¨ftigte zu Themen außerhalb der vorab auf-
gefu¨hrten Punkte zu dem vom Arbeitgeber initiierten Personal-
gespra¨ch ein Betriebsratsmitglied hinzuziehen mo¨chte, obliegt
die Entscheidung dem Arbeitgeber. Ob dieser dem Wunsch
zustimmt, ha¨ngt sicher auch in einem gewissen Maß von der
Unternehmenskultur und dem allgemeinen Umgang miteinander
im Unternehmen ab.
In den §§ 81–83 BetrVG heißt es, dass der Arbeitnehmer
ein Betriebsratsmitglied zum Gespra¨ch hinzuziehen kann. Wie
ist die Rolle dieser Person genau zu verstehen, darf diese den
Mitarbeiter wirksam vertreten oder nimmt sie eher eine arbeit-
nehmerorientierte beratende Position ein? Nach der h. M. soll
das Betriebsratsmitglied dem „Arbeitnehmer eine Hilfestellung
bei den Gespra¨chen“
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geben, d. h. es ist nicht berechtigt, den
Mitarbeiter im Personalgespra¨ch rechtswirksam zu vertreten.
Ein wenig anders ist die Rolle des Betriebsratsmitglieds im Fall
des Beschwerderechts nach § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Dort
heißt es, dass der Arbeitnehmer „ein Mitglied des Betriebsrats
zur Unterstu¨tzung oder Vermittlung hinzuziehen“ kann, d. h. es
wird ihm eine gewisse eigensta¨ndige Rolle eingera¨umt.
2. Vertrauensperson der Schwerbehinderten
Der Wunsch des Bescha¨ftigten zum Personalgespra¨ch die
Ver-
trauensperson der Schwerbehinderten
mitzubringen, ha¨ngt vielfach
von der Bereitschaft des Arbeitgebers ab, denn rechtliche An-
spru¨che ergeben sich aus dem SGB IX nur sehr eingeschra¨nkt.
Nach § 95 (Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung) Abs. 1
Satz 1 SGB IX vertritt die Schwerbehindertenvertretung die
Interessen der Schwerbehinderten „in dem Betrieb oder der
Dienststelle und steht ihnen beratend und helfend zur Seite“.
Ein Anrecht auf Teilnahme an einem Personalgespra¨ch, auch
nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers, la¨sst sich hieraus ebenso
wenig ableiten wie aus § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Wenn der
Schwerbehindertenvertreter jedoch Mitglied des Betriebsrats ist,
kann er vom Bescha¨ftigten in dieser Funktion zum Personal-
gespra¨ch hinzugezogen werden, sofern das BetrVG entsprechen-
de Rechte einra¨umt (s. o.) bzw. in allen anderen Fa¨llen der Ar-
beitgeber mit der Teilnahme einverstanden ist. Im U¨ brigen gilt
das in diesem Kontext bereits Ausgefu¨hrte.
3. Vorgesetzte/Kollegen
Ein Recht des Bescha¨ftigten zur Hinzuziehung des Vorgesetzten
oder eines Kollegen zum Personalgespra¨ch besteht grundsa¨tzlich
nicht. Im Einzelfall kann es aus Sicht des Arbeitgebers sinnvoll
sein, z. B. den Vorgesetzten zum Dialog hinzuzubitten, jedoch
nicht als Sanktionsmittel oder Machtdemonstration.
V. Externe Dritte
Wird ein Mitarbeiter durch den Arbeitgeber zum Personal-
gespra¨ch eingeladen, wird von diesem teilweise angestrebt, zum
Termin mit einem unternehmensfremden Dritten zu erscheinen
wie z. B. Gewerkschaftssekreta¨r oder Rechtsanwalt und sich ggf.
von diesem sogar vertreten zu lassen. Seitens des Unternehmens
wird dies vielfach nicht gewu¨nscht sein, da der Arbeitgeber
i. d. R. seine betrieblichen Angelegenheiten mit den handelnden
betrieblichen Personen besprechen und kla¨ren mo¨chte. Wie rea-
giert der Arbeitgeber, wenn der Mitarbeiter zum Personal-
gespra¨ch gemeinsam mit dem selbstbewusst auftretenden Juris-
ten oder Gewerkschaftssekreta¨r seines Vertrauens auftritt und
dieser dem Arbeitgeber mitteilt, dass er durch den Arbeitnehmer
hinzugezogen worden ist und daher am Termin teilnimmt? Es
ist die grundsa¨tzliche Frage zu beantworten, ob ein Recht des
Bescha¨ftigten besteht, einen externen Dritten zum Personal-
gespra¨ch hinzuzuziehen.
Nach § 613 BGB ist die Arbeitsleistung ho¨chstperso¨nlich zu
erbringen, d. h. durch den Arbeitnehmer. Hieraus la¨sst sich ab-
leiten, dass sich der Mitarbeiter im Personalgespra¨ch nicht von
externen Dritten vertreten lassen kann. Das LAG Hamm
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hat
entschieden, dass der Arbeitgeber nicht gegen seinen Willen da-
zu verpflichtet werden kann, die Anwesenheit eines Rechts-
anwalts im Mitarbeitergespra¨ch zu dulden. Nach der hier ver-
tretenen Auffassung ist dieser Grundsatz auf die Hinzuziehung
eines Gewerkschaftssekreta¨rs zu u¨bertragen.
Das LAG zieht in seiner Urteilsbegru¨ndung das Recht zur
Hinzuziehung externer Dritter dann in Betracht, wenn auf Ar-
beitgeberseite ein externer Dritter an der Auflo¨sung des Bescha¨f-
tigungsverha¨ltnisses beteiligt ist, quasi unter dem Gesichtspunkt
der „Waffengleichheit“. Diese Einscha¨tzung hat sich in der wei-
teren Rechtsprechung bislang zu Recht nicht manifestiert.
VI. Zusammenfassung
Die Rechte und Pflichten im Kontext mit Personalgespra¨chen
sind gesetzlich nur in einem eingeschra¨nkten Rahmen geregelt.
Beim Arbeitsverha¨ltnis handelt es sich um eine bilaterale Bezie-
hung und die gesetzlichen Regelungen sehen fu¨r Mitarbeiter-
gespra¨che, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die Beteiligung
Dritter nicht vor. Dies gilt insbesondere fu¨r betriebsfremde
externe Dritte. Wenn der Mitarbeiter gegenu¨ber demArbeitgeber
denWunsch a¨ußert, sich zu einem anberaumten Personalgespra¨ch
von einem (externen) Dritten begleiten zu lassen, sollte der Arbeit-
geber abwa¨gen und eine Einzelfallentscheidung treffen. In be-
stimmten Konstellationen kann es durchaus sinnvoll sein, auch be-
triebsfremde Personen an Personalgespra¨chen teilnehmen zu las-
sen wie z. B. den Ehepartner. Hier kann der Arbeitgeber sogar von
sich aus im Rahmen der Einladung aktiv anregen, dass der Be-
scha¨ftigte sich zumTermin gerne von einer Person seines Vertrau-
ens begleiten lassen kann. Allerdings du¨rfte es sich dabei um Aus-
nahmesituationen handeln, es sollte daraus nicht abgeleitet wer-
den, dass sich die Bescha¨ftigten zu jedem Personalgespra¨ch durch
ein Familienmitglied begleiten lassen
7
.
Basis fu¨r konstruktive Personalgespra¨che ist, dass gewisse
Rahmenbedingungen eingehalten werden. Der Arbeitgeber soll-
te den Bescha¨ftigten schriftlich mit einer gewissen Vorlaufzeit
(3 – 5 Tage) zum Gespra¨ch einladen und vorab auch mitteilen,
um was es genau gehen soll. Genauso wie der Arbeitgeber muss
auch der Mitarbeiter die Gelegenheit haben, sich mit der Situa-
tion auseinander zu setzen und sich inhaltlich vorzubereiten. Im
Vorweg des Termins sollte sich der Arbeitgeber genau u¨berle-
gen, welches das genaue Ziel des Dialogs sein und wie lange die-
ses dauern soll. Es ist zu beru¨cksichtigen, dass fu¨r den Bescha¨f-
tigten ein solcher Termin keine Normalita¨t darstellt, sondern
eine außergewo¨hnliche Situation, die mit Anspannung verbun-
den ist. Wenn der Austausch dann auch noch ohne a¨ußere Sto¨-
rungen (wie z. B. durch Telefon) verla¨uft, ist eine gute Basis fu¨r
beide Seiten geschaffen.
4 Dem Betriebsrat steht kein eigensta¨ndiges Recht auf Einsicht in die Perso-
nalakte eines Mitarbeiters zu:
Lo¨wisch/Kaiser
, Betriebsverfassungsgesetz,
5. Aufl., § 83 Rdn. 4.
5
Fitting
, Betriebsverfassungsgesetz, 23. Aufl., § 82 Rdn. 1.
6 LAG Hamm vom 23. 5. 2001 – 14 Sa 497/01, MDR 2001 S. 1361.
7 Zum Personalgespra¨ch mit Auszubildenden s. a.
Kandaouroff/Rose,
DB 2008
S. 1210.
DER BETRIEB | Nr. 25 | 21. 6. 2013
Arbeitsrecht
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